Kleine Einblicke
derzeit macht, musste früher oder später Folgen für ihn haben, das muss ihm doch klar sein.
„Was hast du erwartet? Dass ich dabei zusehe, wie du eure Ehre ruinierst?“
Adrian setzt einen drohenden Gesichtsausdruck auf. „Meine Ehe geht dich nicht das Geringste an, Kendall.“
Aha, er will also stänkern. Sorry, Adrian, nicht mit mir. Ich nicke. „Normalerweise hast du Recht, aber in dem Fall nicht. Nicht mehr. Wir sind so lange Freunde, Adrian. Ich liebe dich und...“
„Wenn du mich lieben würdest, dann würdest du...“
„Alles tun, um dir zu helfen, weil du es andersherum auch tun würdest!“, unterbreche ich ihn erbost. Das ist ja wohl die Höhe, mir auf diese Tour zu kommen. „Versuch' nicht, mich mit meinen Gefühlen für dich zu erpressen, Adrian. Das ist unterste Schublade und das weißt du ganz genau. Meinetwegen kannst du schweigen, schmollen oder herumschreien, wenn es dir hilft. Das ist mir völlig egal, ehrlich gesagt. Aber solange ich nicht weiß, was gerade in deinem bescheuerten Dickschädel vor sich geht, bleiben David und Isabell außerhalb deiner Reichweite.“
Nach meiner wütenden Ansprache sieht Adrian mich eine Weile an und überlegt dabei, ob ich es ernst meine oder nicht. Soll er ruhig. Wenn er versucht, an uns vorbei zu David und Isabell zu kommen, wird er schon merken, wie ernst es mir ist. Schließlich nickt er und steht auf. Ich bin mir nicht sicher, ob ich froh oder entsetzt darüber sein soll, als er zum Bücherregal geht und aus der rechten Ecke, wo diese uralten Bücher aus Europa stehen, die er so gerne liest, eine Flasche Whiskey hervorzieht.
„Erzähl' das nicht Trey“, murmelt er und da wird mir klar, was das soll. Ein sogenannter Notnagel. Tristan hatte während seiner Zeit als Trinker davon auch jede Menge, allerdings ist Adrian kein Alkoholiker. Zumindest nicht, dass ich wüsste. Aber wieso versteckt er die Flasche dann im Bücherregal?
„Adrian?“
„Es ist nicht das, was du denkst. Ich mag einen guten Whiskey, das weißt du, aber ich will nicht, dass das Zeug offen bei uns herumsteht, jetzt wo Isabell da ist.“
Ich glaube Adrian, finde es aber trotzdem bedenklich, dass er sich, statt der üblichen zwei Finger breit, gleich ein halbes Glas einschenkt. Ein Saftglas, um genau zu sein, daraus hat David vorhin Cola getrunken.
„Adrian?“
Er wirft mir einen bösen Blick zu. „Du willst doch, dass ich mit dir rede, oder? Nüchtern mache ich es nicht.“
Oh man. Ich bin eindeutig nicht gut in so etwas, auch wenn ich wirklich die besten Absichten habe. „Anschreien wäre mir lieber.“
„Ich will dich aber nicht anschreien“, murrt er, worauf ich mit den Schultern zucke.
„Wäre nicht das erste Mal.“
Adrian stellt die Flasche viel lauter als nötig auf dem Couchtisch ab. „Willst du jetzt mit mir streiten, weil ich dich nicht anschreien will? Sonst hast du keine Hobbys, oder was?“
Wow. Das ist deutlich. Seine Nerven liegen völlig blank und deshalb entscheide ich, ihn einfach machen zu lassen. Wenn er sich betrinken will, werde ich ihn später eben ausnüchtern. David kann mit Isabell ruhig länger bei uns bleiben, denn zu Adrian lasse ich sie erst zurück, wenn er wieder alle Tassen im Schrank hat.
„Ich muss also mit dir reden, damit ich meine Familie wiederkriege?“, will Adrian eine Stunde später wissen, als ich kurz davor bin, ihn zu erwürgen, weil wir die letzten sechzig Minuten über die Arbeit diskutiert haben und er der Meinung ist, mein letztes Plädoyer vor Gericht wäre scheiße gewesen.
Wortwörtlich. Dabei habe ich den Fall gewonnen. So ein verdammter Mistkerl. Ich weiß, dass Adrian mich mit Absicht provoziert, weil ich ihn zwinge, sich hier mit mir auseinanderzusetzen. Meine Mandanten würden auf diese Weise bei mir nichts erreichen, aber Adrian kennt mich zu gut und weiß, wie er mich treffen kann. Vielleicht war das mit dem Alkohol doch keine so gute Idee.
„Vielleicht“, gebe ich wage zur Antwort, denn das ist Davids Entscheidung und nicht meine.
„Was soll das heißen, vielleicht?“, fragt Adrian empört und hickst anschließend. „Du hast doch gesagt, dass ich dir sagen soll, was los ist, damit Trey und Isa wieder zu mir zurückkommen? Lügst du etwa? Das ist echt fies von dir und...“
„Das muss David entscheiden, sobald du dich bei ihm für dein mieses Verhalten der letzten Wochen entschuldigt hast“, unterbreche ich ihn mitten im Satz und er braucht eine Weile, um den Sinn meiner Worte zu
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