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Kleine Luegen erhalten die Liebe

Kleine Luegen erhalten die Liebe

Titel: Kleine Luegen erhalten die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
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das Gefühl, dass das Thema strittiger und beängstigender war, als sie gedacht hatte. »Tja, dann schließe ich meine Beweisführung ab.«
    »Deine Beweisführung für was?«, fragte Melody. »Bin nicht ich die Anwältin hier?«
    »Haben wir wirklich das Gefühl«, begann Mia wieder mit wild klopfendem Herzen, »dass Liv die Dinge auf ihrer Liste getan hätte, wenn sie überlebt hätte? Wäre sie nach Las Vegas geflogen, hätte sie eine Fremdsprache gelernt? Hätte sie sich auch nur daran erinnert, diese Liste geschrieben zu haben?«
    Allgemeines Schweigen folgte auf ihre Frage.
    »Sie schrieb diese Liste ein Jahr vor ihrem Tod, und meines Wissens hat sie nicht einen Punkt darauf erfüllt. Möchte irgendjemand diese Tatsache infrage stellen? Weiß irgendjemand, ob sie nicht wenigstens eine ihrer selbst gestellten Aufgaben erfüllt hat?«
    Alle sahen sich ratlos an.
    »Denn wenn es so ist, dann sagt es bitte!«
    Wieder breitete sich nur Schweigen aus.
    ♥
    Arm in Arm gingen sie durch die vom Mond erhellten Straßen, die jetzt von Wochenend-Nachtschwärmern bevölkert waren, zum Hotel zurück.
    Die vier Freunde hatten beschlossen, zum Kai hinunterzugehen und die Kerzen auf den Geburtstagskuchen in einer Bar am Hafen anzuzünden. Doch zuvor wollten sie nach Anna sehen.
    Mia hatte sich bei Melody untergehakt und Fraser bei Norm. »Ihr liebt euch, ihr zwei«, spöttelte Melody, die hinter ihnen ging. »Ihr solltet das mal auf die Reihe kriegen – ihr habt sogar die richtige Größe füreinander.« Ihr Gelächter schallte durch die milde Nachtluft.
    Mia fühlte sich den anderen verbunden, nahe und sicher. Der Wein half, aber auch, dass die anderen drei ihr hinsichtlich der Liste recht gegeben hatten. Alle hatten sofort festgestellt, wie zickig Anna dieses Jahr geworden war und wie sehr die Sache mit der Liste sie offensichtlich mitgenommen hatte. Doch bei genauerer Betrachtung waren auch sie nicht sehr viel besser dran. Keiner war unversehrt davongekommen, aber vielleicht war es ja auch einfach so, dass sie die Liste hatten abarbeiten müssen, um zu erkennen, wie verkorkst ihr Leben war.
    Wenn Liv überlebt hätte, wäre sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nach Venedig gefahren, weil sie (seien wir doch mal ehrlich!) viel zu sehr damit beschäftigt gewesen wäre, ihr Lebenzu leben. Und alle hatten in diesem tristen, seltsam geschäftsmäßig anmutenden Speiseraum den Pakt geschlossen, dass sie genau das von jetzt an auch tun würden: Sie würden ihr Leben leben.
    »Was meint ihr? Sollen wir Anna jetzt anrufen? Ihr sagen, dass wir gleich die Kerzen auf ihrem Kuchen anzünden?«, fragte Mia, als sie vor dem Hotel standen.
    Alle versuchten, Anna auf ihrem Handy zu erreichen, aber sie meldete sich nicht.
    »Ach, lasst sie in Ruhe!«, sagte Fraser. »Wahrscheinlich hat sie zu tief ins Glas geschaut, oder sie schläft schon. Wir werden eine Kerze für sie anzünden.«
    Und so gingen sie durch den Durchgang neben dem Hotel und überquerten die Mini-Hängebrücke, die auf die andere Seite des Kanals führte. Dort fanden sie eine moderne, kuppelförmige Bar direkt am Wasser, mit fröhlichen orangefarbenen Sesseln, azurblauen Ledersofas und einer Menge weißem Chiffon.
    »Ein bisschen Ibiza in Leeds«, bemerkte Fraser, und es war, als wäre es okay, jetzt auszusprechen, dass Livs Tod nicht die einzige Erinnerung war, die sie je miteinander teilen würden.
    Sie holten sich an der Bar Drinks – Bier für Mia und Fraser, Cidre für Melody und Norm –, setzten sich draußen dicht nebeneinander unter die Heizsonnen über den Korbmöbeln und betrachteten die im Dunkeln glühenden Lichter der gegenüberliegenden Gebäude.
    Fraser nahm die Kuchen und Kerzen aus den Taschen, die er mit sich herumgeschleppt hatte, und stellte sie auf den Tisch vor ihnen. »Okay, wer hat ein Feuerzeug?«, fragte er, und erst da kam ihnen allen zu Bewusstsein, dass keiner von ihnen noch rauchte.
    Sie bekamen vom Barkeeper Streichhölzer, und Melody nahm die Kerzen aus den Schachteln und legte sie auf den Tisch.
    »Wie viele nimmst du für jede Torte?«, fragte Mia.
    »Na dreißig!«, meinte Melody. »Ist das in Ordnung?«
    »Nimm keine dreißig«, sagte Fraser ruhig an Mias Stelle, »sondern einfach eine willkürliche Anzahl … acht, fünf, was auch immer.«
    »Okaaay …« Melody runzelte die Stirn.
    »Ich meine, es ist doch irgendwie makaber, oder?«, sagte Fraser. »Da sie es doch bis zu ihrem Dreißigsten gar nicht geschafft hat. Sie würde

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