Klebstoff
der hatte Schneid.
Bobby Archer aus Coventry. Mein letzter Kampf. Er hatte Schneid, aber ich hab ihn in drei Runden gestoppt. Is ja schön, wenn man Schneid hat, kann aber auch nicht schaden, wenn du ein bisschen boxen kannst und dein Kinn nich aus Edinburgher Kristall is.
Sobald mein rechter Haken angekommen war, hatte ich mich schon rumgedreht und wieder in meine Ecke verzogen. Business erledigt.
– Fest gebucht, wiederhol ich. – Wir sind doch nur zwei Wochen weg.
Ronnie nimmt ne enge Kurve, während der Wagen übers Kopfsteinpflaster zum Boxclub holpert. Der Boxclub ist in nem alten viktorianischen Kasten, der von außen aussieht wie n Scheißhaus. Drinnen kann’s einem wie ne Folterkammer vorkommen, wenn Ronnie einen in der Mache hat.
Er hält an, macht aber keine Anstalten auszusteigen. Als ich raus will, packt er mich am Handgelenk. – Wir müssen unsere Kondition halten, Billy, und ich seh nich, wie wir das schaffen sollen, wenn du für zwei Wochen mit diesem Haufen von Nichtstuern, mit denen du rumhängst, auf nem Massenbesäufnis in Deutschland bist.
Das geht mir langsam auf den Keks. – Ich schaff das schon, sag ich ihm zum so und so vielten Mal. – Ich werd das Lauftraining beibehalten und mich drüben in nem Sportstudio anmelden, erklär ich ihm. Den Scheiß ham wir schon die ganze letzte Woche durchgekaut.
– Was is mit deinem Mädchen? Was sagt die denn dazu?
Eins muss man Ronnie lassen: Für nen Burschen, der praktisch nie redet, hat er’s echt raus, zu weit zu gehn. Was Anthea dazu sagt? Das Gleiche wie Ronnie. Ziemlich wenig. – Das is meine Sache. Eins sag ich dir aber, du klingst schon selber wie n kleines Mädchen. Jetzt gib mal Ruhe.
Ronnie runzelt die Stirn, dann stiert er melancholisch nach vorn durch die Windschutzscheibe. Ich red nich gern so mit ihm, davon hat keiner von uns was. Man trifft im Leben seine eigenen Entscheidungen. Leute können einem Ratschläge geben, aye, gut und schön. Aber sie sollten klug genug sein, um zu wissen, dass die Sache erledigt ist, wenn du erst mal einen Entschluss gefasst hast.
Also halt einfach die Klappe.
– Wenn ich dich zwei Jahre früher in die Finger bekommen hätte, wärst du jetzt Europa-Champion und hättest schon Titelkämpfe mit den ganz Großen gehabt, sagt Ronnie.
– Aye, sag ich ziemlich frostig und schneid ihm das Wort ab. Den Mist hör ich mir nich nochmal an. Für mich bedeutet das, meinen alten Herrn und meine alte Dame nich zu respektieren. Mein Vater hatte mir ne Lehrstelle besorgt gehabt, und das hatte ihm viel bedeutet. Meine Ma wollte nich, dass ich boxe; Punkt, aus. Und Profiwerden und für Geld boxen, das war echt zu viel für sie.
Ronnie hatte mich trotzdem weiter gedrängt, Profi zu werden, wir müssen unseren Träumen folgen, hatte er gesagt. Dieses WI R wieder. Was Ronnie niemals kapieren wird, is, dass es nicht er, sondern mein Vater war, der mich dazu gebracht hat, Profi zu werden. Als er mich an diesem Samstagabend, am achten Juni 1985, mit nach London ins Queens-Park-Rangers-Stadion genommen hat. Barry McGuigan gegen Eusebio Pedroza.
Wir sind mit meinen Onkel Andy zusammen hingegangen, der da in der Gegend wohnt, in Staines. Ich erinnere mich noch an den Verkehr auf der Uxbridge Road, wie unser Bus, die Linie 207, da langkroch, und wir Angst hatten, den Kampf zu verpassen. Als wir ankamen, waren da sechsundzwanzigtausend Iren, die alle reinwollten. Pedroza war derjenige, den ich sehen wollte, denn er war der Beste. Neunzehnmal erfolgreich den Titel verteidigt. Ich hielt ihn für unbesiegbar. Ich mochte McGuigan und fand ihn sympathisch, aber niemals würd er The Man besiegen.
McGuigan hatte sogar ne weiße Fahne, weil er mit diesem Trikoloren-und Rote-Hand-von-Ulster-Scheiß nichts am Hut hatte. Aber auf mich wirkte das wie ne Kapitulation, noch bevor er den ersten Schlag angebracht hatte. Dann trat so n alter Knacker in den Ring, McGuigans Vater, wie wir später erfuhren, und stimmte Danny Boy an. Der ganze Saal begann mitzusingen, alle Katholiken und Protestanten aus Belfast zusammen, und als ich meinen Vater anguckte, sah ich ihn zum ersten und einzigen Mal mit Tränen in den Augen. Mein Onkel Andy auch und so. Was für n geiler Moment das war. Dann ging der Gong, und ich glaubte, Pedroza würde allen direkt in die Suppe spucken. Aber dann passierte was Unglaubliches. McGuigan stürzte sich auf ihn und deckte ihn mit Schlägen ein. Ich dachte, er würd sich von selbst verausgaben, aber in der
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