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Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Titel: Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Brunner
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z.B. in derben Schwänken,
fabliaux
– zu einer Niederschrift. Dennoch sind einige Tendenzen unübersehbar: Die Romane werden umfangreicher, aber oft – wie für ein minderjähriges Publikum – «gereinigt». Allerdings hat die Prüderie eine Kehrseite: Frauen sind zunehmend entweder ätherische Prinzessinnen oder Opfer von pornographisch dargestellter Gewalt.
    Die große Künstlerin Christine de Pizan († 1430) protestiert gegen die misogynen Tendenzen des sehr weit verbreiteten «Roman de la Rose» von Guillaume de Lorris und Chopinel de Meun aus dem 13. Jahrhundert:
    «So klagen die obgenannten Damen über so manche Gelehrte, die sie mit Tadel überhäufen, darüber Traktate verfassen, Reime, Prosa- und Versstücke und dabei ihre Sitten mit vielen Worten verleumden; … In Versen sagen sie, Adam, David, Samson, Salomon und andere in Fülle wurden von Frauen von früh bis spät betrogen; und welcherMann wird sich denn davor hüten können? Die einen sagen, viele Frauen seien trügerisch, misstrauisch, falsch und wertlos. Andere sagen, sie seien sehr verlogen, wankelmütig, unbeständig und leichtfertig. Andere wieder beschuldigen sie großer Laster und schmähen sie sehr, ohne irgendeine Nachsicht zu üben. Und so schreiben Gelehrte morgens und abends ihre Verse, einmal französisch, dann lateinisch und stützen sich auf wer weiß welche Bücher, die mehr Lügen von sich geben als ein Trunkenbold.»
    Abb. 12: Rosenroman, Venus greift «die Burg» an, ca. 1405. J. Paul Museum, Ludwig XV 7, fol. 129 V.
    Der besagte Roman beschäftigt sich, unter Aufwendung eines ungeheuren Bildungsballasts, mit nichts weiter als der Eroberung eines unschuldigen, anonym bleibenden Mädchens.

III Kirche und Kloster
    D as Wort Kirche kommt vom spätgriechischen κυριακς [oκoς] (kyriaks [oîkos]), [Haus] des Herrn. Theologisch war und ist Kirche aber vor allem eine Gemeinschaft von Menschen. Das sind, wie ein Prediger es ausdrückte, die lebendigen Steine, aus denen das himmlische Jerusalem gebaut wird. Menschen in ihrer Vielfalt prägen diese Gemeinschaft mit ihren Weltbildern, Vorstellungen, Wün schen und Träumen.
    Kirche ist weiters eine Organisation und Institution. Als solche erhebt sie den Anspruch auf verbindliche Interpretation der heiligen Schriften und versteht sich als Hüterin der Moral. Ihre Funktionsträger gehörten der Oberschicht an. In der Welt des Lehenswesens waren Bischöfe und Äbte Herren über andere Menschen, so wie Adelige und Fürsten auch. Die weltlichen Herrscher benutzten bis zu einem gewissen Grad die Kirche zur Disziplinierung ihrer Leute. Die Konkurrenz um die Macht zwischen geistlichen und weltlichen Gewalten sowie das Streben um die Unabhängigkeit der Kirche führten im Mittelalter zeitweise zu schweren Konflikten, wie z.B. dem sogenannten Investiturstreit (11./12. Jh.). Den Namen hat diese Auseinandersetzung vom Streit um das Recht der «Investitur», wörtlich Einkleidung, der Einsetzung der Bischöfe.
    Jeder Christ sollte wenigstens das Kreuzzeichen, das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser beherrschen. Der Jahres-Festkreis der Kirche (S. 177) bestimmte weite Teile des Lebens aller Menschen. Von den biblischen Büchern kannten die meisten Gläubigen aber nur jene Auswahl, die zu den Messlesungen herangezogen und in den Predigten kommentiert wurde. Den Übersetzungen der Bibel, die in religiösen Bewegungen seit dem 12. Jahrhundert begonnenwurden (S. 144), stand der Klerus sehr skeptisch gegenüber: Man traute den Laien die selbstständige Interpretation der biblischen Texte nicht zu und fürchtete um die eigene Deutungshoheit.
    Im Ersten Mittelalter waren vor allem Klöster die Pflegestätten der Gelehrsamkeit. Von dort kam ein großer Teil der Fachleute für die schriftliche Verwaltung an weltlichen und geistlichen Höfen. Nur zur Karolingerzeit gab es eine nennenswerte Hofschule. Das geistliche Personal eines Hofes gehörte zur Hofkapelle (S. 108).
    Im 12. Jahrhundert gewannen die Domschulen an den bischöflichen Kathedralen an Bedeutung. Ab dem 11. und 12. Jahrhundert bildeten sich auch in einzelnen Städten aus Lehr- und Lerngemeinschaften die ersten Universitäten heraus. Am berühmtesten waren Salerno für die Medizin, Bologna für die Rechtswissenschaften und Paris für die sieben
Artes Liberales,
die Künste der Freien, d.h. im Mittelalter der Adeligen. Dazu gehörten Grammatik, Rhetorik und Dialektik (Argumentationstechnik) – das «Trivium» (Dreiweg,

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