Kleine Suenden zum Dessert
erwartete?«
»Nein«, flüsterte Julia vernichtet. Sie war so von Gillians bösartigen Rachegelüsten überzeugt gewesen, dass sie an diese Möglichkeit überhaupt nicht gedacht hatte.
»Nein?« Sergeant Daly durchbohrte sie mit einem langen Blick. »Betrachten Sie die Nachforschungen in diesem Fall als abgeschlossen«, verabschiedete er sich förmlich. »Ich finde selbst hinaus.«
Julia blieb allein mit Michael und Gillian zurück. »Es tut mir Leid«, sagte sie noch einmal über den Küchentisch hinweg. Und das war ihr Ernst. Sie senkte den Kopf, um es deutlich zu machen. »Wirklich«, betonte sie für alle Fälle noch.
»Das sollte es auch«, gab Gillian eisig zurück. Sie war heute ganz in Weiß gekleidet - offensichtlich, um ihre Unschuld zu unterstreichen.
»Okay«, sagte Michael. »Mammy hat sich entschuldigt. Ich denke, damit können wir es gut sein lassen.«
»Möchtet ihr vielleicht eine Tasse Tee?«, fragte Julia in dem Bestreben, ihre Schwiegertochter für das Erlittene zu entschädigen.
»Wir möchten dir keine Umstände machen«, erwiderte Gillian steif. Als sie das letzte Mal bei Julia Tee getrunken hatte, schaute sie in das Milchkännchen, als erwarte sie, dass dort drinnen etwas wuchs. Womit sie tatsächlich Recht gehabt hatte.
»Dann vielleicht ein Bier?«, bot Julia an. »Oder einen Scrumpy Jack? Davon haben wir jede Menge. Und ich glaube, irgendwo liegt auch noch eine angebrochene Flasche Ouzo herum.«
Michael schaute sie besorgt an. »Wir haben mit Sergeant Daly gesprochen, Mammy, und angesichts dieser Unterhaltung und dessen, was ich hier in den letzten Wochen mit eigenen Augen gesehen habe, möchten wir dich bitten, noch einmal über das Angebot nachzudenken, bei uns zu wohnen. Es gilt nach wie vor - trotz der Telefonge... Verwechslung.«
»Es war keine Verwechslung«, warf Gillian messerscharf ein.
Michael wurde ungeduldig. »Kannst du nicht endlich Ruhe geben, Gillian?«
Das war zu viel für sie. »Deine Mutter hat mich fälschlich beschuldigt, Michael! Und jetzt bettelst du sie wieder an, dass sie zu uns zieht?«
»Bitte, Gillian!«, zischte Michael mit einem ängstlichen Blick zu Julia.
»Also wirklich, Michael! Das geht zu weit!«
Es wäre nur fair, wenn Julia die beiden ein für alle Mal aus ihrer misslichen Lage befreite. »Wenn ich etwas sagen darf...« Sie schaute ihren dicklichen, phantasielosen Sohn und ihre unangenehme Schwiegertochter über den Küchentisch hinweg an und sagte: »Ich weiß das Angebot zu schätzen. Es ist sehr lieb und großzügig, wenn man bedenkt, dass ich nicht die einfachste Hausgenossin wäre.« Sie hörte Gillian leise schnauben und quittierte es mit einem leichten Nicken. »Aber ich bin hier zu Hause, und ich möchte hier bleiben. Es tut mir Leid, dass ihr euch all die Mühe mit dem Umbau der Garage gemacht habt, aber ich komme ganz gut allein zurecht.«
»Ganz gut?«, fuhr Michael auf. »Dein Garten ist von Terroristen bevölkert!«
Wie zur Bestätigung drang ein vielstimmiges Brüllen von draußen herein.
Gillian spannte alle Muskeln an wie ein erschrockenes Reh. »Kein Grund zur Sorge - sie trainieren nur ihre Stimmbänder für das Festival morgen«, erklärte Julia liebenswürdig.
Michael und Gillian schauten sie mit großen Augen an. »Wir machen uns Sorgen um deine Sicherheit«, verkündete Michael.
»Meine Sicherheit ist nicht gefährdet«, erwiderte sie.
»Sergeant Daly sagte, es gäbe Pläne, das Musikfestival zu sprengen.«
»Das ist kompletter Unsinn. Unsere Demonstration wird völlig friedlich ablaufen.«
»Hörst du das?«, sagte Michael zu Gillian. »Sie haben sie einer Gehirnwäsche unterzogen. Sie redet wie ein Roboter.«
»Niemand hat mich einer Gehirnwäsche unterzogen«, protestierte Julia heftig. »Ich gehe morgen aus freien Stücken mit.«
»Zum ... zum Festival?«
»Ja. Da wird ganz schön was zusammengesungen werden.«
»So harmlos ist das nicht, Mammy.«
»Da hast du Recht. Ein Kernbrennstofftransport ist eine Bedrohung für uns alle.«
»Und was ist, wenn ... wenn es regnet?«
»Wir haben doch Zelte.«
»Zelte!« Michael zitterte vor Ärger. »Nein, Mammy - es tut mir Leid, aber ich kann dir nicht erlauben, da hinzugehen. Es wäre unverantwortlich in deinem Zustand.«
»Mein Zustand ist nicht deine Angelegenheit«, erwiderte Julia. Warum beharrte alle Welt darauf, sie wie ein unvernünftiges Kind zu behandeln?
»Daddy hätte dich auch nicht gehen lassen«, platzte Michael heraus.
Julia verspürte
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