Kleine Luegen erhalten die Liebe
ihrer Schwangerschaftsjeans, und ihn anschreit: »Ich hasse dich! Ich hasse dich aus tiefster Seele!« –, da fängt sie an zu kichern, bis ein hysterischer Lachanfall sie schüttelt.
»Was ist so lustig?« Nackt, in jeder Hand einen Becher Kaffee, steht Eduardo in der Schlafzimmertür und lacht mit, als sie sich prustend krümmt.
»Oh, nichts, nichts … komm ins Bett!«, sagt sie und winkt mit ausgestreckter Hand. Er bückt sich, stellt die beiden Becher auf den Boden und springt geradezu zu ihr aufs Bett.
»Eduardo! Verdammt noch mal! Vier der Latten in diesem Bett sind schon gebrochen, und du wirst noch mehr zerbrechen, wenn du nicht ein bisschen aufpasst.«
»Bist du immer noch nicht dazu gekommen, ein neues Bett zu kaufen?«, fragt er und kuschelt sich an sie.
DAS WÄRE LÄNGST ERLEDIGT, WENN ICH EINEN MANN IM HAUS HÄTTE, UM EINS AUFZUBAUEN. Sie kämpft gegen den Impuls, ihn anzuschreien, doch es ist sehr schwer, die Ruhe zu bewahren.
»Nein, ich habe immer noch kein neues Bett.« Sie lächelt und atmet seinen etwas rauchigen, maskulinen Duft ein. »Abervielleicht könntest du mir ja eins kaufen. Es ist das Mindeste, was du tun kannst.«
Eduardo ignoriert diese Bemerkung und streicht ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. Jetzt kommt es, das »Ich sollte besser gehen«, denkt sie. Doch er sagt nichts dergleichen, sondern beginnt, sie zu küssen, so sanft und zärtlich, dass sie Angst hat, jeden Moment loszuheulen. Wieder einmal wird ihr bewusst, wie sehr sie das braucht, um am Leben zu bleiben und sich lebendig fühlen zu können. Mia Woodhouse – du bist doch noch da drin, oder?
Er streicht ihr sanft das Haar zurück. »Hallo, Schönheit«, flüstert er, und sie sagt nichts, lächelt aber und erhebt den Blick zu ihm. »Ich möchte dich noch einmal lieben. Können wir noch mal Liebe machen?«
Wenn ein Engländer das sagen würde, würde ich mich totlachen, denkt Mia. Aber ein Brasilianer kommt damit durch. Aus seinem Mund ist es sogar irgendwie unwiderstehlich. Es ist Viertel vor sieben, die frühe Morgensonne vergoldet schon das Zimmer, und Mia schließt die Augen und streckt hingebungsvoll die Arme über den Kopf, als Eduardos Becken sich an ihres presst.
Dann ertönt urplötzlich ein Geschrei, das Mia noch immer zu Tode erschreckt und sich nach wie vor wie ein Angriff anfühlt, obwohl sie schon neun Monate damit lebt.
»Billy«, murmelt sie seufzend und starrt zur Zimmerdecke auf.
»Er wird schon wieder aufhören«, sagt Eduardo und küsst sie auf den Nacken. »Er wird wieder einschlafen. Komm, entspann dich!«
Sie versucht es, gibt sich wirklich Mühe, aber es nützt alles nichts.
»Nein, das wird er leider nicht.« Sanft schiebt sie Eduardovon sich und schleppt sich aus dem Bett. »Glaub mir, das ist Billy, wie er leibt und lebt, und so wird er heute den ganzen Tag sein.«
♥
Als Mia aus der Küche zurückkommt, wo sie Billys Frühstück zubereitet hat, rechnet sie schon halb damit, dass Eduardo nicht mehr da ist. Schließlich ist dies eine der miesen Verhaltensweisen, die sie zur Genüge von ihm kennt. Doch als sie sich der Wohnzimmertür nähert, wo sie Billy sicher angeschnallt in seinem Kinderstühlchen weiß, kann sie Stimmen hören.
Für einen Moment ist sie verwirrt. Wem gehört die zweite erwachsene Stimme? Erst dann merkt sie, dass auch sie Eduardos ist. Den Teller Porridge in der Hand, erstarrt sie förmlich. Dann linst sie durch den Türspalt, und was sie sieht, lässt ihr den Atem stocken.
Eduardo hat sich einen Stuhl herangezogen, sitzt über den kleinen Tisch des Kinderstuhls gebeugt und spielt mit Billys Plastiktierchen, seinen Lieblingsspielzeugen.
»Und das ist ein Schaf«, sagt er gerade. »Auf Portugiesisch nennen wir es ovelha … Kannst du ›ovelha‹ sagen, Billy? Das ist cool, was? Was ist dein Lieblingstier, Billy?«
Der Kleine ist fasziniert. Reglos wie eine Statue sitzt er da, mit großen Augen und einem bisschen Sabber am Kinn, und Mia muss sich auf die Lippe beißen, um sich ein Lachen zu verkneifen. Das arme Kind! Es hat noch nie erlebt, dass ein Mann in der Wohnung so mit ihm redet, geschweige denn sein eigener Vater. Was für eine Riesenüberraschung!, denkt er jetzt wahrscheinlich. Daran könnte ich mich gewöhnen.
Ich mich auch, überlegt Mia, als sie sich die Gedanken ihres Sohnes vorzustellen versucht.
Denn so sollte es ja auch sein. So stellt sich Mia ein Familienleben vor: sie in Eduardos Hemd, sexy und schlicht zugleich, mit braun gebrannten
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