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Kleine Abschiede

Kleine Abschiede

Titel: Kleine Abschiede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tyler
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Zimmer!«
sagte Delia.
    Mr. Pomfret griff sein
Computerhandbuch und blätterte. »Verdammtes Ding, wer hat bloß so etwas
geschrieben?« fragte er. »Bestimmt kein menschliches Wesen. Also, Miss
Grinstead, warum machen Sie nicht früher Schluß und bringen die Katze dorthin,
wo Sie es für richtig halten. Ich schließe für Sie ab, wie wär’ das?«
    Delia seufzte und ging an den
Vorratsschrank.
    Das ›Haustierhimmel‹: vielleicht
konnte das helfen. Sie leerte einen Karton, in dem braune Umschläge lagen, und
trug ihn ins andere Zimmer. Sie kniete sich vor den Heizkörper und streckte
eine Hand am Boden aus. »Tsk-tsk!« lockte sie. Sie wartete. Ein wenig später
spürte sie an ihrem Mittelfinger einen kühlen Tupfer. Tsk-tsk-tsak! Die Katze
blinzelte sie an, nur die Schurrhaare und die herzförmige Nase kamen zum
Vorschein. Sachte legte Delia ihre Hand um den zerbrechlichen Körper und zog
ihn hervor.
    Es war ein ganz junges Tier, sah
sie — ein magerer kleiner Kater mit großen Pfoten und spindeldürren Beinen.
Sein Fell war überraschend weich. Als sie ihn streichelte, schrak er zusammen,
doch er wußte wohl, daß es kein Entrinnen gab. Sie nahm ihn hoch und setzte ihn
in den Karton, den sie oben zuklappte. Er miaute einmal jämmerlich, dann war er
still.
    Es regnete noch immer, und sie
hatte keine Hand frei, um ihren Schirm aufzuspannen, also eilte sie schutzlos
die Straße entlang. Der Karton schaukelte in ihren Armen, als wäre darin eine
Bowlingkugel. Für so einen kleinen Kater war er ganz schön schwer.
    Sie bog um die Ecke und
rauschte durch die Tür in den ›Haustierhimmel‹. Eine grauhaarige Frau stand
hinter der Theke und hakte eine Liste ab. »Sie wissen nicht zufällig, ob Bay
Borough ein Tierheim hat?« fragte Delia.
    Die Frau sah einen Augenblick
hoch, richtete langsam ihre blauen Augen auf sie. Dann sagte sie: »Nein, das
nächste ist in Ashford.«
    »Oder sonst eine Stelle, die
herrenlose Tiere aufnimmt?«
    »Wie bitte?«
    »Vielleicht möchten Sie eine
Katze?«
    »Großer Gott! Wenn ich noch
eine nach Hause schleppe, bringt mein Mann mich um.«
    Also gab Delia auf, wenigstens
im Augenblick, kaufte eine Packung Katzenfutter und einen Beutel Katzenstreu,
von jedem die kleinste Menge, eine Tagesration. Dann schleppte sie die Katze
nach Hause.
    Belle war vor ihr da,
telefonierte in der Küche. Delia hörte sie lachen. Sie ging auf Zehenspitzen
die Treppe hinauf, schloß ihr Zimmer auf, setzte den Karton zu Boden und schloß
die Tür hinter sich. Der Spiegel zeigte ihr eine Verrückte. Nasse Haarsträhnen
klebten ihr in der Stirn. Die Jacke war auf den Schultern durchgeweicht, und
die Handtasche hatte Regenflecke.
    Sie bückte sich über den Karton
und faltete den Deckel auseinander. Innen saß der Kater zusammengerollt und sah
sie erschrocken an. Delia ging zurück, hockte sich auf die Bettkante, schaute
demonstrativ in eine andere Richtung. Schließlich sprang die Katze aus dem
Karton. Sie beschnupperte die Fußleisten. Delia blieb, wo sie war. Die Katze
kroch unter die Kommode und tauchte mit staubigem Schnurrbart wieder auf. Sie
ging scheinbar unabsichtlich und ohne hinzusehen aufs Bett zu. Delia drehte
sich um. Wenig später fühlte sie, wie die Matratze eine Spur nachgab, als die
Katze auf dem Bett landete. Sie strich an ihr vorbei, rieb ihren Körper leicht
und wie zufällig ihren Rücken entlang. Delia zuckte nicht mit der Wimper. Es
war, als führten sie gemeinsam einen Tanz auf, galant, kunstvoll und würdevoll.
    Aber sie konnte sie unmöglich
behalten.
    Dann klapperte Belle die Treppe
herauf. Sonst kam Belle nie nach oben. Ausgerechnet heute. Delia warf einen
Blick auf die Katze, komm, mach dich unsichtbar! Doch sie erstarrte nur und
starrte mit großen Augen die Tür an. Poch-poch. Sie stand mitten auf dem
Kopfkissen, und ihr Schwanz ragte kerzengerade in die Höhe. Sie war absolut
nicht zu übersehen.
    Delia griff ihr unter die
daunenweichen Achseln. Sie hörte das Katzenherz hämmern. »Einen Augenblick«,
rief sie. Sie nahm den Karton.
    Doch Belle hatte sie überhört,
denn sie stürzte herein, flötete: »Delia, hier ist ein...« Dann sagte sie: »Na
so was!«
    Delia richtete sich auf. »Ich
suche eine Bleibe für sie«, sagte sie.
    »Och. Wie niedlich!«
    »Keine Angst, sie bleibt
nicht.«
    »Oh, wieso nicht? Hm, das
heißt... sie ist doch stubenrein, oder?«
    »Alle Katzen sind stubenrein«,
sagte Delia. »Du meine Güte!«
    »Na, also! Unser kleines
Tigertätzchen. So ein

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