Kleine Portionen
Oliven, eine riesige Scheibe Feta-Käse oben drauf. Die einzigen Gewürze waren Oregano und das leckere, örtliche Olivenöl. Meine griechischen Freunde erzählten mir, dass die Zutaten grob geschnitten wurden, damit sie ihren Saft bewahrten.
Diese Mahlzeiten fanden in der duftenden Atmosphäre des Jasminschattens statt, Zikadenlieder erfüllten die Luft, ein heißer Wind strich über unsere Haut, das ruhige Dorfleben um uns herum ging weiter. Die periptero-Dame verkaufte ihre Zigaretten, Zeitungen, Süßigkeiten. Alte Frauen in Schwarz schlurften langsam zu dem kleinen Stand, wo Gemüse verkauft wurde. Notis Sfakianakis sang im Radio, seine Stimme purer Samt, seine Worte unverständlich, aber voller Leiden und Verhei ß ungen. Unsere Freunde diskutierten laut auf Griechisch, in diesem vertrauten, noch ungezähmten Singsang, den ich so sehr liebte.
Es fühlte sich an, als wäre ich heimgekommen. Heimgekommen in mein verlorenes Paradies.
Zwei Flughäfen
Als wir aufbrechen, grüßt uns ein bleierner und regnerischer Himmel, als ob Paris traurig wäre, dass wir abreisen. Wir gehen zu Fuß zum Gare du Nord, ziehen unsere Koffer auf dem geflickten Pflaster hinterher. Um uns herum summt es vor Menschen, die Rue Marx Dormoy sieht geschäftig aus, Autos hupen, die Stadt ist trotz der frühen Stunde schon hellwach.
Die RER bringt uns zum Flughafen. Leider haben wir einen SwissAir-Flug mit einer Zwischenlandung in Zürich gebucht. Deshalb fliegen wir vom Aérogare 1 ab. 100% Beton, hässlich, vollgestopft und völlig unpraktisch. Der Wirklichkeit gewordene Alptraum des Flugreisenden. Zum einen ragen eigenartige Säulen an den idiotischsten Stellen empor. Die Leute stehen so sonderbar Schlange, dass Schlange Stehen zur leeren Floskel verkommt. Franzosen können einfach nicht Schlange stehen. Resultat, die meisten Durchgänge im Aérogare 1 sind mit dem Chaos, das Franzosen »Schlange« nennen, verstopft. Darüber hinaus haben die Flughafenbehörden nur auf den Sommer und den größten Reisestrom gewartet, um den Aérogare 1 umfassend zu renovieren. Was das Durcheinander, das der Architekt bereits im Entwurf eingeplant hat, noch verstärkt.
Schließlich finden wir den richtigen Check-in Schalter und stellen uns hinter mindestens fünfzig anderen Passagieren an; lauter Schwarze, die aufgeregt durcheinander plaudern. Ich habe noch nie so viel Reisegepäck gesehen, einige Stapel sind höher als die Männer, die sie schieben. Offenbar werden manche Familien in Ouagadougou, wo unser Flugzeug nach dem Zwischenstopp in Zürich weiter hinfliegt, haufenweise Geschenke bekommen.
Endlich nehmen wir unsere Plätze im Flugzeug ein. Neben einem schreienden kleinen Mädchen, klar. Mein Glück. Der Kapitän gibt durch, dass wir auf einige Passagiere warten müssen, die spät dran sind. »Wenn sie schnell eintreffen, heben wir bald ab, wenn sie nicht schnell eintreffen, na ja, dann wird es länger dauern«, scherzt er.
Der Himmel über Zürich sieht noch düsterer aus als in Paris. Ein Gewitter bricht gerade über uns herein, dadurch verzögert sich unser erneuerter Abflug. Sebs Handgepäck fasziniert die Kantonspolizisten, sie durchwühlen seine Sachen, bis sie ein kleines Messer in einer versteckten Innentasche finden. Seb erklärt kleinlaut, dass er es vor einigen Jahren einem seiner Schüler abgenommen und seither vergessen hat. Die Frau von der Kantonspolizei zuckt einfach mit den Schultern, lacht und wirft das Messer in einen Abfalleimer. Was ich mich jetzt frage: wie konnten die französischen Sicherheitskräfte das Messer übersehen? Wir sind auf dem Pariser Flughafen überprüft, unser Handgepäck ist geröntgt worden. Aber ich erinnere mich, dass sie sehr damit beschäftigt waren, miteinander über das schlechte Wetter zu schimpfen.
Wir erreichen Wien am Nachmittag und nehmen den Bus bis zum Westbahnhof, wo wir unser Gepäck verstauen. Seb und ich spazieren die Mariahilfer Straße hinunter und finden schließlich in einem netten Café Schutz vor dem Nieselregen. Wir bestellen Kaffee und Torte.
Es riecht nach frisch gemahlenem Kaffee, Zucker und regennassem Asphalt. Es riecht nach vierzehn Tagen zu Hause.
Bei meiner Schwester
Seb und ich stehen auf dem Gang vor der Wohnungstür meiner Schwester, rauchen schweigend und schauen beim Fenster raus. Unser Blick fällt auf den kleinen gepflasterten Innenhof, die Fassaden und Dächer und Fenster der anderen Wohnhäuser. Die junge, blonde Nachbarin auf der anderen Seite des
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