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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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wusste, dass Gally tot war und das nur Luft war, die seinen Lungen entwich.
    Er erinnerte sich daran, wie Carl schrie und Terry sich die Haare raufte. Billy hätte am liebsten beide geschlagen und ihnen befohlen, still zu sein. Das Maul halten, Gally zuliebe. Dem Jungen ein wenig verdammten Respekt zollen. Nach ner Weile traf sich sein Blick mit dem von Terry. Sie nickten einander zu. Terry klatschte Carl eine. Nein, Jungs in Schottland klatschten sich keine. Cockneys klatschten ihrer Alten eine, daher stammt das, eine rechts und eine links. Das war voll in die Fresse, ein Pfund. Terry hielt das Handgelenk gerade, das war kein Klaps wie von nem Mädchen oder ner Schwuchtel. Daran erinnerte sich Billy noch. Damals schien das irrsinnig wichtig zu sein. Heute war es für ihn weder traurig noch abartig, nur noch völlig bizarr. Es waren nicht unsere schlechten Angewohnheiten, die uns wirklich ängstigten; an die haben wir uns nur zu gut gewöhnt, die bereiten nur anderen Sorgen. Es war der sonderbare, unvorhersehbare, brutale Impuls, den man unterdrücken musste, der, den die übrigen niemals sahen und hoffentlich auch nie sehen würden.
    Aber bei Gally hatten sie ihn gesehen.
    Manchmal konnte Billy überhaupt nicht begreifen, wie er das alles für sich behielt. Er wusste, dass man landläufig eher das Handeln und weniger die Worte und Gedanken als Ausdruck der Persönlichkeit betrachtet. Lang bevor er mit dem Boxen angefangen hatte, hatte er gelernt, dass Furcht und Zweifel Emotionen waren, die man besser nicht durchblicken ließ. Wenn sie unterdrückt wurden, schmerzten sie umso schlimmer, aber er konnte das aushalten. Er hatte keine Zeit für die Selbstquälerei der Bekenntnisgesellschaft; wenn solche Empfindungen drohten, knackte er sie mit den Zähnen, als wären sie eine Pille, und schluckte die dadurch frei gesetzte Energie. Besser so, als irgendeiner Fotze die Macht zu geben, deinen Kopf auseinander zu nehmen. Normalerweise klappte es, aber ein Mal hatte es nicht funktioniert.
    Damals, als Gallys Geist zu ihm in den Ring schwebte.
    Und erst vor kurzem war das alles mit Macht zurückgekommen. Billy musste über Fabienne und seine Partnerschaft mit Gillfillan und Powers nachdenken und machte einen Spaziergang auf dem Friedhof, auf dem Gally lag. Er näherte sich dem Grab und sah daneben einen Kerl, der vor sich hinmurmelte. Als er näher kam, hörte es sich an, als würd der Typ mit Gally reden. Verlegen ging Billy weiter und verscheuchte den Gedanken. Der Knabe war wahrscheinlich nur einer aus dem Pennerheim, der irgendwelchen Quatsch vor sich hin laberte. Er sah allerdings nicht wie einer aus; er hatte nen Schlips um, und es schien, als trüge er ne Uniform unter seinem Mantel.
    Etwas daran verwirrte Billy. Er war sich fast sicher, dass der Mann »Andrew« gesagt hatte. Aller Wahrscheinlichkeit nach bloß das Phantombild seines alten Schmerzes, aber es drehte und wand sich in ihm wie das Unkraut und die Kletterpflanzen auf dem Friedhof.
ISLANDS IN THE STREAM
    Obwohl er einen dumpfen Schmerz in seinem Unterkiefer spürte, strotzte Juice Terry vor Siegesgefühl, als er sich mit einem von Kathryns Koffern auf der Princes Street abmühte. Er würde sie ins Gauntlet mitnehmen, und alle würden sehen, dass er, Juice Terry, immer noch DER BRINGER war, wenn es um, naja, egal um was ging. Birrell anzugreifen, gestand er sich ein, war jedoch ein Fehler gewesen. Das war ein guter, sauberer Schlag gewesen, dachte Terry voll widerwilliger Bewunderung. Es heißt, dass seine Gerade das Letzte ist, was ein Boxer verlernt. Birrells Reflexe hatten ihn allerdings auch beeindruckt. Aber ich war ja auch blau, dachte Terry, und man konnte meinen Schlag wahrscheinlich vom andern Ende der Princes Street kommen sehen.
    Jetzt war Terry Teil eines ausgelaugten Convoys, der Kathryns Gepäck schleppte. Auch Johnny und Rab trugen jeder einen Koffer, Lisa und Charlene trugen leichtere Taschen. Kathryn trug nichts. – Ich sollte euch helfen … protestierte sie halbherzig.
    – Vielleicht sollten wir ein Taxi nehmen … Terry schwirrte der Kopf. Sie waren alle da drin, Lucy, Vivian, Jason, seine Mutter, alle rangelten um ihre Position.
    Die andern waren aussichtslose Fälle, aber Jason auf keinen Fall. Wieso hatte er keine Beziehung zu Jason? Er hatte der kleinen Fotze jeden Gefallen getan. Leck mich, der Zoo, ich hätt ihn überreden sollen, zum Fußball zu gehn, dachte er. Allerdings verfickt nochmal zu teuer dieser Tage, abgesehen davon

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