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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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wichtig für seine weitere Karriere. Blanker Hochmut trieb einen ausgelaugten Billy Birrell in den Ring. Das Tempo vorzugeben stand ganz außer Frage; die einzige Chance, die Billy nun hatte, war die, einen Glückstreffer zu landen … Und als der Geist von Galloway auf ihn zugetänzelt kam, war auch diese Chance zunichte gemacht.
    Aber er war zu stolz, um das Terry oder sonst irgendwem zu erzählen, zu stolz zuzugeben, dass er noch immer wie gelähmt war vom Tod des Freundes. Wie lahm und erbärmlich hätte sich das auch angehört? Ein Boxer, ein Profi musste sich von so was frei machen können. Aber nein. Die Schilddrüse und die Trauer hatten sich verschworen, und Billys Körper ließ ihn im Stich und wollte sich nicht für ihn bewegen. Das war sein letzter Auftritt im Ring. Er bewies ihm, dass er nicht fürs Boxen geschaffen war. Wahrscheinlich war er sich selbst gegenüber zu streng, aber Billy Birrell war ein Perfektionist, ein Mensch, bei dem es alles oder nichts hieß.
    Als der Arzt die Schilddrüsenunterfunktion feststellte und erklärte, es sei ein Wunder, dass Billy es überhaupt geschafft hatte, in den Ring zu steigen, wurde er über Nacht zum Helden. Dennoch konnte das British Board of Boxing Control ihm nicht gestatten zu kämpfen, solange er Thyroxin nahm. Sie wurden zu Buhmännern gemacht. Auf öffentlichen Druck hin und nach einer Kampagne der Evening News gab es einen offiziellen Empfang im Rathaus. Davie Power und weitere Sponsoren begriffen, wie tief die Neigung, ruhmreiche Niederlagen zu adeln, in der schottischen Psyche verwurzelt war. Mit der Business Bar ging es aufwärts.
    Billy sah sich in der großzügig angelegten, weitläufigen Bar und unter seinen überwiegend solventen Gästen um. Während er über seine damalige Lähmung nachdachte, wurde Johnny Catarrh plötzlich aktiv. Johnny hatte einige nach Giftgas riechende Fürze fahren lassen, die in der belebten Bar schon peinlich genug waren. Nun hatte er den Verdacht, dass seine Unterhose was abbekommen hatte, und stürzte hastig Richtung Toilette, um das zu überprüfen.
    Billy hatte bislang noch nicht mit Johnny gesprochen und hatte gerade hallo sagen wollen, als Catarrh schon an ihm vorbeieilte. Beschränkter Idiot, völlig durch den Wind. Was zum Teufel dachte sich Rab dabei, diese Bagage hier anzuschleppen? Besonders Lawson. Billy schaute sich Terry an, sein vom Alkohol aufgedunsenes Gesicht, seine arrogante Koksermiene, und wie der sich an der Bar aufspielte; zahlende Stammgäste sahen sich schon unbehaglich um. Da stand er und schlürfte Billys kostspieligen Champagner. Die Fotze musste verschwinden. Er war … Billys Überlegungen wurden unterbrochen, als er einen Mann durch die Bar stürmen und Kathryn am Arm packen sah. – Was in Dreiteufelsnamen hast du angestellt? verlangte er mit amerikanischem Akzent zu wissen.
    Billy und Terry traten vor wie ein Mann.
    – Franklin … nimm dir einen Schluck Champagner! quiekte Kathryn glücklich. Billy hielt inne. Sie kannte den Kerl.
    – Ich will keinen Champagner … ich war verrückt vor Sorge … du verdammte, egoistische … du … du bist betrunken! Verdammt nochmal, du musst heute Abend singen!
    – Nimm die Flossen von ihr, Fotzengesicht! Keiner singt heut Abend! knurrte Terry.
    – Wer zum Teufel ist das? fragte Franklin mit empörter Geringschätzung.
    – Das ist die Fotze, die dir gleich die Fresse poliert, du Arschgeige! blaffte Terry, während er Franklin aufs Kinn schlug. Der Amerikaner taumelte zurück und fiel hin. Terry sprang vor, um ihn zu stiefeln, doch Billy stand zwischen ihm und seinem Opfer. – Du hast sie wohl nicht mehr alle, Terry! Mach, dass du hier wegkommst!
    – Die Fotze da hat sie nicht alle …
    Kathryn zog Franklin hoch. Er rieb sich das Kinn und stand unsicher auf den Beinen. Dann begann er sich zu übergeben. Ein bierseliges Trüppchen von Rugbytypen johlte aus der Ecke.
    Billy packte Terry am Arm. – Darüber müssen wir reden, Alter … Er führte ihn zum Hinterausgang des Pubs. Sie traten zusammen auf den kleinen, mit Fässern und Bierkisten voll gestellten Hof. Von oben fiel blendendes Sonnenlicht aus einem makellos blauen Himmel. – Du und ich müssen mal ein vernünftiges Wörtchen miteinander reden, Terry …
    – Scheiße, dafür ist es jetzt zu spät, Birrell … Terry schlug nach Billy, der ihm mühelos auswich und ihn mit einem sauberen linken Haken zu Boden schickte.
    Während Terry sich am Boden lang machte, rieb sich Billy die Knöchel.

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