Kleine Einblicke
streichle ihr sanft über den Kopf, aber als Paps fragt, ob ich sie haben will, schüttle ich den Kopf. Ich möchte im Moment lieber noch einige Stunden schlafen. Es werden die letzten ruhigen Stunden für die kommenden Jahre sein, wenn man diesen Ratgebern über Schwangerschaft und Kinder glauben darf.
Ich gebe zu, der Gedanke hat mich anfangs erschreckt, auch wenn immer feststand, dass ich das Baby haben will. Aber meine Familie und auch Juliens Familie sind für uns da. Juliens Eltern sind zwar die meiste Zeit irgendwo in der Weltgeschichte unterwegs, aber ich mag sie gern und sie mögen mich ebenfalls. Nur darauf kommt es an. Wir werden schon klarkommen und bei Problemen haben wir bei Paps und Dad immer ein Zuhause. Julien eingeschlossen.
Ja, Paps und er verstehen sich mittlerweile richtig gut, und ich war so glücklich, als Paps Julien das allererste Mal von sich aus übers Wochenende einlud. Dad hat mir letztens zugeflüstert, dass Kilian, seine Dads und Nick und Tristan eine Wette laufen haben, wie lange es noch dauert, bis Paps Julien fragt, ob er später in die Kanzlei einsteigen will. Ich bin gespannt, ob Paps es wirklich tut und ich würde mich wahnsinnig darüber freuen. Aber das muss Julien selbst entscheiden. Erstmal bleibt alles wie gehabt, denn ich will nach Cape Elizabeth, so wie Julien nach Boston will. Der Rest wird sich mit der Zeit von selbst finden.
„Ich hab' dich lieb“, murmle ich Paps zu und schließe wieder die Augen, um noch ein bisschen zu schlafen.
Ich spüre wie Paps mir über die Wange streichelt, dann seufzt er und Dad lacht leise.
„Du weckst sie noch auf, Adrian.“
„Sie ist so müde“, antwortet Paps und klingt besorgt.
„Kein Wunder nach sechzehn Stunden Wehen“, wiegelt Dad ab.
„Vielleicht sollte ein Arzt...“
„Adrian.“
„Schon gut, ich höre ja schon auf“, murmelt Paps und seufzt erneut.
Dad lacht wieder und ich bleibe still liegen. Ich habe nicht oft die Gelegenheit, meine Väter zu belauschen, und ich bin neugierig, das gebe ich offen zu. Julien liegt nicht mehr neben mir, aber ich will jetzt nicht nachfragen. Vielleicht vertritt er sich die Beine oder holt sich einen Kaffee, wer weiß.
„Muffensausen?“, will Dad nach ein paar Minuten wissen.
„Wovor?“
„Sie mit Julien ziehen zu lassen.“
„Was denkst du denn?“
„Dass unsere Kleine erwachsen ist, Adrian.“
Paps schnaubt. „Sie ist sechzehn, das ist nicht erwachsen.“
„Sie ist Mutter. Von einem süßen kleinen Mädchen, das wie Julien aussieht, aber ich wette, sie bekommt Isas blaue Augen, sobald sie älter ist.“
Paps sagt nichts mehr, aber ich ahne, was ihm im Kopf herumgeht. Es ist nicht das erste Mal, dass sie so ein Gespräch führen, und ich bin froh, dass Dad von Anfang an hinter mir stand, um Paps in seine Schranken zu weisen. Ich wünschte, ich könnte es selbst tun, aber für Paps werde ich immer sein kleines Mädchen bleiben. Das hat mir Kilian gesagt, als ich mich bei ihm über Paps beschwert habe, denn er hat dasselbe Problem mit Onkel Colin. Sie glucken einfach alle. Mal mehr und mal weniger. In Paps Fall eher mehr.
„Hätte sie nicht fünf Jahre alt bleiben können?“, meint Paps auf einmal und bringt Dad damit umgehend wieder zum Lachen. „Psst, du weckst sie auf.“
Zu spät, denke ich nur und grinse in mich hinein. Ich weiß nicht mehr wie ich mit Fünf war, aber laut diversen familiären Quellen, von denen wir wirklich eine Menge haben, war ich ein totales Paps-Kind, das nur mit den Wimpern zu klimpern brauchte und schon habe ich alles bekommen, was ich wollte. Das tue ich immer noch, um ehrlich zu sein, aber Dad hat aufgepasst, dass ich kein verwöhntes Kind werde. Das behaupten zumindest alle. Ich weiß nie, was ich zu so was sagen soll, es ist mir peinlich. Ich bin eben wie ich bin. Genau richtig, würde Dad jetzt sagen und es auch so meinen.
„Sie ist viel zu schnell groß geworden.“
„Das haben Kinder nun mal so an sich, Adrian.“
„Ob sie sehr sauer ist, wenn sie erfährt, dass ich in Cape Elizabeth schon die Lage gecheckt habe, was Wohnungen angeht?“
Oh, Paps. Ich seufze innerlich. Er kann es einfach nicht lassen.
„Nicht, wenn du es Isa von dir aus erzählst und dazu sagst, was du mir gesagt hast, als ich dich nach dem Grund gefragt habe“, antwortet Dad und ich muss ihm Recht geben. Wenn Paps wirklich von selbst damit zu mir kommt, ist es etwas Anderes, als wenn er Dinge über meinen Kopf hinweg entscheidet. Letzteres finde
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