Kleine Einblicke
in seinem Kopf herum, er wurde sie einfach nicht mehr los. Aber wieso hätte Tom so etwas tun sollen? Wieso hätte er ihn und Eve und Dominic in dem Glauben lassen sollen, dass er tot war? Was für einen Grund hätte Tom haben sollen, so etwas zu tun?
Er verstand es nicht und David wollte es auch nicht verstehen. Es musste eine andere Erklärung geben, nur welche? Wenn der Mann Toms Sohn war, was wollte er dann? Und wieso hatte Tom es ihm nie gesagt? Hatte er tatsächlich nichts davon gewusst? David war klar, dass er sich komplett im Kreis drehte, weil dieser unbekannte Mann der Einzige war, der seine Fragen beantworten konnte, aber er kam trotzdem nicht zur Ruhe. Es ging nicht.
„Wenn er es wirklich ist, Trey, wird er zurückkommen und es dir erklären.“
David trank einen Schluck Kakao, um nicht antworten zu müssen, obwohl er wusste, dass Adrian ihn durchschauen würde. Es war nicht nur die Frage, ob dieser Mann wirklich Tom war. Es war mehr, sehr viel mehr. Verrat, Enttäuschung, Vertrauensbruch. Es stand so viel mehr im Raum, als er in Worte fassen konnte. David fühlte sich von Tom betrogen, obwohl er nicht einmal wusste, ob er das Recht hatte sich so zu fühlen. Das tat weh. Verdammt weh sogar. Und Adrian sah es ihm an. Schon die ganze Zeit, aber bisher hatte er nichts dazu gesagt. Nicht ein einziges Wort.
„Du musst allerdings entscheiden, ob du Toms Erklärung überhaupt hören willst.“
David schnaubte und verfluchte sich sofort dafür, weil er Adrian genauso gut hätte anschreien können, so sehr verriet diese kleine Geste seinen Gemütszustand. Er fühlte sich nicht nur betrogen und belogen, David war wütend. Stinksauer, um ehrlich zu sein. Heute Nachmittag war er von der Möglichkeit, dass Tom noch am Leben war, einfach nur entsetzt gewesen. Aber im Laufe des Abends hatte sich dieses Entsetzen in Wut umgewandelt. Wenn dieser Mann wirklich Tom war, würde er für die letzten zehn Jahre büßen. Mit einer Faust im Gesicht, wenn nicht mehr.
„Wirst du ihn reden lassen und dann schlagen, oder andersherum?“
David stellte die Tasse mit einem Knall auf den Tisch. „Hör' auf damit!“
„Nein“, hielt Adrian ruhig dagegen, worauf David kopfschüttelnd aufstand. „Lauf jetzt nicht weg. Du weißt, dass ich Recht habe. Und ich weiß, dass du kurz davor bist, an deiner Wut zu ersticken.“
Das war zuviel. David fuhr abrupt herum und ballte die Hände zu Fäusten. „Wie kann er es wagen? Was bildet er sich ein, nach zehn Jahren einfach hier aufzutauchen? Zehn verfluchte Jahre!“
Adrian stellte seine eigene Tasse ebenfalls auf den Tisch, bevor er sich erhob und vor ihn trat. „Es gibt unzählige Möglichkeiten, Trey. Wenn er wirklich Tom ist, wird er es dir erklären können. Es wird einen Grund dafür geben, warum er gehen musste. Zeugenschutz zum Beispiel. Und wenn dieser Mann Toms Sohn, verschollener Bruder oder sonst wer ist, wird er dir auch das erklären können. Was auch immer der Grund für das Ganze ist, er wäre nicht gekommen, wenn er nicht mit dir reden wollte, also werden wir einfach warten, bis er wieder auftaucht.“
Adrian hatte Recht. Nick hatte Recht. Shannon hatte Recht. David wusste das, aber es half ihm nicht. Kein Stück. Ganz im Gegenteil, denn was, wenn Tom nie wieder auftauchte? Wenn er gar nicht reden wollte? Wenn er nur hergekommen war, um einen Blick zu werfen und dann wieder zu verschwinden, womöglich für immer. Was, wenn er das schon seit Jahren tat?
„Und wenn nicht?“, traute sich David endlich das auszusprechen, wovor er sich am meisten fürchtete. „Wenn er einfach verschwindet, und ich nie erfahre, wer er ist?“ David wandte sich ab, als Adrian die Hand nach ihm ausstreckte. „Ich kann ihn nicht noch einmal auf diese Weise verlieren, Adrian. Ich muss wissen, wer er ist.“
„Ich weiß“, murmelte Adrian und umarmte ihn von hinten. „Und ich werde ihn finden, wenn er nicht von allein zurückkommt. Ganz egal, was ich dafür tun muss, ich werde Tom finden.“
- Teil 2 -
Tage vergingen, wurden zu einer Woche, dann zu zwei, doch nichts passierte. Sie feierten Nicks Geburtstag, bei dem es David für ein paar Stunden sogar gelang, nicht nachzudenken, sondern einfach nur Spaß zu haben. Doch die nagende Frage, wer dieser Mann gewesen war und ob er wiederkam, konnte er nicht abschütteln. Sie war da. Rund um die Uhr. Mal mehr, mal weniger präsent in seinem Kopf.
David fing an, unbewusst Ausschau zu halten, wenn er allein, mit Isabell oder mit Adrian
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