Kleine Rache zwischendurch (German Edition)
sein, ihn dazu zu bringen, den Inhalt seiner Berichte ihren Wünschen anzupassen. Sie nahm sich vor, einfach auf ihn zuzugehen, falls es einmal nötig werden würde, aber jetzt musste sie an Wichtigeres denken.
20.
Privatdetektiv Gero Hellbach drückte auf die Ruftaste und fragte: »Hast du jetzt viel zu tun, Marion?«
»Ich habe immer viel zu tun, Chef«, kam als Antwort aus dem Lautsprecher.
»Trifft sich gut. Ich langweile mich auch gerade. Kommst du mal rein zu mir?«
»Mit Kaffee?«
»Mit Kaffee.«
Sekretärin Marion Bayer balancierte ein Tablett mit zwei Tassen und einer Kanne auf der linken Hand, öffnete mir der rechten die Polstertür zum Büro ihres Chefs, trat ein und warf die Tür mit einem kräftigen Hüftschwung zu. Gero Hellbach sah sich das Schauspiel wie stets mit Vergnügen an. Nur wegen dieses Hüftschwunges war sein Kaffeekonsum enorm gestiegen. Der Schwung war aber auch wirklich sehenswert. Und wie sie dabei das Tablett im Gleichgewicht hielt, das nötigte ihm Respekt ab. Irgendwann würde es kippen. Seit einem Jahr wartete er darauf, aber Marion musste ihr Kunststück heimlich in einem Zirkus trainiert haben.
Während sie das Tablett auf den Schreibtisch schob und die Tassen herunternahm, fragte sie: »Willst du dir nicht endlich einen neuen Teppich zulegen?«
Gero Hellbach goss Sahne in seine Tasse und rührte um.
»Wenn du das Tablett fallen lässt, dann sofort. Aber sag` mal, was können wir Großmann & Sichel bis jetzt in Rechnung stellen?«
Marion setzte sich, schlug die Beine übereinander und griff nach ihrer Kaffeetasse.
»Möchtest du das genau wissen?«
Er zögerte mit der Antwort, nicht, weil er überlegen musste, sondern weil er zusah, wie sie mit ihrem rechten Bein ganz leicht auf und ab wippte. Der Schein der Tischlampe erzeugte auf dem seidenmatten Strumpf einen hellen Lichtstreifen, der blitzschnell zwischen Knie und Rocksaum hin und her huschte. Die Strecke war ziemlich lang. Gero hatte Marion gebeten, etwas kürzere Röcke zu tragen, weil das fürs Geschäft gut sei. Sie war seiner wiederholten Bitte unter leichtem Protest nachgekommen, das heißt, ihr Verlobter hatte protestiert, aber den Wünschen der Klientel musste er sich schließlich beugen. Das umso mehr, als ihr Chef der aufmerksamste und treueste Bewunderer dieser Reflexe war.
»Ja«, sagte er, nachdem Marion sich anders hingesetzt und unbewusst den Lichteffekt zerstört hatte. »Ja, ich möchte genau wissen, was wir Großmann berechnen können.«
»Nichts, Chef, absolut nichts. Der entlassene Computerexperte, dieser verdächtigte Wolfram Krefeld rührt sich nicht, aus Friedangers Werft kommt auch nichts, niemand spioniert bei Großmann, nirgendwo wurde eingebrochen, keiner hat Wanzen versteckt außer ...«
»Na gut«, unterbrach Hellbach, »wir müssen etwas unternehmen. Hatten wir uns schon in Großmanns Villa umgesehen?«
»Nein, aber warum immer nur bei Großmann, der ist doch unser Auftraggeber, warum nicht bei Friedanger?«
Hellbach nickte: »Das werden wir auch noch tun müssen, aber erst, nachdem wir wissen, was Friedanger sucht, oder suchen könnte, falls Friedanger derjenige ist, der bei Großmann etwas sucht. Aber das nehmen wir mal einfach an. Ich versetze mich jetzt in Friedangers Lage: Dann ist Großmann mein Konkurrent. Großmann hat eine größere Kapitaldecke als ich. Das ist sein erster Vorteil. Er hat meine schönste Jacht kopiert und mithilfe eines raffinierten Anwalts nachgewiesen, sein Schiff ist gar keine Kopie meiner Jacht. Das ist sein zweiter Vorteil. Wenn ich da noch mithalten will, muss ich zu einem rabiaten Mittel greifen, also zu ...?«
Er unterbrach sich und sah Marion diesmal ausnahmsweise nicht auf die Beine, sondern ins Gesicht. Und sie antwortete: »Zur Spionage.«
»Eben. Ich, also Friedanger, muss wissen, was Großmann vorhat, womit der zur nächsten Bootsmesse antritt ...«
»Die Neuseelandregatta ist der nächste Wettbewerb«, half Marion.
»Sehr gut, Marion. Also, was macht Friedanger, wenn er in Großmanns Werft nichts, aber auch gar nichts findet?«
Marion war nicht nur Sekretärin. Sie dachte auch bei komplizierten Aufträgen immer mit. Gero verzichtete niemals auf ihren Rat, ausgenommen bei leichten Fällen.
»Wenn in Großmanns Werft nichts zu finden ist, dann muss er in dessen Villa suchen«, schlug sie vor.
»Genau das werden wir jetzt tun. Kommst du mit?«
Marion saß am Steuer eines Toyotas. Sie fuhr gut und gern. Nur Rückwärtseinparken lag
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