Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters
verwendete meist kostbare kleine Gefäße für die Gewürze und Schüsseln für die Beilagen und Soßen.
Ein weiteres Hauptereignis war die Schwertleite (Ritterweihe, vgl. S. 46) an die beiden Kaisersöhne Heinrich und Friedrich. Reichlich wurden Geschenke verteilt an Ritter, Gefangene, Kreuzfahrer und Spielleute: Pferde, Gewänder, Gold und Silber. Dann fand ein großes Turnier statt, an dem angeblich 20.000 Ritter teilnahmen. Das ist selbstverständlich viel zu hoch gegriffen, aber man kann sich doch vorstellen, dass sich eine mittlere Stadt bei diesem Hoftag versammelt hatte. Für die Damen, die Geistlichen und die älteren Ehrengäste, die nicht mehr mitkämpften, musste ein eigenes Gestell aufgebaut werden, von dem aus sie das Turnier verfolgen konnten, mit Tüchern verhängt und mit einem Sonnendach.
Bewundert wurde in Mainz die Fülle der Güter, die der Versorgung dienten: Erwähnt werden der Wein, der den Rhein heraufund herunter herbeigebracht wurde, und riesige Hühnerställe.
Man gab in allen ze vil ezzen unde trinken,
man gab allen mehr als genug zu essen und zu trinken (Eneas 13148f.). Es ging wohl so zu, wie es auch Hartmann von Aue vom Artus-Hof schildert:
Dise sprâchen wider diu wîp,
dise banecten den lîp,
dise tanzten, dise sungen,
dise liefen, dise sprungen,
dise hôrten seitspil,
dise schuzzen zuo dem zil,
dise redten von seneder arbeit,
dise von grôzer manheit.
Die einen unterhielten sich mit den
Frauen, andere gingen spazieren oder
tanzten, sangen, liefen, sprangen, sie
hörten Saitenspiel, schossen auf die
Scheibe, redeten von der Mühsal der
Liebe oder von großer Tapferkeit.
Hartmann, Iwein 65–72,
übers. nach Max Wehrli
Allerdings kam damals am dritten Tag ein starker Wind auf, der die Kapelle und zahlreiche Hütten und Zelte zum Einsturz brachte und einige Opfer kostete. Dennoch erledigte man vor allen Anwesenden wohl vorbereitete Reichsgeschäfte, die dem Frieden dienten. Es gab zwar Stimmen, die von einem üblen Vorzeichen unkten – die Kaiserin Beatrix starb im gleichen Jahr im November –, aber angesichts der grundsätzlich positiven Stimmung im Reich wurde dieses Unglück politisch nicht ausgenutzt (vgl. S. 216).
Unheil habe swer ez wil,
Unglück habe, wer es haben will, bemerkt Heinrich von Veldeke kurz vor dem zitierten Bericht (13.063). Im Fall des Mainzer Hoffestes hatten die
spilman und diu gerende diet,
die Spielleute und Lohnsänger, offenbar genug bekommen,
daz si dannen schieden frô und lob dem kunege sungen
(13198f.). Auch der Dichter selbst hatte genügend Motivation erhalten: Er setzte das reale Ereignis ins Umfeld seines antiken Stoffes. Aber nicht nur die Spielleute und Dichter machten Propaganda, auch die große Zahl an qualifizierten Dienern, die rund um ein solches Ereignis tätigwaren, und die vielen Kaufleute, die daran satt verdienten, erzählten wohl zuhause davon.
Jagd
Auch die Jagd ist eine Art höfisches Fest. Nicht selten wurden sogar im Zusammenhang mit Hoftagen Jagden veranstaltet. Bei der waidgerechten mittelalterlichen Jagd hatten die Tiere eine gewisse Chance den Jägern gegenüber. Aber waidgerecht ist ein dehnbarer Begriff: Seit dem frühen Mittelalter gab es für die Herrschaft reservierte Jagdgebiete, in denen das Wild den Jägern zugetrieben wurde. Solange Naturalwirtschaft herrschte, litten die Bauern unter der herrschaftlichen Jagd weniger als in der Neuzeit, weil die Felder einigermaßen geschont wurden, solange Frucht darauf stand; es mussten ja auch die Herren davon leben. Wenn allerdings Bauern in einem geschützten Jagdgebiet roden wollten, wurden sie vertrieben.
Großen Nutzen als Nahrungsquelle hatte die Jagd nicht, außer dass – unter unverhältnismäßig hohem Aufwand – danach ein Fest gefeiert werden konnte. Brauchte man rasch Wild, stellte man Fallen auf. Niederwild war gerade einmal für die Beizjagd interessant, ansonsten fing man es mit Schlingen, Fallen und Netzen. Vögel konnten ebenfalls als Ziel für die Beizvögel dienen, die meisten aber gingen auf die Leimrute.
Siegfried schlägt auf der Jagd alle möglichen und unmöglichen Tiere: einen Löwen – den erschießt er mit einem Pfeil –, einen Wisent, einen Elch, Hirsche und Hinden und einen Eber – mit dem Schwert und nicht, wie normal gewesen wäre, mit dem Sauspieß –, und zum Schluss noch einen Bären, und zwar zu Fuß. Er reitet nicht allein, sondern mit einer ganzen Jagdgesellschaft, darunter ein erfahrener Jäger, und ein Jagdhund stöbert ihm das
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