Klebstoff
der Schule hätte ne nette Ausstrahlung. Kennen gelernt hatten wir uns im Plattenladen, im Golden Oldies am Haymarket. Sie fragte den Verkäufer, ob er dieses alte Stück von Steve Harley and Cockney Rebel da hätte, Come Up and See Me, Make Me Smile .
– Nee, sorry, sagte er. Ich weiß auch nicht wieso, aber ich ging hin und sagte: – Das ist die beste Platte aller Zeiten.
Sie guckte mich erst mal an, als würde sie mir gleich sagen, ich soll mich verpissen. Dann sagte sie: – Aye, mein Bruder hatte die, aber er ist ausgezogen und hat sie mitgenommen. Er will sie mir nicht geben, sagte sie und zog ihre Augenbrauen hoch, die so hübsch, flaumig und blond sind.
– Geh zu Sweet Inspiration in Tollcross, sag ich ihr, – die haben sie mit Sicherheit da, garantiert. Ich mein, ich hätt sie da letzte Woche gesehen, log ich. – Ich bring dich hin, wenn du willst, sagte ich.
– Okay, sagte sie und lächelte mich an, und in meiner Brust machte es leise PING . Als sie lächelte, verzog sich ihr Mund zu einem perfekten Halbmond und veränderte ihr Gesicht total.
Manchmal sah sie echt toll aus. Das Problem war nur, dass sie ziemlich fett war, naja, nicht fett, aber füllig, und sie hatte irgendwie so blondes, leicht rötliches Haar. Wir gingen die Straße lang, ich total zurückhaltend, falls uns einer sähe, der denken könnte, wir gingen miteinander. In dem Moment Juice Terry übern Weg zu laufen, wär das Schlimmste auf der Welt gewesen. Es lag nicht daran, dass sie mir nicht gefiel, es war bloß, weil sie nicht total schlank war, mit dicken Titten, wie die Mädchen in den Wichs-heften, auf die ich eigentlich stand.
Den ganzen Weg lang redeten wir nur über Platten, Platten und Platten, und sie kannte sich wirklich aus. Es war toll, mit einem Mädchen über Musik zu reden, das sich echt auskannte. An meiner Schule waren keine, naja, da gibt’s bestimmt welche, aber ich hab sie noch nicht kennen gelernt. Ich mein, die kennen das, was in den Charts ist, aber wenn man mit ihnen über LP s reden will, gucken sie einen nur dumm an. Ich freute mich tierisch, als wir auch in Tollcross keine Steve Harley bekamen und noch zur Southside und bis runter ans obere Ende vom Leith Walk mussten, bevor wir die Platte endlich fanden. Ihren Namen, Sabrina, fand ich echt schön, aber mir gefiel nicht, dass sie sagte, sie würde Sab genannt. Sabrina gefiel mir viel besser. Klänge exotischer und geheimnisvoller, sagte ich zu ihr, und weniger nach Auto. Bis dahin wusste ich schon, dass ich mit Sabrina nicht nur über Musik reden wollte, ich wollte, dass aus uns was wird. Das war echt die beste Chance, die ich je hatte, denn mit ihr konnte ich über was reden, womit ich mich auskannte, ohne dass ich sie wie die anderen damit anödete. Und weil ich das konnte, fühlte ich mich so superlocker in ihrer Gegenwart.
Anschließend holten wir uns im Wimpy ne Cola und Fritten. Ich merkte an der Art, wie sie nach dem Burger von so nem Jungen schielte, dass sie gerne auch einen gehabt hätte, aber nicht wollte, dass ich sie für verfressen hielt.
Das nächste Mal traf ich sie am Samstag im Clouds, an dem Abend, als es Gally erwischt hat. Sie war mit ein paar Freundinnen da. Wir tanzten ein bisschen, aber meistens saßen wir nur unten rum und redeten über Platten. Ich war ziemlich verkrampft, weil meine ganzen Freunde da waren, hab mich aber gefreut, als sie sagte, sie müsste nach Haus, und wir machten uns früh auf den Weg zu Fuß durch die Stadt. Ich glaub, nur Renton und dieser Matty aus Leith haben uns zusammen gesehen, als wir gerade gingen. Als wir draußen waren, haben wir rumgeknutscht und so und über Platten geredet. Ich hab sie bis nach Dalry begleitet und bin dann direkt nach Haus, die Gorgie Road raus zur Siedlung.
Darum hab ich alles verpasst, die ganze Aufregung. Andy Galloway, der kleine Gally, mein Freund, in Untersuchungshaft in der Jugendstrafanstalt; also keine Freilassung gegen Kaution, Sozialstunden, psychiatrische Gutachten und der Prozess. Das sind die beiden Sachen, die mich fertig machen, mich deprimieren, wie meine Ma es nennt; dass ich nichts für Gally tun kann und nichts tun kann, um zu Sex zu kommen.
Ich weiß einfach: Wenn ich nicht in den nächsten Wochen, nein, Tagen meine erste Nummer schiebe, werde ich als Jungfrau sterben und bin verdammt, für den Rest meines Lebens zu Haus bei meiner Ma und meinem Vater zu wohnen. Es ging um alles oder nichts. Ich war bereit. Ich war mehr als bereit. Ich dachte an
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