Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters
hört, im Gegensatz zu den Erwachsenen, aufmerksam zu – und gibt dem Maler Gelegenheit, seine hundeliebenden Auftraggeber zu begeistern.
Katzen kommen hingegen im Mittelalter nicht sehr oft vor, zumindest in der Frühzeit. Sie sind selten und teuer. Manchmalwird eine erwähnt als Hüterin der Getreidevorräte vor Mäusen. Ein Mönch in St. Gallen fürchtet sich vor einer Katze und hält sie für einen Dämon. Vom Kloster Reichenau im Bodensee ist ein altirisches Gedicht von einer spielenden Katze überliefert. Erst ab dem 13. Jahrhundert finden sich Belege, dass eine Katze am Ofen liegt und sogar ein
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in der Haustür hat.
Turnier und Kampf
Das Turnier ist in der Regel ein Waffengang zwischen zwei Parteien auf freiem Feld (auch Buhurt genannt). Den Zweikampf nennt man Tjost. Das Turnier ist im 12. Jahrhundert vom reinen Kräftemessen und militärischen Training zum umfassenden Spiel geworden, in dem die ritterliche Gesellschaft sich selbst darstellte. Der Tjost ist etwas jünger. Trotz der immer wieder erneuerten Kampfregeln und der Verwendung stumpfer Waffen war das Spiel lebensgefährlich und wurde daher auch noch im 12. Jahrhundert verboten – was wenig nützte. Die Kirche stellte offiziell den Tod im Turnier einem Selbstmord gleich – was niemanden im Adel besonders kümmerte, auch die zusehenden Geistlichen nur selten.
Es gibt zwei Parteien, die miteinander kämpfen, aber die Auseinandersetzung vollzieht sich in Einzelkämpfen, in die sich offenbar normalerweise niemand einmischt. Am Kampffeld sind nicht nur die Ritter anwesend, sondern auch ihre Schildknappen, die Reservelanzen und wohl auch sonstiges Gerät bereithalten. Es ist schwer, in dem Gewimmel jemanden zu erkennen, außer er führt eindeutig identifizierbare Wappen, was nicht immer der Fall ist. In einem Bericht reitet inmitten des Turniers eine Botin zu einem einzelnen Ritter, ohne dass sie gefährdet ist. Dass dieser die Botschaft überhaupt akustisch vernimmt, im Lärm und unter dem Helm, ist verwunderlich.
Im Kampfspiel werden nicht immer klare Mannschaften gebildet, oft ergeben sich die Bündnisse spontan. Es wäre wohl interessant,wenn wir die versteckten Botschaften der Dichter, die hinter den Schilderungen stecken können, heute verstünden. Denn die ganze Veranstaltung hat hochpolitischen Charakter: Wo das Fest stattfindet, wer dort Gast ist, wer gegen wen kämpft, welche Mannschaften gebildet werden, das alles bildet den Stand der jeweiligen Adelsparteiungen für den Kenner exakt ab, inklusive Vermögensnachweis, wenn man die Ausstattung beurteilt.
Der Stoß mit dem Speer im Tjost war Inbegriff der Männlichkeit, nicht weit vom Paarungskampf, wenn die Damen zuschauen, ob es nun um das Leben oder «nur» um die Ehre geht. Beim Schaukampf war die Stätte hergerichtet, möglichst mit festem Sand, ein
griezwarte
(von
griez,
Sand) fungierte als Schiedsrichter, auf Tribünen drängten sich Zuschauer, vornehmlich Frauen. Von den Fürsten und den Frauen wurde der eine oder andere «Held» regelrecht gesponsert, und das ging vom Lanzenfähnchen bis hin zur ganzen Rüstung. Dabei wurde auch hoch gewettet.
Wenn der Unterlegene vom Pferd fällt,
hinders ors ûf den sâmen,
hinter das Ross auf den Boden (Wolfram, Parzival 60, 19), ist das an sich schon ziemlich gefährlich. Ist der Kampf dann noch nicht erledigt, kann er mit Schwertern weitergeführt werden. Dabei werden vor allem funkensprühende Schläge auf den Helm geschildert. Im Ernstfall, also im Krieg oder beim gerichtlichen Zweikampf, wird besonders auf die Halsberge, einen Ringkragen, gezielt. Immer wieder kommt es dabei vor, dass man gar nicht den Ritter, sondern zuerst das Pferd «absticht» – das Wort kommt aus der Turniersprache –, was als extrem unritterlich galt, aber sehr effektiv war.
Am Ende eines Turniertages gehen alle ins Bad und lassen sich ihre Wunden mit Salben kurieren. Während dann die Herren feiern, müssen die Knechte die Rüstungen für den nächsten Tag wieder sauber bekommen. Kettenhemden werden in ein Fässchen mit Seifenwasser gesteckt, das geschüttelt wird, bis der Rost abgefallen ist.
Turnierteilnehmer gingen regelrecht auf Tournee, und es sind bekannte Namen darunter, die auch in Geschichtsquellen genanntwerden. Hier ein kleines «Who’s who»: Graf Karl der Gute von Flandern († 1127), die Grafen Balduin II. († 1205) und Arnold II. von Guînes († 1220), die allesamt ihre Chronisten fanden, Galbert von Brügge und
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