Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Titel: Kleine Rache zwischendurch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Fritz Müller
Vom Netzwerk:
herumfuhrwerken.«
    »Ich weiß«, pflichtete Thorn ihm eifrig nickend bei, »das ist ein ausgefeiltes System, sehr gut gemacht.«
    »Ja, er kann auf jeden Rechner zugreifen, nur - ich konnte das auch. Und weil er der Einzige sein wollte, der das kann, hat er mich kurzerhand gefeuert.«
    Krefeld trauerte Großmann & Sichel nun nicht mehr nach. Er hatte längst einen mindestens ebenso gut bezahlten Job gefunden. Sein derzeitiger Auftrag war selbstverständlich die absolute Spitze, leider aber nur auf kurze Zeit begrenzt. Doch die willkürliche Kündigung, weder durch betriebliche Umstände noch durch sein Versagen begründet, ärgerte ihn doch. Er sagte sich, wenn der Unternehmer seine Mitarbeiter ohne wirklichen Grund feuern darf und dabei vom Gesetz auch noch geschützt wird, dann hatte der gefeuerte Mitarbeiter das moralische Recht, dem Unternehmer einen Denkzettel zu verpassen. Das juristische Recht kümmerte ihn bei seiner Überlegung nicht mal am Rande. Schließlich war das Recht von den gleichen Leuten entworfen worden, denen es diese und andere Vorteile brachte. Womit der Begriff Recht nicht nur als aufgeweicht und zweifelhaft, sondern als völlig unseriös bloßgestellt war. Selbstverständlich hatte Großmann das ganze Ritual eingehalten, angefangen von den zwei vorgeschriebenen schriftlichen Abmahnungen bis hin zu der Erfindung des betrieblichen Kündigungsgrunds und der großzügigen Abfindung.
    Ingrid, oder wie auch immer seine derzeitige Chefin heißen mochte, hatte ein ganz anderes Interesse an Großmann & Sichel, aber er war sich nicht mehr so ganz sicher, ob sie tatsächlich nur im Auftrag der Steuerfahndung arbeitete. Um an ihr Ziel zu gelangen, verfuhr sie nicht gerade zimperlich. Ihre Methoden jedenfalls konnte sie kaum auf einer Verwaltungsschule gelernt haben. Aber ihn kümmerte das wenig. Er war froh, sich da einklinken zu können, um Großmann einen leichten Extrahieb zu verpassen. Aber dazu war Thorn unentbehrlich, wenn Ingrid das auch noch nicht so deutlich sah wie er.
    Ein paar Krakeeler stolperten in den >Banditen< und brachten Krefeld zurück in die Gegenwart. Thorn hatte Krefeld lange beobachtet, aber Krefeld war das entgangen.
    Die beiden waren bei den zweiten Tassen angekommen. Diesmal hatten sie den Kornbrand >Fürst Bismarck< dazubestellt.
    »So ist das also«, sagte Thorn nachdenklich. »Ich habe die Sonderrechte des Chefs nicht, weil ich den Einstieg nicht kenne. Aber du kennst ihn. Andererseits, wenn ich es mir richtig überlege, solange ich nur das weiß, was ich jetzt weiß, droht mir dein Schicksal nicht. Und wozu muss ich wissen, wer in dieser Firma wen betrügt, wer sich mit wem heimlich oder auch nicht heimlich verabredet? Lebe ich nicht viel ruhiger, wenn ich mich darauf beschränke, defekte Computer zu reparieren, den Kollegen zum x-ten Mal zu zeigen, wie eine Druckerpatrone gewechselt wird und wie man die automatische Silbentrennung dauerhaft einstellt?«
    Krefeld beugte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und lachte: »Du willst deinen Job sicher behalten, aber du willst auch in der Firma herumspionieren. Was ist nun stärker: deine Angst oder deine Neugier?«
    Das wollte Thorn noch nicht entscheiden. Er wartete ab, bis er die Risiken kannte. Und die sollte Krefeld ihm nennen.
    Aber Krefeld nannte sie ihm nicht. Was war ein Risiko? Das schätzte jeder anders ein. Wer an seinem Job klebte, für den bedeutete es ein großes Risiko, nicht zu lachen, wenn sein Chef einen uralten Witz jede Woche neu erzählte.
    Krefeld musste sich sehr bemühen, so gelassen wie bisher zu bleiben. Er brauchte diesen Thorn, aber seine Chefin Ingrid wollte ihn nicht sehen, oder vielmehr nicht von ihm gesehen werden. Bezahlt werden durfte Thorn, doch es wäre viel günstiger und weniger gefährlich, wenn er sich benutzen ließe, ohne zu ahnen, wozu. Um Geld ging es nicht. Geld spielte bei diesem Unternehmen keine Rolle. Das hatte er schnell begriffen.
    »Wenn ich das Passwort des Chefs hätte«, griff Thorn sein Thema wieder auf, »dann könnte ich zwar wie er auf jeden Computer zugreifen, aber er würde es merken. Es sei denn ...«
    Krefeld schüttelte den Kopf und unterbrach Thorn sofort: »Er merkt es auf jeden Fall, auch wenn er wochenlang sein Büro nicht betritt. Es wird alles aufgezeichnet, wie in der Blackbox eines jeden Flugzeugs. Du hast keine Chance.«
    Krefeld ließ ihn zappeln. Thorn war heiß auf das Passwort wie auf ein scharfes Girl. Thorn war wirklich heiß. Er

Weitere Kostenlose Bücher