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Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Titel: Kleine Rache zwischendurch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Fritz Müller
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dem Wege zur U-Bahn war die Verbindung zwischen Julia und Wolfram nicht mehr zu erkennen.
    Wolfram Krefeld führte gleich ein längeres Gespräch mit Leo Thorn und überzeugte ihn, nun müsse er seinen Chef irritieren. Leo sollte Unsicherheit verbreiten. Das war nicht weiter schwierig. Er klärte Großmann über die Unsicherheit des Computers am Windkanal auf, gespickt mit Fachausdrücken, die alle recht gefährlich klangen. Hochschulrechner, meinte er, seien schließlich jedem Studenten zugänglich. Markus Großmann reagierte wie gewünscht und beauftragte seinen Computerexperten, unverzüglich alles zu unternehmen, um den Computer am Windkanal dichtzumachen. Die Genehmigung der Hochschule erhielt er sehr schnell, praktisch sofort.
    Leo Thorn machte sich auch gleich an die Arbeit. Das heißt, er installierte ein Programm, das alle Messergebnisse sofort an das Amsterdamer Büro schickte, sobald jemand sie von der Festplatte auf eine CD herunterlud. Wenn Heiko Großmann weiter so engagiert arbeitete, würde er seine Messreihen in vier Tagen beendet haben. Dann konnte Thorn das Transferprogramm bequem von seinem Computer aus zerstören. Danach würden auf der Festplatte des Rechners am Windkanal keine Reste mehr zurückbleiben, aber vorläufig versah es seinen Dienst exakt und unbemerkt.
    Wolfram Krefeld empfing in dem Amsterdamer Büro die ersten Daten und wertete sie aus. Es funktionierte alles wie geplant. Er legte die Beine auf den Tisch und wartete seelenruhig die nächste Sendung ab, deren Ankunft die Soundkarte mit dem Schlusschor von Beethovens 9. Sinfonie, der Ode an die Freude, ankündigte. Durchaus passend.
    Jeder folgende Datensatz würde zu einem >schnelleren< Segel führen, aber mit der Annäherung an das Ideal müssten die Verbesserungen immer kleiner werden. Sollte die Zeit davonlaufen, konnte er aufhören, auch wenn Heiko Großmann noch weiter nach einem Optimum suchte. Großmanns Segel war wegen der falschen Kennlinien, die der >Geier< nun genauso zuverlässig bewachte wie vorher die richtigen, ohnehin nicht mehr tauglich.
    Ein paar Tage noch und dann würde Julia wieder die brave Gemahlin des berühmten Rechtsanwalts sein und sich von Sandra die Fingernägel pflegen lassen können. Sie hoffte, jemand würde recht bald den alten VW und das Tonbandgerät finden und daraus auf einen Spion schließen, der sich neugierig in der Villa umhörte. Das würde diesen Jemand für eine Weile davon abhalten, sich den Computer am Windkanal anzusehen, falls er überhaupt auf diese Idee käme. Die Irreführung des Gegners gehörte schon immer zu Julias bevorzugten Taktiken. Ein paar Tage noch, und die Welt würde wieder so schön sein wie lange nicht mehr.
    18.
    Am Sonnabend kam Dr. Armin Getti aus Frankfurt zurück und schloss seine Julia strahlend in die Arme. Sie drückte und küsste ihn herzlich, vielleicht ein bisschen zu wild für die Gemahlin des berühmten Anwalts, aber das sah er ihr nach. Zu Hause war ihm eine geschmeidige Katze, die auch manchmal ihre Krallen ausfuhr, bedeutend lieber als eine stocksteife, wohlerzogene Dame. Nur in der Öffentlichkeit sollte sie ihre Würde bewahren. Ab und zu vergaß sie das aber, weil sie manchmal nicht genau wusste, wer alles zur Öffentlichkeit gehörte und wer nicht – Rex Palmer jedenfalls nicht, meinte sie. Rex Palmer selbstverständlich auch, meinte er. Sie beharrte niemals auf ihrer Meinung, stritt nicht und lächelte nur dazu. Und wenn ihn das nicht umstimmte, zog sie einen Schmollmund, genau den, mit dem sie Friedangers Luxusjacht und so manches andere gewonnen hatte.
    Zum Tee war Rex Palmer eingeladen worden. Von beiden. Julia wollte ihn endlich wieder einmal sehen und vielleicht auch etwas Neues von ihm erfahren, was ihr nützlich sein konnte. Aber das stand nicht im Vordergrund. Und Armin wollte mit ihm über seine erfolgreiche Frankfurter Verteidigung reden. Rex war der Einzige, dem er seine Berufsgeheimnisse anvertrauen durfte, ohne in den Verdacht zu geraten, die Schweigepflicht verletzt zu haben.
    Julia brauchte sich um den Haushalt nicht zu kümmern. Das war nicht Julias Wunsch gewesen; sie hätte sogar ganz gern ein bisschen gebrutzelt. Nicht täglich, aber doch ab und zu. Es war Armin, der ihr nahegelegt hatte, ihre Rolle als Hausfrau nicht in der Küche zu spielen. Auch den Einkauf sollte sie der gelernten Köchin überlassen, die sich um den gesamten Haushalt kümmerte und die Zugehfrau kontrollierte. Den Begriff >Zugehfrau< hatte Julia von ihrer

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