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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Er hatte sich verletzt. Dieses fette Arschgesicht!
    Rab, Charlene, Kathryn, Lisa und Post Alec folgten ihnen nach draußen. Alec taumelte betrunken auf Billy zu. – Alles im Lack, Champ? Er nahm Kampfhaltung ein und machte ein bisschen Sparring, zielte mit kurz angesetzten Schlägen auf einen stoisch ruhigen Billy. Dann wurde er von einer heftigen Hustenattacke gepackt und lehnte sich Auswurf hochröchelnd an die Wand. Unterdessen kümmerten sich Kathryn und die anderen um Terry. Franklin kam dazu und schrie Kathryn an. – Wenn du jetzt nicht sofort mit ins Hotel kommst, bist du erledigt!
    Kathryn drehte sich um und kreischte ihn an wie eine Furie.
    – Sag du mir nicht, ich wär erledigt! Du hast mir gar nichts zu sagen, Arschloch! Betrachte deinen fetten, verschwitzten Scheißarsch als gefeuert!
    – Aye, da hörstes, und jetzt verpiss dich! fuhr ihn Lisa an und zeigte mit dem Daumen zur Tür.
    Franklin rührte sich nicht und starrte sie eine Weile nur an. Diese verrückte Nutte war von ein paar schottischen Pennern einer Gehirnwäsche unterzogen worden … das mussten Mitglieder irgendeiner bekloppten Sekte sein. Er hatte geahnt, dass das irgendwann so kommen würde. Er betrachtete den Aufnäher auf Rabs Trikot. Was zum Henker war das für eine Scheiße, irgendeine keltische Scientologen-Hirnwäschen-Scheiße? Die würden ihn kennenlernen!
    – Zieh ab, sagte Billy Birrell frostig. Franklin drehte sich auf dem Absatz um und stürmte davon.
    – Nimm’s nich persönlich, Rab, sagte Billy und sah erst ihn, dann Kathryn an, – aber vielleicht solltet ihr besser Feierabend machen und euch n bisschen Schlaf gönnen.
    Sie guckten erst sich und dann Billy an. Rab nickte, und sie lasen Terry auf. Lisa rief Billy, der sie unverwandt ansah, irgendwas zu. Er sah zu, wie sie davonwankten, sein Bruder und einer seiner ältesten Freunde, und schüttelte langsam den Kopf. Billy sann über den Unterschied zwischen Leuten wie ihnen und sich selbst nach. Sie sahen den Wagen, die Anzüge und das hübsche Mädchen in deinem Arm. Sie sahen niemals die Schufterei, stellten sich nie dem Risiko, spürten nie Existenzangst. Manchmal beneidete er sie darum, einfach mal loslassen und sich so zumörteln zu können. Es war schon lange her, dass er sich diesen Luxus gestattet hatte. Aber er bereute nicht, was er tat. Man musste sich Respekt verschaffen, und die einzige Art, wie einem das in Großbritannien gelingen konnte, wenn man nicht mit nem silbernen Löffel im Mund geboren wurde oder den richtigen Akzent hatte, war, Geld zu machen. Früher hatte man sich auch auf andere Weise den Respekt seiner Mitmenschen erwerben können, so wie sein alter Herr oder Duncan Ewart, Carls Dad. Aber heute nicht mehr. Du siehst die Verachtung, mit der solche Leute heute behandelt werden, sogar von ihren eigenen Leuten. Sie sagen, alles hätte sich geändert, aber von wegen. Nicht wirklich. Alles, was passiert war, war … ach, scheiß drauf.
    Was wär aus Gally geworden, wenn er noch am Leben wär?
    Gallys Augen verfolgten Billy häufig. Meistens sah er sie, wenn er alleine schlief, wenn Fabienne wieder in Frankreich war, eine Auszeit in ihrer Rein-und-Raus-Beziehung, und er noch nicht dazu gekommen war, sie durch eine einheimische Version zu ersetzen. Die großen Augen vom kleinen Andy Galloway; nie die lebhaften, unsteten, sondern die leeren und vom Tod geschwärzten Augen. Und seinen Mund, geöffnet zu einem lautlosen Schrei, aus dem das Blut lief und Flecken auf seinen großen, weißen Zähnen hinterließ. Noch mehr war aus seinem Ohr geflossen, vorbei an dem goldenen Ohrstecker in seinem Ohrläppchen. Der metallische Geruch davon an Billys Händen und Kleidung, als er den leblosen Kopf anhob. Und sein Gewicht. Gally, der im Leben so klein und zierlich war, wirkte im Tod so schwer.
    Billys eigener Mund schien sich mit dem metallischen Geschmack des Bluts gefüllt zu haben, so als hätte er an einem alten Two-Pence-Stück geleckt. Später hatte er versucht, ihn wegzubürsten, aber er kam immer wieder. Und jetzt nach all diesen Jahren schien er wieder da zu sein, hier in seiner Bar. Verlust und Trauma hinterließen ihren eigenen Phantom-Nachgeschmack; sein Magen drehte sich um und verkrampfte sich, als hätte er etwas verschluckt, das hart wie ein Marmorblock war.
    Und dann die Art, wie das Blut aus Gallys Mund sprudelte, als würde er für eine Sekunde wieder atmen, einen letzten Atemzug tun. Aber Billy gestattete sich diese Illusion nicht, er

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