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Kleine Schiffe

Kleine Schiffe

Titel: Kleine Schiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Schuetze
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gar nicht weit weg von hier.«
    Ich weiß zwar jetzt schon, dass meine neue Wohnungsgenossin Papa für lange Zeit in seinem Kragen verschwinden lassen und Tina mich für wahnsinnig halten wird. Aber wie war das noch? »Schwangere Frauen sind häufig besonders offen für ihre eigene Entwicklung.«
    Mit Lilli im Haus werde ich mich garantiert entwickeln. Ich weiß nur noch nicht, in welche Richtung.

7. Kapitel
Brennt am Ende meiner Straße ein Licht
wartest Du auf mich
erreiche ich Dich
rechtzeitig.
Bernd Begemann : »Rechtzeitig«
    L illis Einzug läuft in erstaunlicher Geschwindigkeit ab. Außer den beiden Plastiktüten holt sie eine prall gefüllte, abgeschabte Reisetasche aus ihrer letzen Behausung – fertig. Sie wirft den Krempel einfach in das Zimmer am Ende des oberen Flurs. Wir hatten besprochen, dass das mittlere Zimmer später das Kinderzimmer werden sollte.
    »Aber worauf willst du denn schlafen?«, ist mein erstaunter Kommentar.
    Lilli wedelt nur vage mit der rechten Hand. »Das kommt noch.«
    »Wann?«, frage ich und hole die Not-Luftmatratze aus dem Schrank.
    Wieder wird gewedelt. »Später. Wirst schon sehen.«
    Und ich sehe, mit vom Schlaf verquollenen Augen aus meiner Schlafzimmertür. Denn »später« ist kurz vor Mitternacht an einem Dienstag, drei Wochen nach ihrem Einzug. Ich bin um halb elf todmüde in mein Bett gefallen und sofort fest eingeschlafen. Doch dann dringt irgendwann Musik und Stimmengewirr durchs Haus und in meinen Schlaf. Einen Moment lang liege ich mit hämmerndem Herzen im Bett und stelle mir vor, dass Einbrecher durch die Räume ziehen und eine Party veranstalten, die von meinem Haus nur Schutt und Asche zurücklassen wird. Vielleicht sind sie schon auf dem Weg nach oben? Ich muss Lilli wecken und retten! Unwillkürlich greife ich nach der nächstbesten Waffe und schleiche zur Tür.
    Auf dem Flur ist ein Knacken zu hören, gefolgt von einem Klopfen an meiner Tür und Lillis Stimme. »Franziska?«
    Erleichtert öffne ich und ziehe Lilli ins Zimmer. »Komm schnell rein!« Ich schließe die Tür und lehne mich aufatmend dagegen. Lilli ist wenigstens in Sicherheit.
    »Was hast du denn?«, fragt Lilli überrascht. Sie scheint überhaupt keine Angst zu haben. Mich beschleicht das unangenehme Gefühl, mich gerade zu blamieren. Lilli zeigt auf den Föhn, den ich immer noch kampfbereit umklammere. »Was hast du mit dem Föhn vor, Schatz?«
    Ich lasse ihn sinken. Lilli trägt statt Pyjama ein T-Shirt und Jeans und macht einen aufgekratzten Eindruck. Also scheint keinerlei Gefahr in Verzug zu sein. Außerdem geht das Gerumpel, Gerufe und die Musik im Haus unverdrossen weiter.
    Dass wir uns gegenseitig »Schatz« nennen, begann vor einer Woche beim Schwangerschafts-Yoga, als wir beim Partnerschaftsabend Amritas Anweisung folgten: »Jetzt stützt jeder seinen Schatz im Rücken, und gemeinsam atmet ihr …« Lilli und ich sahen uns an. Dann prustete Lilli los: »Also, komm schon, Schatz!«
    Jetzt fragt sie noch einmal: »Was soll der Föhn?«
    »Was wohl? Ich wollte mir gerade die Haare waschen!«, antworte ich munter und setze mich aufs Bett.
    Lilli grinst. »Nee, schon klar!« Sie zeigt auf die Tür. »Und ich wollte fragen, ob du mit uns was essen willst.«
    »Essen? Mit euch?«, echoe ich blöde.
    Lilli nickt, und die Glocken, die sie als Ohrringe trägt, läuten hell. »Franzi, mein Bett ist angekommen!« Sie sieht sich suchend um, greift nach meinem Bademantel, der auf dem Sessel liegt, und drückt ihn mir in die Hand.
    »Komm schon, Tarek macht ein 1-a-Couscous!«

    Wenig später sitzen wir zu acht am Küchentisch und essen ein wirklich leckeres Couscous. Ich habe beschlossen, großzügig darüber hinwegzusehen, dass Tarek, ein bleichgesichtiger Junge mit schütterem Dschingis-Khan-Bart, zu diesem Zweck mein für den nächsten Tag eingeplantes Lammgeschnetzeltes im wahrsten Sinne des Wortes verbraten hat.
    Außer Tarek gibt es noch zwei Cousins von Tarek, deren Namen ich nicht verstanden habe, ein vierter Junge mit einem schwarzen Lockenkopf, der Oliver heißt, zwei Mädchen mit ähnlich verrückten Klamotten wie Lilli, die sich als Josy und Micki vorstellen, und David. Lillis David! Der Vater von Lillis Baby. Er ist sehr schmal, sehr blond und wirkt sehr lässig. Es ist offensichtlich, dass die anderen ihn als Anführer anerkennen. Und noch offensichtlicher ist, dass sich Micki und Josy beide Hoffnungen machen, Lillis Position bald zu besetzen. David hat das Ferienhaus seiner

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