Kleine Sünden erhalten die Liebe
Diesel eine weitere an Carl befestigte.
»Wo hast du denn eine Lampe gefunden, die Carl passt?«, fragte ich.
»In einem Baumarkt. Dort findet man alles.«
Diesel legte seine Stirnlampe an und befestigte eine Taschenlampe am Bund seiner Jeans. Dann wickelte er das Seil über seine Schulter und nahm eine Dose mit einer fluoreszierenden gelben Farbe in die Hand.
»Lass uns gehen«, befahl er. »Bleibt dicht bei mir.«
Diesen Rat hätte ich nicht gebraucht. Unter den gegebenen Umständen konnte ich gar nicht nahe genug an ihm dranbleiben. In diesem dunklen, nasskalten Tunnel gab es allerdings jemanden, der noch unglücklicher war als ich: Carl. Er klammerte sich mit aller Kraft an mich und grub seine Affenfinger in mein T-Shirt.
Auf gewisse Weise war es besser gewesen, Diesel beim letzten Mal blind zu folgen. Da hatte ich weder die Spinnen gesehen, die in ihren Netzen über unseren Köpfen hingen, noch den Dreck, der aus den fauligen Stützbalken sickerte. Als wir an eine Gabelung gelangten, hielt Diesel nach dem in die Wand eingekerbten Zeichen Ausschau und besprühte am Eingang des Tunnels die Wände, damit wir anschließend den Ausgang wiederfinden würden.
Als ich einen Blick an Diesel vorbeiwarf, sah ich etwas am Ende des Tunnels vor uns glitzern. Quarzkristalle, nahm ich an. Endlich erreichten wir die große Höhle, in der wir Hatchet gefunden hatten. Der Raum, in dem sich der Luxuria-Stein und die Tafel befunden hatten.
Ich betrat die Höhle und war erleichtert. Zwar fühlte ich mich immer noch beengt, aber zumindest musste ich nicht mehr durch schmale, schmutzige Gänge laufen.
Carl schaute sich um und kletterte langsam herunter. Er blieb einen Moment lang stehen und befühlte den Boden aus Erde und Steinen.
»Iiih«, sagte er.
Wir waren aus dem Tunnel mit der Kennzeichnung W gekommen. Drei weitere Tunnel führten in die Höhle. Von Hatchet wussten wir, dass der Tunnel mit dem N mit einer Falle versehen war.
Diesel ging zum Eingang dieses Tunnels und richtete seine Taschenlampe auf das dunkle Loch.
»Was siehst du?«, fragte ich ihn.
»Nichts. Zumindest kann ich keine Tafel auf dem Boden sehen. Das Loch ist ungefähr sechs Meter tief«, stellte Diesel fest.
Der Boden der Höhle war mit kleinen braunen Steinen bedeckt, die die gleiche Größe und Form wie der Luxuria-Stein hatten. Dazwischen lagen Quarzkristalle, wie sie auch an den Wänden und an der Decke funkelten. Ich hob ein paar der hübschen Glitzersteinchen auf und steckte sie in die Tasche meines Sweatshirts.
»Sie sagte, sie sei ein paarmal gestolpert«, erinnerte ich mich.
»Lass uns hoffen, dass sie die Tafel bei ihrem ersten Sturz verloren hat.«
Ich ging zu dem Loch und spähte hinein. »Man bricht sich vielleicht nur ein oder zwei Knochen, wenn man hinunterfällt, aber raus kommt man so schnell nicht wieder.«
»Ich habe nicht vor, dort hineinzusteigen. Jetzt kommt mein genialer Plan zum Einsatz. Carl wird hinunterklettern.«
Carls Augen weiteten sich. »Iiiiip!«
»Ich habe ein Seil mitgebracht.« Diesel hob die Seilrolle von seiner Schulter. »Wir werden das Seil an Carls Geschirr befestigen und ihn hinunterlassen. Wenn er die Tafel gefunden hat, ziehen wir ihn wieder nach oben.«
Carl schüttelte so heftig den Kopf, dass ich befürchtete, seine Augen könnten herausfallen und auf den Boden kullern.
»Dir kann nichts passieren«, beruhigte Diesel den Affen. »Ich werde dich sicher im Griff haben. Vielleicht macht es dir sogar Spaß. Du darfst einen neuen Tunnel erkunden.«
Carl zeigte Diesel den Stinkefinger.
Diesel band das Seil an Carls Geschirr fest, zog Carl daran nach oben und ließ ihn daran wie ein Jo-Jo auf und ab hüpfen.
»Wir sind startklar«, stellte er fest.
»Er scheint sich zu fürchten.«
Diesel ließ ihn über dem Loch baumeln. »Kein Grund zur Sorge. Was kann da schon schiefgehen?«
»Iiiii«, kreischte Carl, als er in den Abgrund hinunterglitt. Seine Füße baumelten in der Luft, er krallte sich an seinem Geschirr fest, und seine Ministirnlampe warf einen Lichtstrahl ins Dunkle.
»Denk dran, du suchst nach der Tafel«, rief Diesel Carl zu. »Ich ziehe dich erst wieder nach oben, wenn du sie gefunden hast.«
Ich trat einen Schritt zurück und richtete die Taschenlampe nach unten. Ich versuchte, den Boden zu beleuchten, aber es war schwierig, den Lichtstrahl an Carl vorbeizulenken.
»Er ist unten angekommen«, berichtete Diesel. »Das Seil ist jetzt locker. Ich glaube, er läuft dort unten herum.
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