Kleiner Hund und große Liebe
sehr um Bisken zu kümmern. Wenn Feline eine Ruhepause brauchte, war Anton gleich da und fing an, den dicken kleinen Welpen geschickt zu lecken und zu massieren.
„Schön haben die Tiere es hier“, meinte Ingo. „So viel Auslauf!
Aber sag mal, wollt ihr nichts aus diesem schönen Grundstück machen? Soll es immer nur Auslauf für die Tiere sein?“
„O nein, durchaus nicht!“ erwiderte ich. „Aber weißt du, wir haben das Haus erst seit einem Vierteljahr, wir sind noch nicht dazu gekommen - und der, der uns helfen sollte, liegt mit Ischias im Bett! Nein, das Grundstück ist unser schlechtes Gewissen, aber nächstes Jahr soll es in einen anständigen Garten verwandelt werden! Mit Gemüse und Blumen und Beeren und allem, was zu einem richtigen Garten gehört!“
„Da habt ihr aber ein nettes Blumenbeet“, sagte Ingo. Kr war neben Barrys Grab stehengeblieben.
„Da liegt unser Barry begraben“, sagte ich leise. „Unser Bernhardiner. Er wurde siebzehn Jahre alt. Er starb am zwölften Mai, am nächsten Tag fuhren Papa und ich hierher, um ihn auf unserem eigenen Grundstück zu begraben.“
„Aber du sagtest doch, das ihr Cora am vierzehnten gefunden habt?“
„Ja. Als wir zurückfuhren, sprachen wir gerade darüber, daß wir uns vorläufig keinen neuen Hund anschaffen wollten. Übrigens konnten wir kaum sprechen, ich jedenfalls saß weinend im Auto. Nun ja, dann machten wir also eine Pause auf einem Rastplatz, und dort hörten wir ein jämmerliches Heulen. Wir gingen auf die Suche, und da stand unser Felinchen - ich meine, deine Cora! - an einem Baum angebunden, und.“, ich mußte wieder schlucken.
„Gott sei Dank, daß ihr sie mitgenommen habt“, sagte Ingo leise. Er bückte sich und streichelte Cora, was sie mit einem begeisterten Lecken quittierte. „Es gibt genug Menschen, die in einem solchen Fall nur sagen würden: ,Das geht uns nichts an’, und davongefahren wären!“
„Es ist unfaßbar“, meinte ich. „Wenn man versteht, daß ein Tier, oder auch ein Mensch in Not ist, dann tut man doch alles, um ihm zu helfen!“
„Du und deine Familie, ja“, sagte Ingo. „Und ich selbst und meine Familie auch. Aber es gibt so viele, die - nanu, Cora, was willst du jetzt?“
Cora hatte einen trockenen Zweig geholt und setzte sich vor Ingo, guckte ihn eindringlich an.
„Ach, Corachen, was hast du für ein gutes Gedächtnis! Gut, dann zeig mal, was du kannst!“
Er hielt den Zweig etwa einen halben Meter über der Erde, und
Cora sprang in einem hohen Bogen darüber.
„Und dann, Cora? Was kommt jetzt?“
Er stand still, den rechten Arm etwas angewinkelt. Mit einem Hechtsprung erreichte Cora den Arm, genauso, wie ich es bei Hundedressuren im Zirkus gesehen hatte. Jetzt saß sie glücklich auf Ingos Arm und leckte liebevoll sein Gesicht.
Die Narbe an der Pfote, Biskens Geburt - und Biskens Aussehen!
- waren die unbedingten Beweise dafür, daß unsere Feline Ingos Cora war. Aber diese Beweise hätten wir nicht gebraucht. Coras Glück, als sie Ingo wiedertraf, war der allerbeste Beweis.
„Es ist nicht zu fassen“, sagte Ingo leise. „Wenn du wüßtest, wie oft ich geträumt habe, daß wir unsere Cora wiederfanden - und wie schrecklich es war, aufzuwachen und weiter in der Ungewißheit zu leben! Siehst du, einen lieben Hund zu verlieren, so wie ihr euren Barry verloren habt, ist furchtbar. Aber es ist nichts - ich sage dir, es ist gar nichts dagegen, Wochen und Monate in Ungewißheit zu leben. Wie oft hat meine Mutter gesagt: ,Wenn wir bloß wüßten, daß Cora tot wäre, das wäre doch besser.’ Und jetzt stehe ich hier und fürchte, daß ich gleich in meinem Bett in Lübeck aufwache, und alles ist wieder ein Traum gewesen!“
„Soll ich dich vielleicht in den Arm zwicken?“ bot ich ihm an. „So daß du einen dicken blauen Fleck kriegst?“
„Ist nicht nötig, Elainchen“, klang eine Stimme hinter uns. Wir drehten uns beide um, und da stand Papa. Anscheinend hatte Mama ihn orientiert, denn er wußte schon genau Bescheid.
„Das ist ja eine unglaubliche Geschichte“, fuhr er fort und reichte Ingo die Hand. „Ich bin also Elaines Vater, wie Sie verstehen, und Coras Ersatzherrchen. Ich freue mich sehr für Sie - und ich bin ein bißchen traurig, daß wir unser Felinchen hergeben müssen.“
„Herr Grather, ich kann gar nicht ausdrücken, wie dankbar ich bin, daß Sie sich so rührend um Cora gekümmert haben.“
„Gekümmert ist gut! Ihre Cora traf auf uns, als wir sie am
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