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Kleine Suenden zum Dessert

Kleine Suenden zum Dessert

Titel: Kleine Suenden zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Dowling
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Popcorn - all das würde sie nicht erleben. Ihre neuen Riemchensandalen würden in der Schachtel bleiben, zusammen mit der Chance, den seltsamen Kunstmenschen abzuschütteln, zu dem sie geworden war. Sie steckte in den Midlands fest und musste sich um eine verschrobene alte Schachtel kümmern. Schöne Ferien!
    »Darf ich mal stören?«
    Der Junge stand in der Küchentür. Es bereitete ihr Mühe zu lächeln. »Ja?«
    »Ich habe heute offenbar kein Glück.«
    »Sind alle ausgebucht?«
    »Es gibt nur vier Pensionen in der Stadt«, erklärte er ihr. »Drei haben kein Zimmer frei, und Dairy Cottage ist letzten Monat abgebrannt.«
    »Großer Gott.«
    »Irgendein Gast hatte im Bett geraucht. Jedenfalls danke ich Ihnen, dass ich telefonieren durfte.« Sie sah, dass er seine Stiefel wieder anhatte und den Rucksack über den Schultern und die Rolle unter dem Arm. Jetzt erkannte sie, dass bunt bedrucktes Papier in der durchsichtigen Plastikhülle steckte, aber Genaueres konnte sie nicht ausmachen.
    »Wo wollen Sie dann jetzt hin?«, fragte sie.
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich werde schon was finden.« Natürlich würde er das nicht. Wollte er sein müdes Haupt vielleicht in die Asche von Dairy Cottage betten? Sie sagte sich, dass sie nicht für ihn verantwortlich war, doch eingedenk dessen, dass sie seine Wirtin angeschossen hatte, klang es nicht sehr überzeugend. Aber was sollte sie machen? Ihn mit nach Dublin nehmen? Nick würde einen Anfall kriegen. Ewan desgleichen. Und vielleicht brauchte Mrs Carr das Geld dringend. Nach dem Zustand des Hauses zu urteilen, war sie nicht mit Reichtümern gesegnet. Graces Schuldgefühle wurden noch größer. Sie hatte die alte Lady nicht nur in den Fuß geschossen, sondern brachte sie jetzt auch noch um ihr mageres Einkommen.
    Grace schaute auf die Uhr. Es war kurz vor sechs. »Meinen Sie, Sie werden morgen früh eine Unterkunft finden?«, fragte sie.
    Er schaute sie hoffnungsvoll an. »Ganz bestimmt.«
    Sie traf eine Entscheidung. »Okay. Eine Nacht. Für Ihr Abendessen müssen Sie allerdings selbst sorgen.«
    »In Ordnung. Was ist mit Frühstück?«
    »Was soll damit sein?«
    »Na ja - wenn ich für eine Übernachtung mit Frühstück bezahle, sollte ich auch ein Frühstück kriegen, finden Sie nicht?«
    Da hatte er Recht.
    »Sie werden Ihr Frühstück bekommen«, versprach sie großspurig.
    »Und Handtücher gibt es auch, ja?«
    »Natürlich. Ich werde mich sofort darum kümmern.«
    Sie steuerte in ihrer neuen Position als Pensionswirtin auf die Treppe zu und stellte fest, dass sie diese Entwicklung nicht einmal überraschte, denn ihr so sorgfältig geplanter Tag war ja gleich zu Anfang auf den Kopf gestellt worden. Wahrscheinlich würde sie nicht einmal mit der Wimper zucken, wenn in diesem Moment das Dach auf sie herabstürzte.
    »Fühlen Sie sich wie zu Hause«, rief sie dem Jungen, von einem unerklärlichen Glücksgefühl erfasst, übermütig über die Schulter zu.
    Er bückte sich und zog seine Stiefel wieder aus.

5
    »Du hast genau das Richtige getan«, erklärte Natalie. Sie saßen in Mrs Carrs Küche und aßen das chinesische Essen, das Graces Freundin auf ihre Bitte hin mitgebracht hatte: Es gab nichts in diesem Haushalt, woraus sich eine vernünftige Mahlzeit hätte zaubern lassen. Abgesehen von ihrem Hunger hatte Grace auch der Wunsch nach vertrauter Gesellschaft zu dieser Einladung veranlasst, der Natalie gern und augenblicklich gefolgt war, da ihr Leben als Hausfrau und - in acht Wochen - zweifache Mutter nicht allzu viel Abwechslung bot.
    »Inwiefern habe ich das Richtige getan?«, fragte Grace.
    »Was das Timing angeht«, antwortete Natalie. »Du hast jung geheiratet und musstest dich nicht mit dreißig mit den Überbleibseln begnügen wie wir anderen.«
    »Nichts gegen Paul...«, sagte Grace.
    »Um Himmels willen, nein ...«, beteuerte Natalie mit schamroten Wangen. »Paul ist großartig. Du weißt schon, wie ich es meine. Du hast früh angefangen, das ganze Programm absolviert - geheiratet, das Haus gekauft, die Kinder bekommen -, solange du die Energie dafür hattest. Und jetzt sind sie aus dem Gröbsten raus, und du kannst dich auf dich konzentrieren. Wir haben erst heute im Büro gesagt, wie wir dich beneiden.«
    Natalie saß Grace in der Firma am Schreibtisch gegenüber, nur war sie für Mietobjekte zuständig und hauptsächlich mit Apartments in der City befasst, wo die Mieten hoch und die Fluktuation groß waren. Das bedeutete, dass sie immer wieder die

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