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Kleine Suenden zum Dessert

Kleine Suenden zum Dessert

Titel: Kleine Suenden zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Dowling
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sie ganz allein den komplizierten und häufig ermüdenden Betrieb managte, mit dem man eine Familie vergleichen konnte!
    Aber jetzt lag Disneyworld vor ihnen, das Heim des Astro-Orbiters und des unbeschwerten Urlaubers! Grace stellte fest, dass sie sich sehr darauf freute. Dort drüben würden sie andere Menschen sein, sagte sie sich. Sie würden Abenteurer sein, die es in Critters Country mit Kojoten aufnahmen oder in The Great Outback die Stromschnellen hinunterrafteten. Sie würde Shorts und knappe Tops tragen und weiße Riemchensandalen, die in Modezeitschriften als »amüsant« charakterisiert wurden. Sie hatte davor noch nie Schuhe wegen ihres Unterhaltungswertes gekauft und den Laden mit einem Kichern und einem Selbstvertrauen verlassen, wie es sich nach zwei Gin Tonics einstellt. Aber sie wusste nicht, ob sie wagen würde, sie tatsächlich anzuziehen. Das würde davon abhängen, wie sich der Urlaub entwickelte. Es würde davon abhängen, wie befreit sie sich fühlen würde.
    Tief drinnen wusste sie, dass sie sich etwas vormachte. Ewan und die Jungs und sie würden sich beim Verlassen des Flugzeugs nicht plötzlich in Menschen verwandeln, die interessanter und netter und freundlicher zueinander waren. Noch schlimmer: Anstatt andere Menschen zu werden, würden sie nicht nur sie selbst sein, sondern das vielleicht auch noch in konzentrierter Form. Sie konnte es sich lebhaft vorstellen: Ewan, der nur in Reimen sprach und sich im Fernsehen durch die Shopping-Kanäle zappte; die Jungs, die sich grün und blau prügelten und einander wüst beschimpften. Und sie - was würde sie tun? Aufgeregt herumgackern wie eine durchgedrehte Henne und in ihren neuen weißen Sandalen über ihre Füße fallen. Das Szenario war zum Weinen. Und sie weinte tatsächlich. Zwei Tränen rollten über ihre Wangen, und sie gestattete sich ein Schniefen.
    »Machen Sie sich keine Sorgen - sie wird bestimmt durchkommen«, schreckte der Mann neben ihr sie aus ihren Gedanken auf. »Wie bitte?«
    »Die arme Frau, auf die sie geschossen haben, meine ich.«
    »Oh, ja. Ich ... äh ... ich hoffe es sehr«, antwortete Grace mit einem tränenfeuchten Lächeln. In einem der Disneyworld-Prospekte gab es ein Foto von einer Familie auf einer Wasserrutsche: Ein Ehepaar mit zwei Kindern in einem nach Plastik aussehenden ausgehöhlten Baumstamm bog um eine Kurve und kam auf den Fotografen zu. Der Mann war die Personifizierung von Testosteron und Draufgängertum, und er strahlte über das ganze sonnengebräunte Gesicht. Die beiden Kids vorne lachten und präsentierten dabei tausende von Dollar in Form von Zahnspangen.
    Aber es war die Frau, die Grace besonders faszinierte. Sie war perfekt, hatte diese undefinierbare Aura, die nur sehr selbstbewusste Menschen besitzen. Grace wurde ganz schlecht bei ihrem Anblick. Es war auf Anhieb zu erkennen, dass diese Frau noch keine Sekunde irgendeines Selbstzweifels durchlitten hatte! Sie war genauso geworden, wie sie immer hatte werden wollen, und vermittelte den Eindruck eines rundherum zufriedenen Menschen. Sie ... lebte einfach. Auf dem Foto ignorierte sie ihren Mann. Und auch die beiden Gören vorne drin. Sie hatte ihre Familie nicht mit Mühe zu einem Ausflug nach Disneyworld überreden müssen.
    Nein, sie schaute geradeaus, die blauen Augen auf eine rosige Zukunft gerichtet, in der es niemand wagen würde, sie als selbstverständlich zu betrachten, während Frauen wie Grace kämpften und jonglierten und am Ende für gewöhnlich alles verhunzten.
    Frank kam angelaufen. »Wenn man hier behandelt werden will, muss man sich wohl ein Bein abgehackt haben!« Es war ein Mann da, dessen Bein nur noch an dem sprichwörtlichen seidenen Faden hing, doch nicht einmal der wurde bevorzugt.
    »Und?«, fragte Grace. »Haben Sie sie gefunden?«
    »Sie erklärten mir, sie sei in einem Behandlungsraum und ich müsse hier warten.«
    »Vielleicht haben sie einen Spezialisten angefordert, und der ist noch nicht da. Einen Fußarzt.« Gab es so was überhaupt? Schuldbewusst schaute sie verstohlen auf ihre Uhr: Sie würde in exakt einer Stunde aufbrechen müssen, wenn sie es rechtzeitig zu dem Langzeitparkplatz am Flughafen schaffen wollte. Bis dahin müsste Mrs Carr doch entlassen sein, oder?
    »Sie haben mich nach ihren nächsten Angehörigen gefragt«, verkündete Frank.
    Es schnürte Grace die Kehle zu. »Nach ihren nächsten Angehörigen?«, echote sie mit erstickter Stimme. »Das ist reine Routine«, erklärte Frank, und sie

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