Kleine Einblicke
sein Handy schließlich unter einem Stapel alter Kunstzeitschriften fand, die er schon vorletzte Woche hatte wegwerfen wollen. Colin hatte ihn vor Jahren mal als Chaot bezeichnet und wenn er sich hier umsah, musste Kilian ihm Recht geben. Nicht, dass es irgendetwas geändert hätte. Warum sollte er seine Zeit mit so langweiligen Dingen wie aufräumen verschwenden, wenn er in der Zeit genauso gut malen konnte? Kilian lachte und suchte Adrians Nummer raus, der schon nach dem ersten Klingeln ans Telefon ging.
„Das ist gerade etwas unpassend, Kilian.“
„Jetzt tu bloß nicht so, als hättet ihr Sex“, stichelte er. „Ich könnte ein Trauma davontragen. Außerdem wollte ich dir nur sagen, dass Isa bei mir ist.“ Schweigen war die einzige Antwort, die er bekam und sie machte Kilian umgehend misstrauisch. Was auch daran lag, das bei Adrian im Hintergrund plötzlich ein Auto hupte. „Sag' mal, wo bist du gerade?“
„Ähm... Unterwegs?“
Kilian nahm sein Handy vom Ohr und sah es überrascht an. Das war eine Lüge gewesen. Adrian Quinlan log ihn an? Das konnte nur eines bedeuten. „Du bist schon auf dem Weg, oder?“
„Na ja...“
Kilian stöhnte, als er begriff, was los war. „Adrian! Du hast deine eigene Tochter überwachen lassen?“
„Was hätte ich sonst machen sollen? Sie redet ja nicht mehr mit mir.“
„Aus gutem Grund“, hörte Kilian im Hintergrund David schimpfen und nickte gedankenverloren.
„Aber sie ist doch mein kleines Mädchen und dieser Typ ist nicht gut für sie.“
„Woher willst du das wissen? Du kennst ihn nicht mal und...“
„Schluss jetzt!“, fuhr Kilian den Beiden rabiat über den Mund, bevor sie sich ernsthaft in die Haare kriegen konnten. „David hat Recht, du Superanwalt, aber das klärt ihr nicht während der Fahrt, kapiert? Isa und Julien sind hier, wir essen jetzt und dann...“
„Der Junge ist auch da?“, fragte Adrian verblüfft und Kilian sah hämisch grinsend aus dem Fenster. Wenn das mal nicht der perfekte Aufhänger war, um Adrian eins reinzuwürgen.
„Ja, das ist er. Julien wollte nicht, dass Isabell mit dem Bus fährt, also hat er sie persönlich mit seinem Auto hergebracht. Ein wirklich netter Typ, das muss ich schon sagen. Er wird garantiert ein verdammt guter Anwalt.“ Kilian hörte David leise lachen, was ihm klarmachte, dass der genau wusste, worauf er gerade anspielte. „Ich schätze, das ist auch der Grund dafür, warum mein erklärter Lieblingsonkel ihn am liebsten in die Wüste schicken würde.“
„Jetzt bin ich also wieder dein Lieblingsonkel?“, fragte Adrian auch prompt und Kilians Grinsen wurde breiter.
„Es ist immer genau der mein Lieblingsonkel, bei dem es gerade praktisch für mich ist. Das hast du mir doch beigebracht.“
„Was ein Fehler war, ganz sicher“, grollte Adrian.
Kilian lachte und lehnte sich auf den Fensterrahmen. „Ich liebe dich auch, Onkel Adrian, ganz ehrlich, aber Isa ist fast erwachsen und verdammt gut im Einschätzen von Menschen. Vom wem hat sie das wohl? Und wenn sie sich für einen Harvard-Studenten entscheidet, der später mal Anwalt werden will, was ihr Paps zufällig auch ist, solltest du dich eigentlich für sie freuen, statt sie aus dem Haus zu treiben.“
„Aber...“
„Sie ist fünfzehn“, unterbrach Kilian Adrian rigoros. „Und damit alt genug, um zu trinken, feiern zu gehen und Sex zu haben.“ Und Mutter zu werden, aber das sagte er besser nicht, solange Adrian hinter dem Steuer eines Wagens saß.
„Sex zu haben?“, echote Adrian schrill, was Kilian erneut lachen ließ, denn genau diese Reaktion hatte er insgeheim erwartet. „Das ist nicht komisch, Kilian.“
„Doch, ein bisschen schon. Und es erinnert mich irgendwie daran, was ein gewisser Anwalt vor vielen Jahren zu meinem Vater sagte, als es darum ging, mir etwas mehr Freiraum zu geben. Klingelt's da bei dir?“
„Colin hätte dir davon nicht erzählen sollen“, antwortete Adrian grummelig und seufzte anschließend. „Bin ich wirklich so schlimm?“
Irgendwie tat Adrian ihm in dem Augenblick beinahe schon wieder leid, aber andererseits war es besser reinen Tisch zu machen, als die Sache eskalieren zu lassen, und das würde sie, wenn der Anwalt so weitermachte. Die eigene Tochter zu überwachen war nun wirklich nicht die feine englische Art, auch wenn es gleichzeitig wieder typisch Adrian war. Das würde Kilian ihm allerdings noch unter die Nase reiben, soviel stand fest.
„Sie will nach der Schule zu Dom und Cam
Weitere Kostenlose Bücher