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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Stich schmerzhafter Bitterkeit, die sich sofort in Melancholie verwandelte. – Ich bin damals ja mit dir zu Leith Victoria gegangen, Billy … ich hätt durchhal ten sollen. Weißte noch, Billy … weißte … Terrys Stimme wurde leise und verzweifelt und versagte ihm beinah, als er an Andy Galloway dachte, leblos auf dem Asphalt, an N- SIGN Ewart drüben in Australien oder wo immer der steckte, an seine Mutter, Lucy, seinen Sohn Jason, ein Fremder, an Vivian … dann presste er sich enger an Kathryn.
    Jason. Er hatte den Namen ausgesucht. Und das war’s gewesen. Er hatte Lucy versprochen, nie so zu werden wie das alte Schwein, wie der Dreckskerl, der ihn und Yvonne verlassen hatte, dass er n guter Vater sein würde. Es war ihm so zur Besessenheit geworden, sich von diesem Wichser zu unterscheiden, dass er nicht bemerkte, dass alles, womit er sich befasste, kosmetische Korrekturen waren und sie sich am Ende wie ein Ei dem anderen gleichen würden.
    Terry erinnerte sich, wie er versucht hatte, an Jasons Leben teilzuhaben. Er hatte ihn bei Lucy abgeholt und war mit ihm zu einem Spiel im Easter-Road-Stadion gegangen. Der Junge langweilte sich, und man musste ihm jedes Wort aus der Nase ziehen. Einmal, in einem überschwenglichen Moment, hatte er versucht, Jason zu umarmen. Das Kind reagierte so verkrampft und peinlich berührt wie jetzt Birrell. Sein eigener Sohn hatte Terry das Gefühl gegeben, er käm aus dem Kinderfickerblock in Saughton.
    Am nächsten Sonntag hatte er überlegt, dass er mit Jason in den Zoo gehen könnte. Er hatte akzeptiert, dass das Kind vielleicht Gesellschaft in seinem eigenen Alter brauchte. Er hatte gehört, dass Gallys Mutter die kleine Jacqueline an manchen Wochenenden bei sich hatte, und die war nicht viel jünger als Jason.
    Er klingelte bei Mrs. Galloway. – Was willst du? fragte sie ihn mit gespenstischer Kälte, ihre großen Augen – Augen genau wie die von ihrem Sohn – weiteten sich und sogen einen förmlich auf.
    Terry konnte ihren Blick nicht ertragen, er traf ihn tief ins Mark. Unter diesem Blick kam er sich wie ein gestellter Ausbrecher aus einem Konzentrationslager vor, der vom Licht der Suchscheinwerfer geblendet wird. Er hustete nervös. – Äh … ich hab gehört, dass Sie manchmal am Wochenende die Kleine da haben … äh, ich dachte bloß, wo ich doch mit dem Kleinen am Sonntag in den Zoo geh … wenn Sie also mal ne Pause haben möchten, könnt ich die kleine Jacqueline mitnehmen und so …
    – Du machst ja wohl Witze, sagte sie eisig, – ich soll meine Enkelin mit dir weglassen? Sie musste gar nicht erst hinzufügen, »nach dem, was mit meinem Sohn passiert ist«; das stand ihr ins Gesicht geschrieben.
    Terry wollte etwas erwidern und fühlte, wie ihm die Worte im Hals stecken blieben, als ihn die Gefühle zu überwältigen drohten. Er zwang sich, Susan Galloway offen anzusehen, trotz seiner Gekränktheit verstand er ihren Schmerz. Wenn er doch nur die Kränkung überwinden und dem Blick standhalten könnte, dann würde sie es sich vielleicht anders überlegen, und sie könnten vernünftig miteinander reden, den Schmerz teilen. So wie es Billy Scheiß-Birrell gemacht hätte. Einmal hatte er Billy mit seinem dicken Schlitten beobachtet, als Mrs. Galloway ausstieg und Billy ihr mit den Einkäufen half. Klar, Birrells praktische kleine Hilfe wurde natürlich gern akzeptiert, die war jederzeit willkommen. Aber Birrell war ja auch eine »berühmte Sportgröße« und jetzt auch noch ein erfolgreicher Geschäftsmann. Selbst Ewart, dieses Drogenwrack, war ein Top- DJ und Gerüchten zufolge Millionär. Nee, man brauchte nen Sündenbock, und in diesen Zeiten bot sich ein Typ, der in der Siedlung hängen geblieben war, am ehesten für die Rolle an. Da dämmerte ihm, dass dieses Los ihm bestimmt war. Dabei hatte er Gally doch genauso geliebt wie die anderen. Terry wandte sich von der Mutter seines toten Freunds ab und wankte, obwohl nüchtern, davon, ganz so, wie sie es von dem unverbesserlichen, erbärmlichen Säufer erwartete, für den sie ihn hielt.
    Jetzt war er noch unsicherer auf den Beinen. Er klammerte sich noch fester an Kathryn und sah zu Lisa, die ihm ein strahlendes Lächeln schenkte. Sie war ein Klassemädchen, ne hübsche, sexy Braut, die Cocktails und Ficken liebte. Könnte nicht mehr nach seinem Geschmack sein, echt ein wahr gewordener Traum. Im Lauf der Jahre hatte er seine Ansprüche runtergeschraubt, aber jetzt war er mit Lisa zusammen. Mehr brauchte er doch

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