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Kleiner Hund und große Liebe

Kleiner Hund und große Liebe

Titel: Kleiner Hund und große Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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schreibe es Ihnen auf, ich weiß, daß es ein schwieriger Name ist!“
    „Das brauchen Sie nicht, Herr Kalinic“, sagte Miriam, und ihre Stimme war leise. „Ich behalte Ihren Namen. So hieß meine Mutter einmal.“
    „Was Sie nicht sagen! Ist Ihre Mutter Tschechin?“
    „Ja. Sie auch?“
    „Ja und nein. Meine Familie kam ursprünglich aus der Tschechoslowakei, aber das ist lange her. Lange vor meiner Geburt. Mein Großvater war klug genug, rechtzeitig sein Vaterland zu verlassen. Wegen fehlender arischer Abstammung!“
    „Oh, so sind Sie auch jüdisch?“
    „Unbedingt. Und das ,auch’ bezieht sich vielleicht auf Ihre Mutter.-’“
    „Ja, und auf mich.“
    „Wer weiß, vielleicht sind wir irgendwie verwandt!“ Miriam schüttelte den Kopf. „Leider nicht. Die ganze Familie meiner Mutter ist ums Leben gekommen.“ Daniel Kalinic nickte.
    „So ist es auch in unserer Familie. Die einzigen, die davonkamen, waren meine Großeltern; und was ich an Familie habe, stammt alles von ihrer Seite! Tante und Onkel, Vetter und Cousinen jede Menge! Nun ja, Kalinic ist kein seltener Name in der Tschechoslowakei, aber immerhin, ich kann Opa einmal fragen. Sagen Sie, wann ist Ihre Mutter geboren?“
    „1934. Und sie heißt Ruth.“
    „Also Ruth Kalinic, Jahrgang 34. Gut, ich werde Opa fragen. Er ist der einzige, der richtig Bescheid weiß und die Jahre vor dem Krieg als erwachsener Mensch erlebt hat!“
    Daniel hob das schwere Fernsehgerät von seinem Platz in der Ecke, ich hielt ihm die Tür auf.
    „Ich fasse mit an“, sagte Miriam. „Es ist zu schwer für Sie allein!“ Zusammen trugen sie den Apparat zum Kombiwagen hinaus, ich machte die Hintertür auf, und das Gerät wurde vorsichtig hineingeschoben.
    „Werden Sie den Apparat zurückbringen?“ fragte Miriam.
    „Worauf Sie sich verlassen können! Und bis dahin werde ich aus meinem Großvater alles herausgequetscht haben, was er über die Familie Kalinic weiß!“
    Er setzte sich hinters Steuer. Dann reichte er durch die offene Tür Miriam die Hand.
    „Familie hin, Familie her, jedenfalls war es sehr nett, Sie kennenzulernen“, sagte Daniel Kalinic.
    Dann machte er die Tür zu und fuhr davon.
    Der folgende Tag war ein Sonnabend, und ich hatte schulfrei.
    Als es gegen zehn Uhr an der Tür klingelte, dachte ich, es wäre vielleicht Dorte und rannte zur Tür. Aber da stand kein junges Mädchen, sondern ein alter Herr mit schneeweißem Bart und zwei wachen, klugen Augen in einem faltigen Gesicht.
    „Guten Tag. Mein Name ist Kalinic. Entschuldigen Sie, daß ich so mit der Tür ins Haus falle, aber.“
    „Kommen Sie rein, Herr Kalinic, Sie wollen bestimmt Miriam sprechen!“
    „Ja“, sagte der alte Herr. „Ich möchte sehr gern Miriam sprechen!“ Nun erschien Mama. Natürlich hatten wir ihr von dem Fernsehtechniker erzählt, von seiner Abstammung und von dem Namen Kalinic.
    Mama bat den alten Herrn, Platz zu nehmen, und ich rannte in den Garten, wo Miriam gerade dabei war, die Wäsche aufzuhängen.
    „Miriam! Besuch für dich! Ich glaube, daß es der Opa von Daniel Kalinic ist!“
    Ich war zum Platzen neugierig und blieb Miriam auf den Fersen. Als wir ins Wohnzimmer traten, stand Herr Kalinic auf. Er reichte Miriam die Hand und sah sie aufmerksam an, als wollte er sich jeden Gesichtszug einprägen.
    „Sie sind also Miriam“, sagte er. Seine Stimme war schön, warm und melodisch. „Mein Enkel hat mir erzählt, daß Ihre Mutter eine geborene Kalinic ist.“
    „Ja, ursprünglich hieß sie so. Dann wurde sie von ihren schwedischen Pflegeeltern adoptiert und bekam deren Namen.“
    „Und sie wurde 1934 geboren?“
    „Ja. Im Februar 34.“
    Mir fiel etwas ein. Ich rannte nach oben, in Miriams Zimmer. Ich wußte genau, wo sie ihr Fotoalbum hatte. Ich schob es ihr in die Hand.
    „Miriam! Zeig doch Herrn Kalinic das Bild von deinen Großeltern!“
    Ohne ein Wort reichte Miriam ihm das Album. Der alte Herr putzte die Brille, stand jäh auf, ging ans Fenster und betrachtete das Bild. Dann sah ich, daß sein weißer Kinnbart zitterte. Wieder putzte er die Brille und räusperte sich.
    Aber es dauerte noch eine Weile, bevor er sprach. Endlich kam es - leise und heiser: „Es ist mein Bruder. Mein Bruder David.“
    Miriams Augen wurden groß und weit. Sie schluckte, bevor sie sich traute zu sprechen. Auch sie sprach heiser: „Sind Sie sicher?“
    „Ja, Miriam. Dein Großvater hieß doch David und seine Frau, Miriam? Du bist nach deiner Großmutter genannt?“
    Miriam

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