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Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Titel: Kleine Rache zwischendurch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Fritz Müller
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lief keine gewöhnliche Tonbandkassette, die nach neunzig Minuten voll war. Das Gerät, das er jetzt in seinen Händen hielt, konnte ohne Unterbrechung einhundertachtzig Stunden lang aufzeichnen. Aber wenn in der Villa alles ruhig war, dann schaltete das Gerät sich ab. Wer auch immer den alten VW hier abgestellt hatte, konnte sich mindestens eine Woche Zeit lassen, in einer finsteren Nacht kommen und das Band wechseln. Welcher Detektiv würde sich so lange auf die Lauer legen? Er jedenfalls nicht.
    »Was fangen wir damit an?«, fragte er Marion. Er meinte das Gehörte, nicht das Gerät. Das würden sie gleich wieder unter die Decke stecken.
    »Ich denke, Großmann testet in einem Windkanal das Segel, das er für die Regatta braucht. Das wissen wir ja schon lange. Aber wo steht der Windkanal?«
    »Du meinst, was Friedanger interessiert, sind diese Testergebnisse?«, fragte Gero, zuerst ziemlich skeptisch, dann aber glättete sich seine Stirn. »Das könnte durchaus sein. Die beiden Jachten sind identisch. Es gewinnt, wer die besseren Segel hat. Wie kommt man zu besseren Segeln? Aus Messungen in einem Windkanal.«
    »So einfach ist das also«, lachte sie. Aber Gero stimmte nicht mit ein. Irgendetwas gefiel ihm noch nicht. Marion wollte wissen, worüber er jetzt noch nachdachte, der Windkanal sei das Geheimnis, dort müssten sie sich schleunigst mal umsehen. Das hätten sie längst tun müssen. Gero stellte seinen linken Fuß auf den Getriebetunnel, lehnte sich an die Türverkleidung und verschränkte die Arme vor der Brust. Dann sprach er ganz langsam, als müsse er alles noch einmal überdenken: »Aber wenn das so ist, dann weiß Friedanger doch, wo er suchen muss, nämlich im Computer des Windkanals. Was sollen dann die Wanzen hier? Er braucht doch die Daten des Segels. Daten, nach denen ein Segelmacher den Stoff zuschneiden und nähen kann. Die liest doch in der Villa niemand laut und deutlich vor. Wozu denn? Auf dieser Kassette finden wir die Daten jedenfalls nicht. Also, Marion, was soll dieser Lauschangriff hier?«
    Sie fuhren schweigend zurück ins Büro. Gero blickte geradeaus durch die Windschutzscheibe, aber er nahm vom Verkehr nichts wahr. Marion saß am Steuer, die Tachonadel blieb meist weit unter der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Ein für Marion recht ungewöhnliches Verhalten. Das Fahrzeug hinter ihrem Toyota drängelte, aber Marion bemerkte es nicht. Sie fuhr fast automatisch, sie dachte über Geros Frage nach.
    »Vielleicht sollten wir nicht fragen, was das Belauschen der Villa bringen soll, sondern wer dort lauscht?«, sagte Gero. »Wir hatten das Geheimnis in dem Haus gesucht. Wenn es nun noch jemanden gibt, der genau so denkt wie wir?«
    »Na schön, da jagt eben noch einer hinter dem Segel her, aber was nützt uns das?«
    Gero stimmte ihr zu. Es war dringend nötig, sich in dem Windkanal umsehen. Dort arbeitete Heiko Großmann, aber es musste jemanden geben, der ihm unbemerkt über die Schulter blickte und mitschrieb.
    21.
    Als er die beiden kommen sah, kopierte er seine Ergebnisse rasch auf die CD und klickte den Bildschirm dunkel. Sobald die grüne Lampe am Laufwerk F erloschen war, entnahm er den Datenträger und ließ ihn in der Innentasche seines Jacketts verschwinden.
    »Guten Tag, Herr Großmann. Mein Name ist Hellbach, ich arbeite für Ihren Vater, und das ist Frau Bayer, meine Mitarbeiterin.«
    »Für heute bin ich mit meiner Arbeit fertig«, sagte Heiko Großmann, statt den Gruß zu erwidern.
    Er stand auf und wollte tatsächlich gehen. Hellbach vertrat ihm den Weg und sagte: »Ihr Vater muss Ihnen doch von mir berichtet haben.«
    »Was wollen Sie von mir? Ich arbeite hier nur an meinem Diplomthema, ich wüsste nicht, was wir miteinander zu besprechen hätten.«
    »Warum so abweisend, Herr Großmann? Und warum haben Sie die CD so plötzlich entnommen, als Sie uns gesehen haben? Müssen Sie etwas verbergen? Geht es hier nicht ganz legal zu, oder wie müssen wir das verstehen?«
    Heiko Großmann besaß zwar längst noch nicht die Kaltschnäuzigkeit seines Vaters, aber einschüchtern ließ er sich auch nicht mehr.
    »Die Konkurrenz schläft nicht, Herr ... Wie war doch gleich ihr Name?«
    Gero Hellbach antwortete nicht. Stattdessen überreichte er ihm seine Visitenkarte. Heiko Großmann las sie aufmerksam durch, jedenfalls sollte es so aussehen, aber Marion hielt das mehr für eine Denkpause. Sie schüttelte leicht den Kopf. Irgendwann würde dem Heiko Großmann jemand über

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