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Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Titel: Kleine Rache zwischendurch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Fritz Müller
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aussehen.«
    17.
    Julia lag wieder auf dem drei Meter langen Sofa von Christian Liage. Sie hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und die Beine angezogen. Ihre Beine waren nackt, wie immer, wenn sie allein zu Hause war. Sie lag auf dem Rücken, aber nicht entspannt oder gar zufrieden. Sie ärgerte sich. Mehr noch: Sie war wütend. Sie kam nicht voran. Die Zeit drängte. In den nächsten Tagen sollte die Neuseelandregatta gestartet werden. Alle Jachten und ihre Crews, deren Teilnahme gemeldet worden war, lagen bereits an der Pier. An allen Schiffen wurde gearbeitet, geflickt und geputzt. Mitten unter ihnen Friedangers und Großmanns Jachten, nur durch ein koreanisches Schiff getrennt.
    Julia hatte Friedanger vor Wochen gefragt, ob er sein Schiff nicht mit einem vorläufigen Segel ausrüsten und mit einem Segelmacher nach Neuseeland schicken könnte. Mit einem, der in der Lage war, ganz schnell ein Neues nach Zeichnung anzufertigen. Friedanger laminierte seine Segel alle in einem Stück auf der Slyne-Maschine, aber die war ortsfest. Unmöglich, sie nach Neuseeland zu transportieren. Zum Glück beschäftigte seine Werft einen alten Segelmacher, der noch mit Nadel und Faden umgehen konnte.
    »Verdammt«, knirschte Julia, als sie mit Friedanger telefonierte, »wir sind dicht dran, aber es geht alles zu langsam. Wenn wir die Daten nicht rechtzeitig bekommen, verlieren Sie alles. Der einzige Trost ist, unser Freund hat die Daten auch noch nicht. Ich verspreche Ihnen: Wenn Sie das Wundersegel nicht rechtzeitig bekommen, dann bekommt er es auch nicht. Die Lösung dafür habe ich schon in Kanister gefüllt.«
    »Um Himmels Willen, das ist ja lebensgefährlich, Sie werden doch nicht ...«
    »Doch. Ich werde!«
    »Bitte lassen Sie das bleiben, ich kann das nicht verantworten. Was ist, wenn Ihnen ein Geheimdienst, BND, CIA oder ein anderer auf die Schliche kommt?«
    Julia lachte. Es war ein herzhaftes, ein freies Lachen. »Vor denen fürchten Sie sich?«, fragte sie glucksend, »gerade die sind so harmlos wie Fencheltee. Die großen staatlichen Geheimdienste, seit Jahrzehnten etabliert, erstarrt in Bürokratie, faul und fett geworden als Beamte auf Lebenszeit: Die finden mich nie, die würden nicht mal einen Riesentanker bemerken, wenn er auf ihrem Parkplatz läge. Gefährlich werden kann mir nur ein ehrgeiziger Detektiv. Edmund, machen Sie Ihre Arbeit, ich mache meine. Ich muss allein auf mich aufpassen.«
    Dieses Gespräch wurde über Funkgeräte mit Sprachverschlüsselung geführt.
    Friedanger bewunderte den Mut von Frau Julia Getti. Aber für sie stand nicht ihr Risiko im Vordergrund. Das wischte sie mit einer verächtlichen Geste vom Tisch. Für sie war viel schlimmer, wie sie Friedanger, den Menschen, dem sie helfen wollte, angelogen hatte. Sie hatte gesagt, sie sei dicht dran, aber daran war keine Silbe wahr. Sie hatte die Hoffnung bereits begraben, Friedanger noch rechtzeitig das Siegersegel liefern zu können. Sie konnte ihm vielleicht den gleichen Schnitt bringen, den auch Großmann bekam, aber damit würde Friedanger verlieren. Großmann würde immer auf Risiko segeln. Der hatte nur den Sieg im Auge. Und wenn das Material auf der Strecke blieb? Das interessierte ihn überhaupt nicht. Er wollte gewinnen, diese Regatta und alle folgenden und damit einen neuen Kundenkreis, vor allem den, der immer noch bei Friedanger kaufte.
    Friedanger liebte sein Schiff. Er würde das Material nie jenseits seiner Grenze strapazieren. Er würde reffen, um das Schiff zu schonen, wogegen Großmann segelte, wie das bei internationalen Rennen üblich war. Man musste als Erster ins Ziel kommen. Ob die Jacht danach nur noch ein Haufen Bretter war oder nicht, danach fragte niemand.
    Gleiches Schiff, gleiche Segel, gleiche Chancen. Diese Gleichung ging nicht auf. Gleiche Chancen bekam Friedanger nur mit einem besseren Segel. Oder mit ein bisschen Rauch in der Jachtwerft Großmann & Sichel. Das schien Julia zwar nicht der bessere Weg zu sein, aber der Einzige, der jetzt noch sicher zum Ziel führen konnte. Aber ein Feuer war nicht das, was sie wollte. Sie war kein Brandstifter, doch was sollte sie tun? Krefeld hatte nichts erreicht. Von den Daten des Segels und dem Berechnungsverfahren war in Großmanns Werft nicht die Spur zu finden gewesen. Thorn war völlig ohne jeden Gewinn eingeschaltet worden, und wozu sie das Büro in Amsterdam gemietet hatte, das wusste sie jetzt auch nicht mehr. Selbst die Minispione in Großmanns Büro hatten

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