Kleine Einblicke
es kein Weltuntergang. Du bist zwar noch zu jung für ein Baby, besser gesagt, das seid ihr beide, finde ich, aber wir schaukeln das Kind schon. Im wahrsten Sinne des Wortes.“
„Du schreist Isabell nicht an?“, fragte Julien misstrauisch, was Kilian den Kopf schütteln ließ und das reichte für Isabells Freund als Antwort, denn er seufzte erleichtert und setzte sich wieder zu Isabell an den Tisch.
„Keine Sorge“, sagte Kilian, in der Hoffnung, die zwei ein wenig zu beruhigen. „Vor mir musst du Isa nicht schützen.“
„Aber vor Paps.“
Was das betraf, war Isabells Sorge leider nicht unbegründet. „Er hat keine Ahnung, oder?“, wollte Kilian wissen, obwohl er sich die Antwort denken konnte.
„Bist du verrückt? Paps dreht durch.“ Isabell stutzte. „Das macht er zwar jetzt schon, aber wenn er das erfährt, dann... Wieso kann er nicht wie Dad sein?“
Kilian seufzte wiederholt. Paps war Adrian und David war Dad. So hatte Isabell als kleines Mädchen angefangen ihre beiden Väter zu nennen, um sie zu unterscheiden und daran hatte sich bis heute nichts geändert. Nicht geändert hatte sich leider auch Adrians Kontrollsucht und wenn der erfuhr, dass seine kleine Isabell und Julien heiraten wollten und dass sie Eltern wurden... Kilian wollte sich die Reaktion nicht ausmalen. Er liebte Adrian genauso wie Colin und Mikael oder Devin und Samuel, einfach alle, die zu ihrer großen Familie gehörten, aber er fand auch, dass der Anwalt es gelegentlich etwas übertrieb. Kilian wusste zwar, woher dieser Beschützerinstinkt kam, aber das änderte leider auch nichts daran, dass Isabell schon seit Monaten darunter leiden musste.
„Ihr wollt das Baby behalten?“
„Ja!“, antworteten Isabell und Julien synchron und eindringlich, was Kilian mit einem Lächeln kommentierte, bevor er sich umdrehte, um den Wasserkocher abzuschalten. Die Heiße Schokolade würde noch warten müssen, denn ihm knurrte der Magen und außerdem mussten sie sich schnellstens überlegen, wie sie das Adrian beibrachten, ohne dass der dabei einen Herzinfarkt bekam.
„Okay, wir bestellen uns jetzt etwas zu essen und dann werden wir einen Schlachtplan entwerfen, wie wir das Adrian erzählen.“
„Im Ernst?“ Isabell sah ihn hoffend an und jauchzte begeistert, als er nickte, um danach aufzuspringen und Kilian um den Hals zu fallen. „Ich hab' dich lieb.“
„Ich dich auch, Kleine. Ich dich auch“, flüsterte Kilian ihr ins Ohr und drückte sie liebevoll an sich. „Ich überlasse es euch, das Essen zu bestellen. Flyer sind in der Schublade...“ Kilian deutete auf die Schublade vom Küchenschrank direkt neben der Spüle. „Und ich rufe jetzt gleich mal deinen Vater an.“
„Aber Onkel Kilian...“
Kilian schüttelte den Kopf und Isabell verstummte wieder. „Kein 'aber'. Adrian und David werden sich Sorgen machen, also sage ich ihnen, dass du hier bist.“ Isabell seufzte. „Ja, dann kommt er her und es gibt Ärger, ich weiß. Aber wenn ich ihn jetzt anrufe, gibt uns das etwa zwei Stunden Zeit, um nebenbei die Familie anzurufen, damit wir in der Überzahl sind, wenn er ankommt.“
Isabell sah ihn zuerst verblüfft an, dann lachte sie leise. „Du bist unmöglich.“
„Was hast du denn erwartet?“, fragte Kilian amüsiert. „Dass ich deinem Vater ohne Rückendeckung gegenübertrete? Ich bin doch nicht verrückt.“
Isabell boxte ihm lachend gegen die Brust und wandte sich ab, um zur Schublade zu gehen. „Wie wäre es mit chinesisch? Oder lieber indisch?“
„Ist mir egal. Sucht aus, was ihr mögt“, antwortete Kilian und ließ die Turteltauben allein, um in Ruhe zu telefonieren.
Es war wirklich an der Zeit, dass Adrian verbal eine aufs Dach bekam. Wieso er das allerdings tun musste, war ihm ein Rätsel. Was tat man nicht alles für im Herzen adoptierte kleine Schwestern die heiraten wollten und Mutter wurden. Kilian zuckte zusammen. Mutter werden. Heiraten. Ein Ehegelübde geben und der Tausch von Ringen. Ach du liebe Zeit. Allein diese Worte klangen schon schlimm. Noch schlimmer war allerdings, dass in den vergangenen fünfzehn Jahren ständig jemand in seiner näheren Umgebung genau das getan hatte. Heiraten. Furchtbar. Da waren Kilian seine kleinen Affären lieber. Die blieben unkompliziert und es verlangte niemand von ihm, genug Platz in seinem Kleiderschrank zu schaffen oder aufzuräumen, wenn er es nicht wollte.
Kilian verzog sich nach oben in sein Atelier und musste erst mal eine Weile herum kramen, bis er
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