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Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Titel: Kleine Rache zwischendurch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Fritz Müller
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die ganz bestimmte Vorstellungen von Polstermöbeln, Täfelung und den Tischen hatte. Sie war mit jedem Vorschlag, den Großmann ihr anbot, unzufrieden. Großmann kramte immer neue Angebote hervor, aber langsam wurde er nervös. Die Dame hatte schon lange die Geduld verloren. Sie lief im Zimmer auf und ab und redete mit den Händen. Aber am meisten nervte ihre Stimme, die sich anhörte, als sei die Dame mitten im Stimmbruch.
    Als der Vertrag schließlich doch nicht unterschrieben wurde, die Kunden aber endlich gegangen waren und Großmann völlig erledigt in seinem Schreibtischsessel hing, klebten drei Wanzen, verteilt unter den Möbeln.
    Am nächsten Tag funktionierte das Telefon nicht mehr. Ein Mechaniker vom Schnelldienst Tempofix, reparierte das Gerät im Handumdrehen. Als er seine Werkzeugtasche schloss, die Unterschrift unter dem Auftrag hatte und die Tür hinter sich zuzog, waren es sechs Wanzen.
    Dann kam ein alter schwerhöriger Japaner und kaufte ohne viele Umstände ein ziemlich teures Schiff. In seiner Jackentasche steckten auch drei Wanzen. Aber er suchte den Raum erst mit seinem Minispionfinder ab. Falls das Gerät eine Wanze fand, meldete sich das Hörgerät des alten Herrn mit einem Heulton. Und es meldete sich. Sechsmal. Der Japaner überzeugte sich durch sein Gehör von der ausgezeichneten Güte dieser Winzlinge, unterschrieb befriedigt den vorläufigen Auftrag, in welchem seine Sonderwünsche festgehalten waren, und beließ es bei den sechs Wanzen. Selbstverständlich kam kein Kaufvertrag zustande.
    In der Nacht blieben auf dem Firmenparkplatz von Jachtbau Großmann & Sichel drei Autos stehen. Das hatte es noch nie gegeben. Welcher Kunde würde mit dem Taxi nach Hause fahren und sein Auto bei der Werft stehen lassen? Aber diese drei Wagen waren liegen geblieben. Defekt. Bei allen Dreien waren die Reifen zerstochen worden. Das war äußerst ungewöhnlich. Großmann und auch keiner seiner Mitarbeiter konnte sich erinnern, jemals so etwas hier erlebt zu haben. Hier verkehrten weder Automarder noch Radiodiebe. Und für Neonazis und Straßengangs war die Gegend viel zu einsam.
    Dieser ungewöhnliche Vorfall musste genau untersucht werden. Das dauerte selbstverständlich ein paar Tage. In diesen Tagen liefen die unter den Rücksitzen versteckten Tonbandgeräte sicher an, wenn im Zimmer von Direktor Großmann gesprochen wurde, und zeichneten alles in guter Qualität auf.
    Detektiv Hellbach hatte einen anstrengenden Tag hinter sich. Die Füße schmerzten ihm. Jetzt lag er in seinem Schreibtischsessel und hatte die Beine auf einen Hocker gelegt. Der Hocker diente als Fußbank. Aber da Fußbänke schon vor langer Zeit gänzlich aus der Mode gekommen waren, musste Hellbach auf diesen Notbehelf ausweichen. Neben ihm saß Marion, genau wie er mehr liegend als sitzend. Auch ihre Beine lagen auf einem Hocker. Sie war zwar nicht pflastermüde, sie hatte den ganzen Tag im Büro gearbeitet, aber ihre Beine waren so wohlgeformt, da wäre es ein Jammer gewesen, wenn sie den ganzen Tag lang unter einem Tisch versteckt geblieben wären. Auf dem Schreibtisch standen zwei Gläser, zwei unterschiedliche Gläser, denn Hellbach bevorzugte Rotwein, wogegen Marion lieber trockenen Weißen trank. Und zwischen den Gläsern stand ein Tonbandgerät. Der Lautsprechergrill war eingebeult und die Playtaste sah aus, als hätte jemand sie als Aschenbecher benutzt, so verschrumpelt war sie. Der Lautsprecher war aber noch einigermaßen intakt. Er klirrte ein bisschen. Der Streit zwischen Vater Großmann und Sohn war trotzdem einwandfrei zu hören. Hellbach gähnte, so langweilig war das für ihn. Marion gähnte zwar nicht, aber auch sie hörte nicht mehr richtig zu. Beide atmeten auf, als das Band endlich zu Ende war.
    »Wir sollten uns mal mit Junior Großmann und dem Windkanal befassen. Das wenigstens wissen wir jetzt. Was meinst du, ist sonst noch was von dem Tonband zu gebrauchen?«
    Marion schüttelte ihren Kopf.
    »Na gut, machen wir Feierabend. Grüße deinen Verlobten von mir und bringe diese hübschen Beine morgen wieder mit!«

    Rex Palmer hatte Urlaub. Er hatte sich in seinen Großvatersessel gesetzt, die Lehne in Liegestellung gekippt und die Augen geschlossen. Seine Schuhe lagen teils neben, teils unter dem Sessel. Auf dem Schreibtisch standen in greifbarer Nähe ein Glas mit Riesling und ein Tonbandgerät. Es war ein japanisches. Nicht für den Export vorgesehen, denn auf den Tasten standen japanische Schriftzeichen. Rex

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