Kleine Einblicke
im Sessel sitzt, den Blick auf das Feuer im Kamin gerichtet, das ich auf Davids Bitte hin nach dem Essen angezündet habe, seufzt leise. „Es war eine Verwechslung. Neuer Mitarbeiter im Knast, das hat Delongis ausgenutzt. Einige Details sind noch nicht klar, aber scheinbar hat Delongis mit einem Typen, der wegen Raubüberfall saß, die Erkennungsarmbänder getauscht. Für Geld. Der Typ sollte auf Bewährung entlassen werden und statt ihm wurde Delongis entlassen, weil der Wärter sein Gesicht noch nicht zuordnen konnte. Als sie es merkten, war es zu spät.“
Ich nicke einfach, zu müde, um wütend oder sonst etwas zu sein, aber das wird sich ändern, sobald ich ein paar Tage Ruhe hatte. Dafür werden einige Köpfe rollen. So eine Schlamperei darf nicht passieren. Ich weiß, sie passiert öfters, als mir lieb sein kann, aber deswegen werde ich es nicht gutheißen oder es damit abtun, dass Fehler eben passieren können. Wenigstens ist Delongis tot und bald begraben. Dem Dreckskerl weine ich keine Träne nach.
Mein Blick fällt auf Davids mir zugewandte Gesichtsseite. Es ist immer wieder furchtbar, dieser Anblick. Seine ganze Wange ist rot und geschwollen, die aufgeplatzte Lippe genäht und mit Pflaster verklebt, genau wie die Platzwunde an der Stirn. Ich hätte härter zuschlagen sollen, ist mein einziger Gedanke. Die Frage, wie wir das Isabell erklären sollen, der nächste. Es ist gut, dass sie so jung ist, und ich hoffe, sie wird diesen Tag schnell vergessen. Delongis wollte nichts von ihr, Gott sei Dank. Aber auch wenn er Isabell hat gehen lassen, sie ist fünf Jahre alt und damit groß genug, um eine Erklärung zu verlangen.
Aber noch haben wir eine Schonfrist und auch wenn ich froh bin, dass Nick das Haus auf Vordermann gebracht hat, bin ich noch viel erleichterter darüber, dass wir im Augenblick nur zu dritt sind. Unsere Familie ist groß und hält zusammen, aber ich brauche noch Zeit, um meine Nerven soweit auf den Boden der Realität zu holen, dass ich nicht mehr bei jedem Schließen meiner Augen Delongis vor mir sehe, wie er mit diesem irren Blick mit dem Messer ausholt, um David zu töten.
„Und der Scharfschütze?“, frage ich weiter, denn ich will genau wissen, was draußen abgelaufen ist, während ich im Haus war.
„Auf dem Dach nebenan. So hatte er einen perfekten Blick in eure Küche und musste nur auf ein freies Schussfeld warten.“ Nick sieht mich kurz an, scheint etwas sagen zu wollen, tut es aber nicht.
„Danke“, flüstere ich daraufhin und deute auf seinen fragenden Blick hin durchs Wohnzimmer. Das ersetzte Bücherregal, die bunten Couchkissen, die farblich überhaupt nicht zu unserer Couch passen und trotzdem einfach perfekt sind, aber vor allem die gereinigte Küche mit dem neuen Fenster. Einfach alles. „Für alles.“
„Du bist ein Scheißkerl.“
Nick ist so schnell auf den Beinen und rennt aus dem Wohnzimmer, dass ich keine Zeit habe, zu reagieren. Verdammter Mist. Ich hatte mich schon darüber gewundert, dass er die letzten Stunden so ruhig geblieben ist, aber offenbar hat er sich für David zurückgehalten. Ich muss ihm nach und das klären, aber ich will David nicht allein hier unten lassen. Er braucht mich.
„Geh zu ihm“, murmelt David plötzlich, während ich Nick besorgt nachsehe. Ich schaue auf ihn hinunter.
„Haben wir dich geweckt? Entschuldige.“
David lächelt vorsichtig, weil seine Lippe nicht mehr zulässt. „Nein, habt ihr nicht. Geh ihm nach, Adrian.“
Ich weiß, was er mir sagen will. Nick geht es nicht gut. Ganz im Gegenteil und ich ahne, nein, ich weiß genau, was der Grund dafür ist. Die Verbindung vom Handy, damit sie draußen hören können, was im Haus vor sich geht. Sie ist der Nagel zu meinem Sarg, oder eher zu Nicks Faust in meinem Gesicht. Denn darauf wird es vermutlich hinauslaufen und Nick hat auch das Recht, wütend auf mich zu sein. Es war gefährlich, was ich heute getan habe, und deshalb nicke ich schließlich und halte David fest, während ich mich behutsam unter ihm hervor winde, um aufstehen zu können.
„Ich helfe dir noch ins Bett.“
David schüttelt den Kopf. „Ich bleibe hier unten am Kamin. Wenn ihr da oben herumschreit, kann ich eh nicht schlafen.“
Als ich das Gesicht verziehe, lacht er leise, was seinem Gesicht nun wiederum gar nicht gefällt, so wie er dann aufstöhnt. Trotzdem winkt er mich weg. Verdammter Sturkopf. Aber ich bin so froh, dass es David gutgeht, dass mich sogar anschreien lassen werde.
Nick zu
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