Kleine Einblicke
hinter mir lasse, um David zu sagen, dass Adrian lebt.
Sie stehen immer noch an derselben Stelle im Flur, wo ich sie vorhin zurückgelassen habe, und ich ernte mehr als einen überraschten Blick, als ich David an den Schultern packe und von dem Besucherstuhl hochzerre, auf dem er zusammengesunken sitzt. Er ist bleich, seine Augen vom Weinen gerötet und vermutlich hält er mich für verrückt, als ich anfange zu grinsen, aber ich kann nicht anders.
„Er ist es nicht.“
David blinzelt. Es dauert eine Weile, bis er begreift, was ich gesagt habe, aber dann trifft ihn die Erkenntnis wie der sprichwörtliche Schlag. Er greift nach meinen Armen und sein Griff ist so fest, dass es mir wehtut. Ich sage nichts, sondern warte ab, bis David seine Stimme wiedergefunden hat.
„Was?“
Er will eine Erklärung und die kann ich ihm geben. „Es war eine Verwechslung. Adrian ist nicht tot. Er lebt, David. Dein Mann ist nicht tot.“
„Er ist nicht...“
Weiter kommt er nicht, denn ich schüttle den Kopf und grinse dabei vermutlich wie ein Idiot. „Nein.“
„Oh Gott“, keucht David und ich muss ihn festhalten, als ihm plötzlich die Beine versagen. Er klammert sich an mich. „Oh Gott... Oh Gott...“
Dann bricht er in Tränen aus und er ist damit nicht der Einzige, denn auch die Anderen haben begriffen, was los ist. Tristan kommt zu uns, umarmt David von hinten und lächelt und weint zugleich, so wie Cameron und Dominic, die sich genauso umarmen wie Colin und Mikael.
Aus dem Augenwinkel sehe ich Schwester Becky mit einem Arzt und den beiden Polizisten von vorhin auf uns zukommen. Gleich wird wieder das Chaos ausbrechen, das ist mir klar und ich verstehe es, aber ich weiß ebenfalls, dass David jetzt zu Adrian muss, sonst dreht er durch. Deswegen sorge ich dafür, dass David zu seinem Mann kommt. Alles andere muss jetzt einfach noch ein paar Minuten warten.
„Ich kann es immer noch nicht glauben“, murmelt Tristan und schüttelt dabei ungläubig den Kopf. „Mist, ich bin sogar froh, dass es Craig war und nicht Adrian.“
Er schämt sich für diesen Gedanken und mir geht es nicht anders, aber es ist nun mal die Wahrheit. Ich bin froh, dass es nicht Adrian ist, der tot in der Leichenhalle liegt, auch wenn es mir für Tracy unglaublich leidtut. Ich habe es ihr vor einer Stunde gesagt, nachdem endgültig geklärt war, dass eine Verwechslung vorlag und Adrian am Leben ist. Die Polizei und die Ärzte haben einen riesigen Aufstand veranstaltet und sich unzählige Male bei David entschuldigt, dem das völlig egal war. Ihn interessierte nur Adrian und das Zimmer, in dem er liegt.
Dort sind wir jetzt und mein Blick schweift zu David, der an Adrians Bett eingeschlafen ist. Tristan hat vorhin überall herum telefoniert und die Nachricht an den Rest unserer Familie weitergeleitet, die bereits auf dem Weg zu uns ist. Derweil habe ich Cameron, Dominic, Colin und Mikael zu Adrians und Davids Haus geschickt, damit sie sich ausruhen.
Laut den Ärzten wird es noch einige Stunden dauern, bis Adrian aufwacht und das Zimmer ist zu klein, als dass wir uns alle hineinquetschen könnten, um über ihn zu wachen. Diesen Job haben Tristan und ich übernommen, wobei es uns vorrangig um David geht. Adrian ist stabil und schläft, David hingegen ist ein nervliches Wrack, das wir bald in ein Bett verfrachten müssen, sonst kippt er um und Adrian würde es mir verdammt übelnehmen, wenn ich nicht auf David aufpasse.
„Wir sollten ihn hier rausschaffen“, sage ich zu Tristan, als David im Schlaf das Gesicht verzieht. „Er muss sich ausruhen. Isa ist bei Mum und Dad gut aufgehoben, aber es hilft Adrian nicht, wenn er aufwacht und... Was ist?“, frage ich irritiert, weil Tristan mich plötzlich anlächelt.
„Ist dir eigentlich schon mal aufgefallen, dass du immer Mum und Dad sagst, wenn du nicht darüber nachdenkst?“, will er wissen und grinst, als ich die Stirn runzle. „Jedes Mal, wenn wir zu ihnen fahren, nennst du sie Will und Rachel. Wenn du einfach spontan drauflos redest, sagst du Mum und Dad.“
Er hat Recht, wird mir klar, als ich darüber nachdenke. Will und Rachel sind Eltern für mich, das ist mir schon länger klar, aber ich habe sie nie bewusst so genannt. Ich kann mich zumindest im Moment nicht daran erinnern, es getan zu haben.
Tristan schmunzelt, stößt sich vom Fensterbrett ab und küsst mich, bevor er zu David geht. „Hey, du Schlafmütze, aufstehen.“
„Hm?“, macht David und hebt fragend den Kopf, um ihn
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