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Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Titel: Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Brunner
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Platz auf dem Friedhof für eine ständige Belegung zu klein, und wenn man neue Gräber aushob, bestattete man die Gebeine, die man dabei vorfand, sekundär in diesen Gebäuden. Manche dieser Karner, besonders in der Spätromanik, haben überdimensionale und kunstvolle Portale – denn diese führen symbolisch ins Jenseits.
    Im Umfeld der Kirchen befand sich noch eine Reihe von weiteren Gebäuden, vom Bischofsoder Pfarrhof über Kapellen, die Häuser anderer Kleriker – in Konstanz am Bodensee sind z.B. noch Domherrenhäuser aus dem 12. bis 14. Jahrhundert erhalten – bis hin zu Schulen, Wirtshäusern und Veranstaltungsgebäuden.
Das christliche Leben und seine Bauten
Spätantike Traditionen und Grundbegriffe
    Die ersten christlichen Versammlungen fanden in Privathäusern statt. Nicht selten war es das Haus eines einflussreichen und wohlhabenderen Gemeindemitglieds, das man vielleicht auch zum «Aufseher»,πσκoπoς (epískopos), der Gemeinde machte; davon kommt der Titel «Bischof». Er beriet sich mit den Ältesten der Gemeinde, den πρεσβτερoι (presbýteroi, Ältere); davon kommt das Wort «Priester». Die praktische Verwaltung lag in den Händen von Diakonen (urspr. «Diener»), die auch weiblich sein konnten. Auch Witwen und unverheiratete Frauen (Jungfrauen) übten Funktionen in den frühen Gemeinden aus.
    Nach der Anerkennung des Christentums im 4. Jahrhundert brauchte man fallweise größere Versammlungsräume und mietete unter Umständen ganze Markt- und Veranstaltungshallen. Solche Hallen hießen
basilica
; das blieb bis heute die Bezeichnung für bestimmte Kirchen. Später wurden eigens Basiliken von Christen gebaut. «Dom» wird wohl auf das lateinische
domus Dei,
Haus Gottes, zurückgehen. Das Wort Kathedrale kommt von καθδρα (kathédra), Sitz, damit ist der Bischofsstuhl gemeint.
    Die Kirche im spätantiken Römerreich wurde, wie das Zivilleben auch, von der Stadt aus regiert, in der der Bischof saß. Er schickte seine Beauftragten hinaus auf das Land, die ihm in allen geistlichen Dingen verantwortlich waren; das gilt im Prinzip in der römischkatholischen Kirche heute noch. Manchmal setzte er «Landbischöfe»ein, nach dem griechischen Wort für Land,(chôros), «Chorbischöfe» genannt. Je nachdem, welche Sponsoren man fand, wurden auch in den ländlichen Gebieten «Oratorien», Bethäuser, errichtet.
    Das Wort «Kapelle» für eine Nebenkirche ohne eigene Pfarrrechte oder einen Teil einer größeren Kirche kam erst später auf. Der Name kommt vom Aufbewahrungsort der wichtigsten Reliquie der fränkischen/französischen Könige, der
Cappa,
des Mantels des heiligen Martin. Zum liturgischen Dienst für diese Reliquie waren die wichtigsten Hofgeistlichen eingeteilt. Das Wort «Kapelle» konnte auch eine Personengruppe bezeichnen, deren Mitglieder gute Karrieremöglichkeiten hatten. Auch die Bischöfe hatten solche Personengruppen um sich.
    Die Bezeichnungen und Bräuche der Kirche entstanden also meist aus praktischen Gründen, und das Vokabular dafür entwickelte sich allmählich von Alltagsworten zu religiösen Fachbegriffen. Dasselbe gilt für die Gewänder. So heißt eines der priesterlichen Gewänder z.B. «Pluviale», ursprünglich also Regenmantel. Aus dem einfachen, ortsüblichen Gewand der Benediktusregel (Kap. 55) wurde der Habit der Mönche und Nonnen.
Renovatio Imperii: Romanik
    Wann und wo immer es möglich war, baute man einfache Steinhäuser, rechteckig, mit einem eigenen Raumteil im Osten (Apsis), in dem sich die Priesterbank um den Altarraum zog. Solche vorromanischen Kirchen findet man heute nur mehr durch archäologische Forschungen oder in Gebieten, die nach dem Zusammenbruch des Römerreiches oder später verarmten, so dass man die Gebäude längere Zeit weiterverwendete und dann aus Gründen der Tradition erhielt. Viele Kirchen, besonders in den Missionsgebieten, waren aber aus Holz.
    Allmählich ersetzte man die flachen Holzdecken durch Gewölbe und gestaltete die Fenster in Form von Rundbögen: Das gilt alsCharakteristikum des romanischen Stiles, der bis zum 12. Jahrhundert maßgeblich war. Nicht nur bei den prächtigsten und repräsentativsten Bauten suchte man den Anklang an die Antike und informierte sich dafür in römischen Handbüchern (z.B. Vitruv, S. 28).
    Abb. 17: Schöngrabern (NÖ), 1210/30, Versuchung der Eitelkeit (?)
    Die Bilderwelt der Romanik ist vom byzantinischen Einfluss ebenso geprägt wie von der Ornamentik der keltischen Kunst.

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