Kleine Einblicke
Nick und Tristan geredet. Tris kommt mit den Kindern übers Wochenende zu uns. Eure Maus ist damit auch gemeint. Nick bleibt hier. Er meinte, euer Haus sieht schlimm aus?“
Ich seufze und nicke dabei. „Das kann alles ersetzt werden.“
„Du machst dir Sorgen wie David darauf reagiert, dass Delongis in eurem Haus war?“, fragt er weiter und trifft natürlich voll ins Schwarze. Hatte ich erwähnt, dass ich es hasse, von diesem Mann so durchschaut zu werden? Ich nicke nur. Was sollte ich sonst tun? Er weiß ohnehin Bescheid. „Da der Mistkerl tot ist, glaube ich, David wird es verkraften. Aber eine Alarmanlage wäre für die erste Zeit keine schlechte Idee.“
Ein guter Vorschlag. So kann David sich sicher fühlen und sollte es wirklich nicht gehen, werden wir eben umziehen. „Gute Idee.“
Irgendwie schaffen wir es aus dem Krankenhaus nach Hause. Zurück in das Haus, das noch vor Stunden wie meine persönliche Hölle war. Wir haben uns von William verabschiedet, auf dem Rückweg etwas vom Chinesen besorgt, das vermutlich keiner essen wird, aber Tristans Vater bestand darauf. Nick sitzt am Steuer. Wir fahren mit seinem Wagen, keine Ahnung wo meiner ist. Und als beim Aussteigen Davids Magen knurrt, was uns ungewollt alle zum Lachen bringt, denke ich, dass Will vielleicht doch Recht hatte, was das Essen angeht.
Aber alles zu seiner Zeit, ist mein nächster Gedanke, denn David zögert merklich, als Nick die Tür aufschließt. Wenigstens sind die ganzen Absperrbänder der Polizei bereits weg. „Wie spät ist es?“, frage ich, um David von dem abzulenken, was uns im Haus erwartet, aber vor allem, um diese erdrückende Stille zu brechen, denn wir haben auf der Rückfahrt nicht ein Wort miteinander gesprochen.
Nick sieht auf die Uhr. „Kurz nach Zehn.“
David tritt nach einem tiefen Einatmen durch die Tür und bleibt abrupt stehen. Was ist los? Bevor ich nachfragen kann, bemerke ich es auch. Irgendjemand hat aufgeräumt. Seine Bilder hängen in neuen Rahmen an den Wänden, an der Kommode ist kein einziger Kratzer zu sehen und Isabells Fahrrad ist ebenfalls unversehrt. Mein Blick schweift zu Nick, der David beobachtet. Ich sehe zu ihm, als David gerade eines der Bilder von der Wand nimmt. Seine Zeichnungen sind jetzt anders, aber doch ähnlich.
„Kilian?“, fragt David leise und sieht zu Nick, der lächelt und nickt, worauf David über den Bilderrahmen streicht. „Wie habt ihr das so schnell hingekriegt?“, will er wissen, aber das Lob gebührt mir nicht.
„Ich weiß von nichts“, antworte ich mit einem Schmunzeln, worauf David lächelt und wieder zu Nick schaut.
„Danke.“
Nick zuckt die Schultern, als wäre es ihm unangenehm. „Ich habe ein paar Freunde angerufen, das ist alles. Ich wollte nicht, dass ihr nach Hause kommt und hier Chaos herrscht.“
Statt Chaos herrscht nun Ordnung, denn wer immer in den letzten Stunden hier im Haus war, hat ganze Arbeit geleistet. Nichts, aber auch wirklich nichts, erinnert daran, dass Delongis uns unser Haus nehmen wollte. Unsere Sicherheit. Es ist alles wieder genau da, wo es vorher war. Die einzige Neuerung sind die quietschbunten Kissen auf der Couch im Wohnzimmer, die David zu einem Lachen verleiten, weil sie ihn an Shannons Socken erinnern. Und so wie Nick grinst, hat er sie genau deswegen besorgt. Oder besorgen lassen. Ich werde ihn bei Gelegenheit mal danach fragen, aber nicht mehr heute.
David geht duschen und als er wieder runterkommt, haben Nick und ich unser Essen im Wohnzimmer ausgepackt. Auch wenn die Fliesen in der Küche glänzen und blitzen, ich will in diesem Raum fürs Erste nicht mehr sitzen. Und Davids erleichterter Blick ist eindeutig zu lesen, weshalb ich insgeheim beschließe, morgen einen Architekten anzurufen. Wir brauchen eine neue Küche und ich habe den perfekten Mann dafür im Auge. Lukas und Emmeline waren sowieso schon viel zu lange nicht mehr hier, und David wird sich freuen sie zu sehen.
„Erzähl's mir“, bitte ich Nick einige Zeit später, als David mit dem Kopf in meinem Schoß liegt und leise atmet.
Er ist eingeschlafen und ich streiche ab und zu über sein Haar, damit er auch im Schlaf weiß, dass ich da bin. Ich sollte ihn nach oben ins Bett tragen, aber ich bin so erleichtert darüber, dass er überhaupt schläft, dass ich die Nacht auf der Couch verbringen und ihm beim Schlafen zusehen werde. Alles ist besser, als David durch Zufall zu wecken, denn er braucht den Schlaf. Dringend sogar.
Nick, der mir gegenüber
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