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Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Titel: Kleine Rache zwischendurch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Fritz Müller
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die Schulter sehen, und sei es nur aus Neugier. Wieso war er nicht darauf vorbereitet?
    Gero Hellbach sah sich um, aber er fand keine Möglichkeit, sich zu setzen, wenigstens keine saubere. Ein Windkanal ist nicht gerade ausgestattet wie ein Salon.
    »Nun, Herr Großmann, was hat das Studium meiner Visitenkarte ergeben?«
    Heiko wusste nicht, was er antworten sollte: »Sie arbeiten für meinen Vater, sagen Sie?«
    »So ist es, Herr Großmann. Möchten Sie ihren Vater anrufen und sich erkundigen?«
    Genau das wollte Gero vermeiden, denn Heikos Vater würde seinem Sohn ganz bestimmt einen eindeutigen Befehl erteilen. Gero hörte ihn schon brüllen: >Was bildet dieser Hellbach sich bloß ein, für mein Geld bei meinem Sohn herumzuschnüffeln, statt sich um diesen Friedanger - ich meine diesen Krefeld - zu kümmern? Heiko, wirf ihn hinaus!<
    Hellbachs Rechnung ging auf. Der schüchterne Heiko schüttelte den Kopf und wehrte zur Unterstützung seines Verzichts auch noch mit beiden Händen ab: Nein, er wolle seinen Vater nicht erst konsultieren.
    »Sehr gut«, lobte Hellbach, und das meinte er wirklich ehrlich. »Ich habe den Verdacht, die Daten, die sie da eben eingesteckt haben, könnte noch jemand mitgelesen haben.«
    Heiko Großmann versuchte ein Lachen, aber es missglückte völlig: »Wie soll das denn gehen? Ich bin hier ganz allein. Niemand sieht mir zu.«
    Hellbach verspürte nicht die geringste Lust, mit dem Jungen über seinen Auftrag zu reden und über die Art, wie er ihn erfüllen wollte. Er atmete einmal tief durch und fuhr immer noch gut gelaunt fort: »Ich will Ihnen sagen, wie das gehen kann. Also passen Sie auf! Dieser Computer bekommt die Messergebnisse vom Windkanal über ein Kabel. Richtig?«
    Großmann nickte.
    »Wenn nun an dem Kabel noch ein Computer hängt, dann bekommt der die Daten auch. Wieder richtig?«
    Großmann sagte erst einmal gar nichts. Gero Hellbach wechselte einen raschen Blick mit Marion. Sie setzten sich auf eine Kiste. Heiko Großmann nahm ihnen gegenüber auf einer Kabeltrommel Platz. Er brachte ziemlich kleinlaut einen Einwand vor: »Hängt aber keiner dran, oder?«
    »Hier nicht, könnte aber trotzdem sein, auch wenn man ihn nicht sieht.«
    »Aber Herr Thorn hat alles überprüft. Thorn ist der neue Computerexperte der Werft. Was Sie vermuten, das kann folglich gar nicht sein.«
    »«Überprüft Herr Thorn das denn jeden Tag?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Dann kann jeden Tag einer das Kabel anzapfen.«
    Großmann war ziemlich verblüfft. Er senkte den Kopf und stierte auf den Fußboden. Hellbach ließ ihm keine Zeit zum Nachdenken. Er ordnete einfach an: »Also wir untersuchen den Rechner jetzt, und dann sehen wir weiter. Der Bericht geht Ihrem Vater zu. Einverstanden? Gut, dann brauche ich Sie hier noch für ein paar Minuten.«
    Hellbach fuhr den Computer herunter und schaltete zwischen Computer und Datenkabel ein Prüfgerät ein. Dann bootete er den Rechner neu. Heiko Großmann wiederholte seine letzte Messreihe, und als er die Daten auf eine CD kopierte, meldete Hellbachs Messgerät einen Datentransfer zum Internet. Marion notierte sich die Adresse, die das Gerät außerdem anzeigte, und nickte ihrem Chef zu.
    »Das war`s schon, Herr Großmann. Wir können gehen. Es scheint alles in Ordnung zu sein. Bitte keine Beunruhigung, arbeiten Sie weiter wie bisher und grüßen Sie Ihren Vater. Auf Wiedersehen.«
    Ein Computer im elften Stock eines Bürohochhauses in Amsterdam registrierte die Unterbrechung des Kabels an dem Rechner des Windkanals, die Gero Hellbach vornehmen musste, um sein Messgerät einzuschleifen. Die Meldung wurde mit Datum und Uhrzeit in die Datei Wind.txt geschrieben. Vielleicht würde sie irgendwann jemand öffnen und lesen. Außerdem erschien sie sofort auf dem Bildschirm, aber der Energiesparmodus hatte den Monitor ausgeschaltet. Wolfram Krefeld hatte seine Beine auf den Tisch gelegt und war dabei, ganz gemütlich ein Eis zu schlecken. Es passierte hier ja nichts. Der Computer wertete die Daten, die er vom Windkanal erhielt, selbständig aus. Um sich selbst zu entlasten, hatte Krefeld das Programm dazu schließlich geschrieben. Er langweilte sich. Er gähnte.
    22.
    Gero Hellbach beendete seine wöchentliche Dienstbesprechung. Die Mitarbeiter verließen das Büro ihres Chefs und nahmen ihre Arbeit wieder auf. Marion räumte das Kaffeegeschirr auf das Tablett und trug es hinaus. Auf ihren Hüftschwung musste Gero verzichten – der funktionierte nur, wenn sie

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