Kleine Rache zwischendurch (German Edition)
ließ nicht locker: »Und wenn ich einen neuen Computer mitbringe, einen Laptop zum Beispiel, erkennt das System den auch?«
»Den willst du also unbemerkt in den Betrieb einschleusen und ebenso unauffällig wieder mit nach Hause nehmen? Wo willst du ihn in der Zwischenzeit lassen?«
Krefeld schüttelte den Kopf. Er sah sich nach der Bedienung um. Es sah aus, als wollte er zahlen und gehen. Thorn war enttäuscht. Er hatte sich von diesem Treffen bedeutend mehr erhofft. Was heißt hier mehr: Bis jetzt war ja überhaupt nichts herausgesprungen.
«Übernimmst du meinen Kaffee und den >Bismarck«
»Selbstverständlich. Gibt es also gar keine Möglichkeit?«
Es klang völlig hoffnungslos. Krefeld legte einen Briefumschlag auf den Tisch und sagte: »Auf der CD ist das Passwort. Nur ich kenne es bis jetzt. In einem nicht mehr benutzten Raum mit allerlei Schrott steht ein alter Computer. Wo du ihn findest und wie du ihn anschließen musst, steht auch auf der CD. Diesen alten Rechner erkennt das System nicht. Das hatte ich damals vorsorglich so eingerichtet.«
Krefeld erhob sich, wollte schon gehen, zögerte aber und sagte: »Ich melde mich wieder bei dir. Und wenn alles so klappt, wie du dir das wünschst, dann schickst du mir die Nachricht: >Oma geht es wieder besser<, oder so ähnlich. Aber halte dich an die Vorschrift auf der CD. Jede Abweichung davon führt direkt in deinen Untergang.«
Thorn war auch aufgestanden und dicht an Krefeld herangetreten: »Und du?«, fragte er, »was wolltest du eigentlich von mir?«
Krefeld nickte und deutete auf den Stuhl, auf dem Thorn bisher gesessen hatte. Er sah auf seine Uhr. Es war inzwischen kurz vor Mittag geworden, und er wollte nun doch hier essen. Thorn war das recht. Doch andererseits konnte er seine Neugier auf das Passwort kaum bezähmen. Und wo sollte der alte Computer stehen? Er hatte sich in der Firma gründlich umgesehen, aber ihn nirgendwo entdecken können. Krefeld musste ihn gut versteckt haben.
Thorn aß hastig. Er schien kaum zu schmecken, was er aß. Der Briefumschlag in seinem Jackett knisterte, wenn er sich vorbeugte.
»Sag` mal«, fragte er Krefeld und spülte den Bissen mit einem Schluck Wasser hinunter, »hast du dir nicht ein eigenes Passwort eingebaut, das auch funktioniert, wenn Groß ..., also wenn die Unternehmensleitung alle anderen ändert?«
Krefeld kaute weiter. Er deutete nur auf Thorns Brusttasche, in welcher der Umschlag mit der CD steckte.
»Das steht da drin?«
Krefeld nickte. Jetzt nickte auch Thorn. Ihm war klar, Krefelds Hintertürchen ließ sich wegen der Firewall nicht von außen öffnen, nur von innen. Krefelds Wunsch war es also, sich in der Jachtwerft unbemerkt umzusehen. Er war folglich tatsächlich bei einer geheimen Steuerfahndung im Ausland beschäftigt. Nicht ganz legal, wie ihm schien, aber das hatte er nicht zu beurteilen, er war Informatiker, nicht Jurist. Thorn legte das Besteck beiseite und hörte auf zu kauen. Er versuchte lange, sich auf die neue Situation einzustellen.
»Dein Essen wird kalt«, sagte Krefeld, tupfte sich die Lippen ab und legte die Serviette auf den Teller. Er hielt die linke Hand vor den Mund und stocherte mit dem kleinen Finger der rechten zwischen seinen Zähnen herum. Mit wenig Erfolg, denn er entschuldigte sich für einen Moment und schlug den Weg zur Toilette ein.
Thorn schob nun auch seinen Teller beiseite, lehnte sich zurück und verwahrte den Umschlag in einer anderen Innentasche seines Jacketts, in einer, die er mit einem Reißverschluss sichern konnte. Er hätte nicht gedacht, wie ihre beiden Wünsche sich gleichen würden. Verdeckte Steuerfahndung. Also doch! Und er sollte dabei mithelfen. Das heißt: Seine Neugier war auf einmal nicht mehr nur bloße Neugier, sondern staatlich sanktionierte Fahndung. Mehr oder weniger staatlich. Mehr oder weniger sanktioniert.
Krefeld kam zurück und bemerkte sofort Thorns rote Ohren. Krefeld hatte sich noch nicht wieder richtig gesetzt, da sagte Thorn ihm, was er sich inzwischen überlegt hatte. Krefeld hörte ihm zu und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie er sich über die völlig richtigen Folgerungen Thorns freute.
»Ja«, sagte er abschließend, »wenn ein Unternehmer sich illegal und raffiniert Vorteile verschafft, dann muss der Staat manchmal auch zu illegalen und raffinierten Maßnahmen greifen. Was genau ich von dir haben möchte, erläutere ich dir in einer E-Mail. Verschlüsselt selbstverständlich. Das Programm zum
Weitere Kostenlose Bücher