Kleiner Hund und große Liebe
Zeitungsinserate aufgegeben, haben alles Menschenmögliche unternommen, haben einen fürstlichen Finderlohn ausgesetzt, haben es bei der Polizei gemeldet, und. ach, ich Esel, natürlich: Sag mal, hat sie geworfen? So um den dreizehnten Juni herum? Siehst du, ich war ja an dem Tag im April mit ihr unterwegs zum Tierarzt, sie hatte sich eine Woche vorher mit dem Nachbarhund vergessen, das kleine unmoralische Biest, und ich
wollte den Tierarzt fragen. Aber wenn dieses unerlaubte Stelldichein Folgen gehabt hat, muß sie ihre Kinder so in den Tagen zwischen dem zehnten und dem fünfzehnten Juni geboren haben.“ Jetzt war ich an der Reihe, meine Augen zu wischen. Denn jetzt war kein Zweifel mehr möglich.
„Ja“, sagte ich mit zitternden Lippen. „Sie hat am dreizehnten Juni geworfen.“
„Und die Welpen? Leben sie noch? Wie sehen sie aus? Haben sie Druckknöpfe statt Nasen? Der Vater ist nämlich so ein kleines mopsähnliches Wesen, das heißt, es ist ein Bostonterrier!“
Ich nickte, mußte mich gewaltig räuspern, und es war wohl nur ein heiseres Flüstern, das ich zustande brachte.
„Es kam nur ein Welpe. Und er hat eine kleine, flache Nase. Wir haben ihn behalten, wir lieben ihn schon!“
Wieder mußte ich mir die Augen wischen.
„Wohnst du hier in der Nähe? Ich möchte doch mit deinen Eltern sprechen! Kann ich mit dir nach Hause kommen?“
„Ja“, sagte ich.
„Dann steig ein. Warte mal, es sieht hier wüst aus. Na, ich mache schnell den Sitz hier frei - kannst du Cora auf den Schoß nehmen? Komm, gib mir deine Taschen, wir werden sie wohl hier einpferchen können, ich habe ja eine ganze Campingausrüstung im Wagen, ach, das wird schon gehen. Setz dich rein, hier hast du Cora, oder wie nanntest du sie? Feline? Also Cora-Feline, sitz hübsch bei deinem neuen Frauchen - ach ja, übrigens, ich heiße Ingo Moorhof, und du?“
„Elaine Grather.“
„Eine merkwürdige Art, sich kennenzulernen!“ sagte Ingo mit einem kleinen Lächeln. „Na, dann erklär mir, wie ich fahren soll. Ist es weit?“
„Nein. Mit dem Wagen höchstens drei Minuten. Hier links einbiegen und dann der dritte kleine Seitenweg rechts.“
Mama war beim Jäten im Vorgarten, als die grüne Ente angerollt kam. Sie sah mich fragend an, als ich ausstieg.
„Nanu, Elaine, hast du Bekannte getroffen?“
„Nur einen“, sagte ich. Ich biß mir auf die Lippen. „Mama, Felinchen hat ihr richtiges Herrchen gefunden. Er hat sie nicht ausgesetzt, das hat ein Hundedieb gemacht. Und jetzt will er Feline zurückhaben. Hier ist er. Er heißt Ingo Moorhof. Ingo, dies ist meine Mutter.“
Ich konnte nicht mehr. Ich rannte ins Haus und ließ den Tränen freien Lauf.
Der neue Gärtner
Mama hatte Ingo zum Essen eingeladen.
„Wir müssen alles in Ruhe besprechen“, sagte sie mit ihrem offenen, freundlichen Lächeln. „Daß Sie Ihren Hund wiederhaben wollen, verstehe ich. Aber was ist mit dem Welpen? Wir können eine Hundemutter nicht von einem fünf Wochen alten Baby trennen!“ Das sah auch Ingo ein.
Papa machte eine Besorgung in Hannover, aber er hatte versprochen, zu Mittag zurückzukommen. Während wir auf ihn warteten, zeigte ich Ingo das Grundstück, und er machte Bekanntschaft mit Anton und natürlich vor allem mit Bisken. Er nahm den Kleinen auf den Arm und lachte laut.
„Dem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten! Aber er scheint das Fell der Mutter zu kriegen, und was die Farbe betrifft.“
„Er war zuerst ganz schwarz“, erklärte ich. „Aber ich finde, er fängt jetzt an, etwas bräunlich zu werden. Der Himmel weiß, was aus ihm wird - aber wonnig ist er doch!“
„Und wie!“ lächelte Ingo. „Und ihr wollt ihn tatsächlich behalten?“
„Jetzt mehr denn je!“ rief ich. „Denn du nimmst ihn uns doch nicht weg? Es ist so schrecklich, daß wir Feline - ich meine, daß wir Cora hergeben müssen. Kannst du uns nicht jedenfalls Bisken schenken?“
„Klar tue ich das. Nun geh mal zu deiner Mutti, du Knäuelchen! Wie, sagtest du, heißt er? Bisken? Komischer Name!“
„Kommt von ,du liebes bißchen’“, erklärte ich. „Aus ,bißchen’ haben wir Bisken gemacht. Es ist norwegisch und bedeutet Hündchen.“
„Seid ihr denn Norweger?“
„Ja, meine Eltern unbedingt - nun ja, mein Bruder und ich auch, aber wir sind beide in Deutschland geboren, und wir sprechen viel besser Deutsch als Norwegisch.“
Ingo blieb stehen und sah unsere drei Tiere belustigt an. Kater Anton hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, sich
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