Kleine Einblicke
ich unmöglich und das weiß Paps.
„Du meinst die Tatsache, dass sie auf Dauer unmöglich zu dritt im Gästezimmer von Cam und Dom leben können?“
Ja, damit hat er nicht Unrecht und darüber haben Julien und ich auch schon gesprochen.
„Und?“, fragt Dad und Paps seufzt wieder einmal.
„Dass ich verspreche, kein Haus zu mieten, keine Bodyguards oder sonst irgendetwas?“
Wehe ihm, denke ich stumm.
„Und?“, fragt Dad noch mal, was Paps Seufzen noch vertieft.
„Dass ich nicht jeden Tag bei ihnen anrufe und nicht von Isa und Julien erwarte, dass sie es tun?“
„Bingo“, antwortet Dad und mir fällt ein Stein vom Herzen.
Danke, Dad. Das hätte mir gerade noch gefehlt, dass ich wirklich jeden Tag bei Paps anrufen muss. Ich bin schließlich kein Baby und auch kein kleines Kind mehr. Außerdem bin ich weder naiv noch dumm oder unfähig, mich um mich selbst zu kümmern. Ich weiß, wie ich das Pfefferspray in meiner Handtasche benutze, ich habe ein Handy, um die Polizei zu rufen, und ich habe mit Amber zusammen bei Onkel Sam ein bisschen Selbstverteidigung gelernt. Abgesehen davon ist Cape Elizabeth ein verschlafener Städtchen, keine Großstadt mit einer Verbrechensrate jenseits von Gut und Böse.
„Ich rede mit ihr. Aber erst in ein paar Tagen. Schade, dass ich zu spät hier war.“
„Von wegen, du wärst doch in Ohnmacht gefallen bei den Wehen.“
„Wäre ich nicht“, murrt Paps und stellt meine Beherrschung damit auf eine ernsthafte Probe, denn ich habe noch viel zu gut seinen Gesichtsausdruck im Kopf, als wir uns alle Geburtsvideos angesehen haben, um zu wissen, was auf uns zukommt.
Julien war zwar auch ein wenig blass im Gesicht, aber Paps war Derjenige, der am Ende die Segel streichen musste und geflüchtet ist. Ich habe ihn Tage lang deswegen aufgezogen, was mir mehr als eine Kitzelattacke von Paps eingebracht hat. Ich weiß nicht wie es andere Schwangere machen, aber mir war es von Anfang an wichtig, dass meine Väter über alles im Bilde sind. Sie haben mich sogar zu den Vorsorgeuntersuchungen begleitet, wenn Julien nicht konnte. Dad hat als erster Hannahs Nase erkannt, während ich dalag und überlegte, wo auf dem Ultraschallbild nun oben und unten ist.
Dad lacht und klingt merkwürdig dabei, weshalb ich die Augen ein Stück öffne, um nachzusehen. Alles klar. Er steht hinter Paps, hat ihn im Arm und das Gesicht in Paps Nacken vergraben, während er lacht. Paps schaut derweil auf Hannah hinunter, die selig schläft.
„War Isa eigentlich auch so klein damals?“
Dad nickt. „Jap, war sie.“
„Wow“, murmelt Paps und lächelt, als Dad ihn zu sich umdreht, um ihn zu küssen.
„Ihhhh“, mache ich und fange an zu lachen, weil beide daraufhin erschrocken zu mir sehen. „Reingelegt.“
„Eben erst aus den Windeln raus, aber frech wie Oskar“, murrt Paps gespielt, was mich schmunzeln lässt.
„Von wem hab' ich das wohl?“, stichle ich frech, was mit einem Augenverdrehen und gleichzeitigem Grinsen kommentiert wird. „Was habt ihr mit Julien gemacht?“
„In die Arktis verbannt, was denn sonst?“
„Haha“, mache ich und Dad zwinkert mir zu. „Also?“
„Nick und Tristan waren mit den Zwillingen da, als du noch selig geschlummert hast“, erzählt Paps schließlich. „Julien war wach und hatte Hannah im Arm. Er war so glücklich und aufgekratzt, dass sie ihn mitgenommen haben.“ Paps lacht kurz. „Sie bringen ihn wieder, sobald sein Adrenalinspiegel nicht mehr jede Skala sprengt.“
Das ist keine üble Idee. Julien war so nervös in den letzten Wochen, dass ein wenig Ablenkung bestimmt nicht schaden kann. Aber sobald er zurück ist, werde ich meine Väter rauswerfen, um mit ihm und Hannah eine Weile allein zu sein. Seit er studiert, kann ich Zeiten zu zweit an einer Hand abzählen, sieht man von den Wochenenden ab, aber selbst da muss Julian viel lernen. Er will ein richtig guter Anwalt werden, damit seine Eltern stolz auf ihn sind, hat er mir gesagt, und das verstehe ich. Denn es ist bei mir nicht anders. Ich will einen guten Schulabschluss schaffen und Therapeutin werden, trotz Baby.
Junge Mütter haben es nicht leicht, was ihre Karriere und Zukunft angeht, das weiß ich, aber ich werde es schaffen. Wir, ich und Julien und Hannah, werden es schaffen. Da bin ich mir sicher. Außerdem haben wir die besten Voraussetzungen, wie es immer so schön heißt. Aber vor allem haben wir eine Familie, die hinter uns steht. Und ich habe zwei Väter, die einfach nicht ihre
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