Kleine Luegen erhalten die Liebe
Fraser?«, und fuhr fast aus der Haut.
Als er ihre Schritte auf der Treppe hörte, griff er nach seinem Handtuch, aber nicht schnell genug … Während er noch halb gebückt dastand, hatte sie schon die Tür aufgerissen.
»Oh, Herrgott noch mal, Fraser!«
Schnell legte sie eine Hand vor die Augen und schlug die Tür zu.
»Tut mir leid. Ich konnte ja nicht abschließen.«
»Ja, aber ich rechne ja auch nicht damit, dass du splitterfasernackt hier herumspazierst oder ich dich beim Hereinkommen mit dem Hintern in der Luft antreffe!«
Fraser schlang sich das Handtuch um die Hüften und öffnete die Tür wieder. Beide grinsten, und Melody nahm die Hand von ihren Augen.
»Na ja, ganz wie in alten Zeiten, Fraser Morgan, nicht?«, sagte sie und schwenkte eine Flasche Baileys. »Wie damals auf der South Road Nummer fünf. Wir machen uns zum Ausgehen fertig, du hast ein heißes Date mit einer anderen Frau, und ich überrasche dich nackt wie am Tag deiner Geburt. Du warst immer nackt , Fraser. Wenn ich es recht bedenke, mussich deine intimsten Körperteile mindestens so oft gesehen haben wie Liv.«
Fraser grinste und verspürte eine Welle der Zuneigung für seine alte Freundin Melody Burgess und ihre mütterliche, nörglerische Art. Mit der Scheidung lief alles glatt, und sie schien auch ruhiger geworden zu sein. Das Haus stand zum Verkauf, weil sie sich offenbar eine »Junggesellinnen-Bude« und ein neues VW-Beetle-Cabrio kaufen wollte. Man musste Norm und ihr hoch anrechnen, dass sie alles freundschaftlich geregelt hatten, und so würde auch sie heute Abend mit den »Mädels« ausgehen, ganz wie in alten Zeiten.
Er lachte und nahm sie in den Schwitzkasten.
»Komm her, altes Mädchen!«, sagte er. »Ich liebe dich, Burgess, ganz im Ernst.«
Melody zappelte. »Au! Lass mich los, du Irrer! Außerdem hast du viel zu viel Aftershave aufgelegt. Hast du darin gebadet?«
Er ließ sie los, sie seufzte, strich sich das Haar glatt und hielt die Flasche Baileys hoch.
»Ein Überbleibsel von Weihnachten«, meinte sie. »Willst du dir ein bisschen Mut antrinken?«
Es war nicht leicht, es zuzugeben, aber im Moment brauchte Fraser alle Hilfe, die er kriegen konnte.
♥
Die erste Januarwoche, und Lancaster war ein Friedhof. Die einzigen Leute, die ausgingen, waren die, die heute Geburtstag hatten oder, wie in Mias Fall, egoistische Verflossene. Eduardo zumindest hatte sich geweigert, auch nur in Betracht zu ziehen, seinen Silvesterabend aufzugeben, und stattdessen die geniale Alternative des dritten Januar angeboten.
Weihnachten war erstaunlich okay verlaufen. Eduardo war in eine WG umgezogen, und das Einzige, was Mia deswegen verspürte, war Erleichterung. Es war, als hätten sie zwei Jahre damit verbracht, die Reste einer Beziehung in die Länge zu ziehen, die von Anfang an nie richtig in Gang gekommen war.
Eduardo würde Billy nicht über Nacht bei sich behalten können, doch er würde ihn jeden Sonntag nehmen und wann immer sonst er wollte, solange Mia davon Kenntnis hatte. Er war auch am Weihnachtsabend zum Essen gekommen, worüber Mia froh gewesen war, da es so mit ihrer Mum weniger anstrengend gewesen war. Erstaunlicherweise, vielleicht weil sie jetzt nicht mehr zusammen waren und er »Grenzen respektierte, hatte Eduardo es sogar unterlassen, mit Lynette zu flirten.
Bedauerlicherweise hatte der Schnee nicht bis Weihnachten angehalten. Jetzt war es draußen nur noch eisig kalt und nass. Als Mia an der Bar im Merchants stand und die weihnachtliche Dekoration betrachtete, die bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag hängen zu bleiben schien, versuchte sie verzweifelt, dagegen anzukämpfen, aber sie konnte deutlich spüren, wie ihre Stimmung sank. Sie war nervös. Trink mehr! , befahl sie sich. Vielleicht war das die Lösung.
Sie beugte sich über die Bar. »Kann ich drei Tequila haben?«, fragte sie den Barkeeper spontan.
Der Mann zog die Augenbrauen hoch. »Sie machen wohl keinen Januar-Entzug?«
»Gott, nein«, sagte Mia. »Januar-Entgiftungen sind ein Werk des Teufels, das man mit nichts als Argwohn und Verachtung betrachten sollte.«
»Ein Gast, der mir sympathisch ist«, bemerkte er mit einem anerkennenden Nicken, als er die Drinks, Salz und Zitrone auf ein Tablett stellte.
Mia trug es zu dem Tisch hinüber, an dem Melody und Anna warteten und sie entgeistert ansahen.
»Gute Arbeit«, meinte Melody dann und rieb sich die Hände, als Mia die Drinks verteilte. »Ich mag deinen Stil.«
Anna war nicht so begeistert.
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