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Klebstoff

Klebstoff

Titel: Klebstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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und Kind wegnahm. Aber er konnte nicht, er konnte nur an Vivian denken, wie er es drauf angelegt hatte, dass Lucy ihn verließ und die Verantwortung für das Kind übernahm, damit er den Verletzten, Verlassenen und Beiseitegeschobenen spielen konnte. Und sie hatten ihm direkt in die Hände gespielt. Nun war er befreit von den Mahnungen, den Mietschulden, dem kalten Schweigen, das zu wüsten Streitereien aufloderte, dem Gejammer, ihrem Wunsch nach einem Haus in den Vororten und einem Garten für den Kleinen, damit er nicht wie Terry auf den Straßen der Siedlung spielen musste. Oh, wie er die Befreiung von all den hässlichen Lügen genoss. Ja, als sich die Tür schloss, sann er über seinen Verlust nach und gönnte sich ein bisschen Gejammer, dann packte er seine eigenen Sachen und zog zu deren äußerstem Entsetzen direkt wieder bei seiner Mutter ein.
    Johnnys Gequengel riss ihn aus seinen Gedanken. Ja, der beschissene Spargeltarzan schleppte sich echt einen ab. – Ich versteh nicht, wieso du nicht einfach n anderes Zimmer im Balmoral nehmen konntest, sagte er klagend zu Kathryn.
    – Ich will auf keinen Fall irgendwo in der Nähe von dem Arschloch Franklin sein, sagte Kathryn sauer. Es hatte ewig gedauert, ein Zimmer in nem Hotel in der Innenstadt zu finden, selbst für Kathryn Joyner. Nun zogen sie die Princes Street runter zum Haymarket und in eine kleinere, aber komfortable Unterkunft.
    Als sie Kathryn eincheckten, sagte Terry nachdenklich: – Du hättest problemlos bei mir wohnen können, ohne jeden Hintergedanken.
    – Terry, du bist ein Kerl. Da sind immer Hintergedanken.
    Die Amibraut war nich so doof, wie sie aussah. – Ich sag ja bloß, meinte Terry, – es ist echt nah beim Gauntlet. Für das Karaoke, weißte?
    – Ich muss nach Ingliston und dieses Konzert geben, erklärte ihm Kathryn.
    – Aber du hast den Knaben doch gefeuert … blökte Terry.
    – Ich muss das einfach tun, erwiderte sie knapp.
    Rab Birrell begann nen Koffer die Treppe hochzuwuchten, während der Portier Kathryn den Schlüssel gab. – Jetzt sieh’s endlich ein, Terry, das ist Kathryns Sache, sagte er.
    – Aye, mit ner Taxe schaffen wir’s nach dem Konzert noch zur letzten Runde ins Gauntlet, sagte Johnny und fragte sich, warum er Terry alles nachplapperte, wo er doch total im Arsch war und sich nur noch hinhauen wollte.
    Nachdem sie gewartet hatten, dass Kathryn sich umzog, kletterten sie alle in die Stretch-Limo, die Rab telefonisch vom Balmoral hierhin umgeleitet hatte, und fuhren nach Ingliston. Johnny streckte sich auf einer Sitzbank aus und ratzte weg. Er hatte sich drauf gefreut, in so ner Karre zu fahren, nun zog dieses Erlebnis genauso unbemerkt an ihm vorbei wie die geschäftige Stadt draußen vor den Fenstern des Wagens.
    Charlene hatte sich an Rab gekuschelt und ließ es sich gut gehen. Lisa und Terry bedienten sich aus der Bar. Lisa roch sich schon, ihr Top war schmutzig und ihre Poren waren wahrscheinlich verstopft, aber das war ihr egal. Terry quasselte in Kathryns Ohr, und sie merkte, dass die amerikanische Sängerin dankbar war, als sie sich einschaltete. – Lass Kathryn in Ruhe, Terry, sie muss sich vorbereiten. Halt einfach den Rand.
    Terry machte den Mund auf, um Einwand zu erheben.
    – Ich sagte, Klappe zu, sagte sie eindringlich.
    Terry lachte und drückte ihre Hand. Er mochte dieses Mädchen. Manchmal war es ganz lustig, von nem Mädchen rumkommandiert zu werden. Für etwa fünf Minuten.
    Die Mietshäuser der Innenstadt wichen großzügigen Villen, die dann von faden Vororten und Autobahnauffahrten abgelöst wurden. Dann heulte ein Flugzeug über sie hinweg, und sie bogen in den Parkplatz der Ingliston Showgrounds ein. Sie hatten Mühe, Johnny wachzubekommen, und Kathryns Security war nicht besonders begeistert, als sie ihr Gefolge sahen, dafür aber so erleichtert, sie zu sehen, dass sie ohne zu fragen jedem Mitglied der Gesellschaft einen Backstage-Pass ausstellten.
    Backstage stürzten sie sich auf das Gratisessen und die freien Getränke, während sich Kathryn in der Toilette einschloss, auskotzte und hochputschte.
    Kathryn Joyner betrat auf wackligen Beinen die Bühne in Ingliston. Es war der längste Weg zum Mikrophon, den sie je zurückgelegt hatte; na ja, vielleicht nicht ganz so schlimm wie damals, als sie in Kopenhagen auf die Bühne stolperte, nachdem sie auf dem Umweg übers Krankenhaus, wo sie ihr rasch die Pillen aus dem Magen gepumpt hatten, aus diesem Hotelzimmer gekommen war. Aber hier

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