Kleine Rache zwischendurch (German Edition)
sie den Namen des Detektivs herausfinden, den Großmann beauftragt hatte? Ging von diesem Detektiv die Gefahr aus? Julia wagte nicht, weiter zu fragen. Sie musste diese Detektei unbedingt aufsuchen.
19.
Julia stellte ihren Jaguar auf dem großzügig angelegten Parkplatz ab und schritt auf das Bürogebäude aus Glas und Stahl zu, als wäre das ihr täglicher Weg. Die Glastüren verschwanden lautlos in der Wand. Der Empfang war für ihren Geschmack viel zu protzig mit Skulpturen und riesigen Wandgemälden ausgestaltet worden. In den Sesseln, die nicht gerade der Minimalist Kay Thoss entworfen hatte, sollte man gemütlich versinken, sich hineinkuscheln können, aber man kam sich darin wie in dem ganzen Gebäude nur klein und mickrig vor. Der Empfang verstärkte diesen Eindruck noch. Julia schritt auf einen der vier Fahrstühle zu. Vom Empfang her rief eine Stimme, die Julia sehr angenehm empfand, ob sie ihr helfen könnte. Julia lenkte ihre Schritte in Richtung dieser Stimme, aber als ihr eine Wolke >nanadebary<, viel zu stark, geradezu brutal aufgesprüht, entgegenschlug, verzichtete sie auf diese Hilfe und war kurze Zeit später in einem der Lifts verschwunden. Die Tür war bereits dabei, sich zu schließen, als ein Mann, so um die Vierzig, hochgewachsen, sportliche Figur, korrekt gekleidet, nur die Farbe seiner Krawatte war abscheulich, sich im letzten Augenblick hindurchzwängte. Julia blickte ihn kurz missbilligend an, und er beeilte sich, den offenbar nicht gerade günstigen Eindruck, durch einen noch ungünstigeren zu ersetzen. »Darf ich Ihnen behilflich sein? Wohin möchten Sie denn?«, fragte er, aber in seinem Blick lag das pure Begehren. Das störte Julia nicht. Männer waren eben so. Und dieser Bursche sah zudem recht gut aus. Aber sie antwortete nicht. Stattdessen reichte sie ihm eine Visitenkarte, die sie zwischen Zeigefinger und Mittelfinger, ganz lang ausgestreckt, geklemmt hatte. Die Wirkung dieser Geste hatte sie vor dem Spiegel einstudiert.
»Oh!« rief er, »das ist die Karte meines Vaters. Gestatten, Hellbach, Gero Hellbach, ich bin der Sohn.«
Er wollte einen Schritt auf sie zu treten, aber er hielt sich zurück: »Bitte sehr, wir sind gleich da. Wie haben Sie meinen Vater denn kennengelernt - wenn ich fragen darf?«
»Wie ich Ihren Vater kennengelernt habe? Ich habe ihn als klug, zurückhaltend, charmant, verständnisvoll, vor allem aber als unaufdringlich, kennengelernt. Ich nehme an, sein Sohn wird versuchen, ihm in allen diesen Eigenschaften nachzueifern.«
Gero Hellbach wusste nicht recht, ob das ein Lob, ein Ansporn oder gar eine Kritik sein sollte. Julia hatte nichts gegen ihn. Sie wollte sich nur eine günstige Ausgangsposition verschaffen. Sie kam nicht als Bittsteller, sondern als Auftraggeber. Ängstliche Typen werden immer übervorteilt. Nur wer überlegen auftritt, kann eine faire Behandlung erwarten. Um Geld ging es ihr wie stets nicht: Sie wollte eine Auskunft haben, eine, mit der sie auch etwas anfangen konnte.
Gero geleitete die Besucherin den Gang entlang zu seinem Büro, an dessen Tür ein Schild aus Edelstahl mit seinem Namen hing. Die Schrift war im Jugendstil gehalten. Julia blieb davor stehen und lächelte. Sie spielte einen weiteren Trumpf aus und sicherte sich ihre Überlegenheit endgültig, noch bevor er wusste, weshalb sie zu ihm gekommen war: »Modern. Sehr modern. Das Material. Und die Schrift auch. Jugendstil, klingt nach Frische, nach Jugend eben.«
Gero Hellbach nickte eifrig und fühlte sich geschmeichelt. Er wollte antworten, genau so hatte er das geplant, nur habe es vor ihr leider noch nie jemand bemerkt. Er wollte ein hochnäsiges >Perlen-vor-die-Säue< anbringen, aber Julia sagte ganz fachmännisch: »Sie müssen das ändern. Form und Inhalt, verstehen Sie? Es passt nicht zusammen. Im Jugendstil gab es diesen Edelstahl noch nicht.«
Ob das stimmte, wusste Julia nicht. Darauf kam es auch gar nicht an. Wenn Junior Hellbach die Geburtsstunde der Edelstähle nach mühseliger Suche endlich kennen würde, wäre sie längst wieder verschwunden. Entscheidend war ihre Wirkung auf ihn jetzt.
Julia betrat das Vorzimmer der Detektei Hellbach. Auch hier wieder ein Duft von >nanadebary<, wie unten am Empfang, diesmal aber dezent, sehr angenehm. Julia kaufte bei Tatjana de Bary auch gelegentlich ein. Die Sekretärin Marion Bayer kam hinter ihrem Schreibtisch hervor und begrüßte Julia: »Guten Tag, Frau Getti.« Sie reichte ihrem Chef einen Kleiderbügel für
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