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Kleiner König Kalle Wirsch

Kleiner König Kalle Wirsch

Titel: Kleiner König Kalle Wirsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilde Michels
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wie eine fremde Schrift vorkam, die
er nicht entziffern konnte.
    »Schaut doch mal hierher«, rief er.
»Hier steht was an der Wand.«
    »Wo steht was?« Sofort eilte Kalle
herbei und besah sich die beschriebene Wand.
    »Feuerkern, Feuerkern!« entfuhr es
ihm. Das war der Ausdruck für sein allergrößtes Erstaunen; er gebrauchte dieses
Wort nur, wenn er sehr erregt war. Es bedeutete soviel wie »Donnerwetter«.
    »Weißt du, was du da entdeckt hast?
Eine hochwichtige Nachricht für mich.«
    »Was ist denn das für eine seltsame
Schrift?« fragte Max. »Kannst du das alles lesen?«
    »Das sind Geheimzeichen. Die Nachricht
lautet: >Zoppo Trump plant Böses. Gefahr beim Fährmann am See der
Finsternis<.«
    »Zoppo Trump? Das ist doch dein
Feind«, sagte Jenny.
    »Ja.«
    »Und was ist mit dem Fährmann am
finstern See?«
    »See der Finsternis«, verbesserte
Kalle. »Wartet ab — alles zu seiner Zeit.« Dann suchte er die übrigen Wände ab
und murmelte wieder: »Feuerkern, Feuerkern. Wo hatte ich denn meine Augen!«
    An mehreren Stellen in der Grotte
waren kleine Zeichen angebracht, die zu dieser Nachricht führten; Kalle hatte
sie übersehen. Er blinzelte Max anerkennend zu. »Neugierige Schüler sind doch
manchmal recht wertvoll, scheint mir.«
    »Sag uns doch, was mit diesem Fährmann
los ist«, drängte Max. »Wir müssen vorbereitet sein, wenn uns eine Gefahr
droht.«
    Sie hatten die Tropfsteinhöhle
inzwischen verlassen und wanderten wieder durch trockenes Gestein.
    Kalle hielt an. »Laßt uns hier eine
kleine Rast machen. Es ist vielleicht wirklich besser, wir besprechen noch
einiges.«
    Er suchte sich eine Felsstufe als
Sitzplatz, und die Kinder hockten sich erwartungsvoll neben ihn.
    »Hast du eine Ahnung, wer die Warnung
an die Wand geschrieben hat?« fragte Max.
    »Bis jetzt erkenne ich es noch nicht.
Jedenfalls war es einer meiner guten Freunde. Allem Anschein nach stellt mir
Zoppo Trump Fallen. Er legt es darauf an, mich aufzuhalten; denn wenn ich nicht
rechtzeitig erscheine, hat er den Kampf mit mir gespart und wird König.«
    »Siehst du, es ist gut, daß du uns
mitgenommen hast«, sagte Max. »Wenn dir dieser Zoppo Fallen stellt, dann
brauchst du jemanden, der dich herausholt. Wir haben dich ja schon einmal
herausgeholt.«
    »Erinnere mich nicht an den
Gartenzwerg!« rief Kalle Wirsch. »Wenn ich daran denke, werde ich rasend.«
    »Zoppo Trump muß erfahren haben, daß
du befreit worden bist, sonst hätte er doch keinen weiteren Anschlag geplant.«
    »Du denkst richtig«, lobte Kalle
Wirsch. »Ich überlege mir nur, welche Gefahr uns von dem blinden Fährmann
drohen soll.«
    »Blind?«
    »Ja, er ist blind. Unzählbar viele
Jahre lebt er schon am See der Finsternis. Das Wasser ist schwarz, die
Felswände sind schwarz, sein Boot ist schwarz, und all das Schwarze hat seine
Augen im Lauf der langen Zeit immer schwächer werden lassen, bis er ganz
erblindet ist.«
    »Der Arme«, sagte Jenny mitleidig.
    »Zu beneiden ist er gerade nicht«,
stimmte Kalle Wirsch zu. »Früher lebte er im Meer; er stammt nämlich von den
Meermenschen ab, aber er muß irgendwann eine schwere Schuld auf sich geladen
haben. Deshalb wurde er auf diesen See verbannt. Genaues weiß keiner darüber.«
    »Und was tut er auf dem schwarzen
See?«
    »Nun ja, er ist Fährmann. Seine
einzige Aufgabe besteht darin, hin- und herzurudern und alle überzusetzen, die
ans andere Ufer müssen. Er verläßt sein Boot nie. Er wohnt darin, schläft
darin, ißt darin.«
    »Essen? Was ißt er denn?« erkundigte
sich Jenny.
    »Fische. Er hat ein großes Netz in
seinem Boot, das zieht er hinter sich her, wenn er durch den See rudert. Darin
bleiben genug Fische hängen.«
    »Und die brät er dann?«
    »Ach was, braten! Die verspeist er roh,
so wie sie aus dem Wasser kommen. Die Fische sind übrigens genauso blind wie
er.«
    »Scheußlich«, entfuhr es Max. Die
Vorstellung, daß ein blinder Fährmann blinde Fische roh verschlingt, war ihm
unangenehm, und gleichzeitig kam ihm ein anderer Gedanke, der ihn ebenfalls
beunruhigte: »Sag mal, Kalle, wie ist das überhaupt mit dem Essen? Wir haben
kein bißchen Verpflegung mitgenommen.«
    »Wieso? Hast du Hunger?«
    »Noch nicht, aber ich kriege
garantiert bald welchen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Weil ich immer Hunger kriege.«
    »Gekriegt habe, meinst du«,
berichtigte Kalle Wirsch. »Ich sage >gekriegt habe<, weil du jetzt keinen
mehr kriegst. Das ist ein zweiter Vorteil des Raxel-Kauens: man bekommt

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