Kleider machen Leute
erhoben würden und mit
welchem Erfolge.
Solche Einsprachen konnten bei der Volljährigkeit Nett-
chens einzig noch erhoben werden wegen der zweifelhaften
Person des falschen Grafen Wenzel Strapinski.
Allein der Rechtsanwalt, der seine und Nettchens Sache
nun führte, ermittelte, daß den fremden jungen Mann we-
der in seiner Heimat noch auf seinen bisherigen Fahrten auch
nur der Schatten eines bösen Leumunds getroffen habe und
von überallher nur gute und wohlwollende Zeugnisse für ihn
einliefen.
Was die Ereignisse in Goldach betraf, so wies der Advo-
kat nach, daß Wenzel sich eigentlich gar nie selbst für einen
Grafen ausgegeben, sondern daß ihm dieser Rang von andern
gewaltsam verliehen worden; daß er schriftlich auf allen vor-
handenen Belegstücken mit seinem wirklichen Namen Wenzel
Strapinski ohne jede Zutat sich unterzeichnet hatte und somit
kein anderes Vergehen vorlag, als daß er eine törichte Gast-
freundschaft genossen hatte, die ihm nicht gewährt worden
wäre, wenn er nicht in jenem Wagen angekommen wäre und
jener Kutscher nicht jenen schlechten Spaß gemacht hätte.
So endigte denn der Krieg mit einer Hochzeit, an welcher
die Seldwyler mit ihren sogenannten Katzenköpfen gewaltig
schossen zum Verdrusse der Goldacher, welche den Geschütz-
donner ganz gut hören konnten, da der Westwind wehte. Der
Amtsrat gab Nettchen ihr ganzes Gut heraus, und sie sagte,
Wenzel müsse nun ein großer Marchand-Tailleur und Tuch-
herr werden in Seldwyla; denn da hieß der Tuchhändler noch
Tuchherr, der Eisenhändler Eisenherr usw.
Das geschah denn auch, aber in ganz anderer Weise, als die
Seldwyler geträumt hatten. Er war bescheiden, sparsam und
fleißig in seinem Geschäfte, welchem er einen großen Umfang
zu geben verstand. Er machte ihnen ihre veilchenfarbigen oder
weiß und blau gewürfelten Sammetwesten, ihre Ballfräcke
mit goldenen Knöpfen, ihre rot ausgeschlagenen Mäntel, und
alles waren sie ihm schuldig, aber nie zu lange Zeit. Denn um
neue, noch schönere Sachen zu erhalten, welche er kommen
oder anfertigen ließ, mußten sie ihm das Frühere bezahlen, so
daß sie untereinander klagten, er presse ihnen das Blut unter
den Nägeln hervor.
Dabei wurde er rund und stattlich und sah beinah gar
nicht mehr träumerisch aus; er wurde von Jahr zu Jahr ge-
schäftserfahrener und gewandter und wußte in Verbindung
mit seinem bald versöhnten Schwiegervater, dem Amtsrat,
so gute Spekulationen zu machen, daß sich sein Vermögen
verdoppelte und er nach zehn oder zwölf Jahren mit ebenso
vielen Kindern, die inzwischen Nettchen, die Strapinska, ge-
boren hatte, und mit letzterer nach Goldach übersiedelte und
daselbst ein angesehener Mann ward.
Aber in Seldwyla ließ er nicht einen Stüber zurück, sei es
aus Undank oder aus Rache.
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