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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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nicht … und so stärkte Juice Terry sein Ego und fand sein Gleichgewicht wieder. Er musste sich mehr ins Zeug legen. Öfter ausgehen. Sich für etwas interessieren. Er jammerte einem Goldenen Zeitalter nach, das nie existiert hatte, und das Leben lief an ihm vorbei.
    Billy hatte ihn mittlerweile satt bekommen. Er hatte genug von dieser Witzfigur, die in einer imaginären Brise schwankte und Kathryn Joyner herumzerrte, als wär die Frau eine Flicken-puppe. – Terry, du hast genug, Kumpel. Ich ruf dir n Taxi.
    – Ich brauch kein Taxi, Birrell, sagte Juice Terry Lawson gereizt, nahm sein Glas Champagner und nippte vornehm daran, – ich nehm bloß noch n Glas Schampus, und dann geh ich.
    Billy sah Terry mit stoischer Miene an. In seinem Blick lag keine Freundschaft, keine gemeinsame Vergangenheit, und dabei überlief Terry ein Frösteln. Er wurde lediglich als ein potenziell lästiger Betrunkener betrachtet. Keine Vergangenheit. Kein Andrew Galloway. Als wär das nie passiert. Als hätte der Junge nie gelebt. Oh, sicher, sie hatten bei der Beerdigung n paar Worte gewechselt, aber da hatten sie beide noch unter Schock gestanden. Danach hatte Billy nie wieder ein beschissenes Wort darüber verloren. Nachdem das passiert war, hatte er sich einfach auf seinen Kampf konzentriert. Tatsache war, dass Terry vor diesem Kampf richtig stolz auf Billy gewesen war. Business war ein Name, den er gerne und häufig benutzte, ohne jede Verarsche und Ironie. Sein Freund würd Weltmeister werden. Billy war ne Kampfmaschine. Aber später, nachdem ihn der Knabe aus Wales besiegt hatte, hatte Terry in seinem verletzten Stolz boshafte Genugtuung verspürt.
    Billy wandte sich ab. Terry war ein Heckenpenner. Er hatte abgebaut. Oh, sicher, er verarschte einen immer noch nach Strich und Faden, aber nun schwang darin Verbitterung mit. Er wünschte, er hätte Terry nicht so abserviert vor all den Jahren, aber der Mann war eine Plage. Viele Leute sagten, dass er nie mit Gallys Tod fertig geworden wär. Aber er, Billy Birrell, war über das, was geschehen war, genauso bestürzt gewesen wie alle anderen. Und trotzdem musste man darüber wegkommen, musste man nach vorne blicken. Gally hätte das auch so gewollt, er liebte das Leben und hätte gewollt, dass die anderen ihr Leben lebten und das Beste daraus machten. Terry tat so, als wäre er der Einzige, den das Geschehene getroffen hatte, als gäb ihm das einen Freibrief, allen gegenüber das Arschloch raushängen zu lassen. Der Verdacht lag nahe, dass er irgendne andere Rechtfertigung gefunden hätte, sich danebenzubenehmen, wenn Gally nicht gewesen wär.
    Natürlich hätte er Terry gern erzählt, dass er, Billy Birrell, als er mit Steve Morgan aus Port Talbot in den Ring stieg, bereit gewesen war, den Jungen auseinander zu nehmen. Irgendwer musste für das zahlen, was mit Gally passiert war.
    Aber als er in den Ring gestiegen war, konnte er sich einfach nicht rühren.
    Man schob es dann auf die Sache mit der Schilddrüse, was zwar auch ein Faktor gewesen war, aber Billy wusste, dass er Morgan auch noch vom Sterbebett aus hätte fertig machen können. In der ersten Runde stießen sie mit den Köpfen zusammen, das Blut aus Morgans Nase. Dann passierte es. Irgendwas an Morgan wirkte so vertraut. Er hatte es vorher nie bemerkt, doch nun sah er es in schmerzhafter Deutlichkeit. Das kurz geschnittene schwarze Haar, die großen braunen Augen, die käsige Haut und diese Hakennase. Die ruckartigen Bewegungen und der beunruhigte, argwöhnische Gesichtsausdruck. Und das Blut, das langsam aus dieser Nase heraustropfte. Schlagartig wurde Billy klar, dass dieser Boxer aus Wales das Ebenbild von Gally war.
    Nein, Billy konnte sich nicht rühren.
    Er konnte keinen Schlag anbringen.
    Billy hatte gewusst, dass was nicht in Ordnung war. Zum ersten Mal gespürt hatte er es direkt vor der Fahrt nach München. Er hatte versucht, es vor Ronnie zu verbergen, der es wiederum vor den Sponsoren zu verbergen suchte. Fitness war alles. Billy sagte sich, dass man, wenn man nicht fit war, nicht das tun konnte, was man in jeder Zweikampf-Sportart – sei es Boxen oder Tennis oder Squash – tun muss, um zu gewinnen, nämlich das Tempo diktieren. In einer Mann-gegen-Mann-Sportart ist es demoralisierend und auf Dauer tödlich, wenn der Gegner das Tempo bestimmt. Deswegen glaubte Billy, dass der Kampfsport für ihn gestorben wäre, wenn er aufhörte, nach vorn zu gehen. Aber da war dieser spezielle Kampf gegen Morgan. Der war so

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