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Kleiner König Kalle Wirsch

Kleiner König Kalle Wirsch

Titel: Kleiner König Kalle Wirsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilde Michels
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Wirklichkeit weidete er sich
jedoch an der Verwirrung der Kinder.
    »Ich verzeihe euch für diesmal«, sagte
er. »Ist ja auch ungewöhnlich, zweimal vorhanden zu sein. — So, und jetzt geht
ihr beide marsch ins Bett, und ihr zwei folgt mir.«
    Zögernd gaben sich die beiden Jennys
und die beiden Maxe die Hände. »Macht’s gut!« sagten die einen. »Hoffentlich
auf bald«, antworteten die andern.
    Es war also genau so, wie Kalle Wirsch
gesagt hatte: sie blieben daheim und gingen doch fort.
    »Komisches Gefühl, sich selbst
gegenüberzustehen«, meinte Max.
    »Ob die auch gut mit unsern Sachen
umgehen?« überlegte Jenny, als die zwei andern im Haus verschwunden waren.
    »Aber das sind doch auch wir«, sagte
Max.
    Kalle Wirsch ließ sie nicht lange
ihren Gedanken nachhängen. Er reichte ihnen kleine gelbliche Wurzeln. »Hier,
das ist Raxel. Kaut das mal!«
    Nachdem ihre Verdoppelung so
schmerzlos abgelaufen war, hatten die Geschwister mehr Mut bekommen. Sie
steckten ohne Zögern ein Stück Raxel in den Mund und begannen zu kauen.
    »Klappt ja vorzüglich«, stellte Kalle
Wirsch fest. Er beobachtete befriedigt, wie die beiden schrumpften und
schrumpften, bis sie so klein waren wie er selbst.
    »Darf ich das Raxel mal aus dem Mund
nehmen, nur zur Probe?« bat Max.
    Kalle nickte. »Kannst du
ausprobieren.«
    Max zog die Wurzel aus dem Mund, und
gleich wurde er groß wie immer. »Das beruhigt mich«, sagte er und schob sein
Raxel wieder zwischen die Zähne wie einen Kaugummi, worauf er sofort
zusammenschrumpfte.
    Kalle Wirsch sagte: »Langsam glimmt in
mir die Hoffnung auf, daß es doch gehen wird mit euch. Seit fünf Minuten habt
ihr nicht mehr aber geschrien. Das ist ein Fortschritt.«
    Plötzlich veränderte sich seine
Stimme. Sie klang jetzt freundlich und aufmunternd, als er weitersprach: »Ich
möchte euch noch manches erzählen, aber wir müssen fort. Unterwegs sollt ihr
mehr erfahren. — Seht, in diesem Erdloch sind die Wirsche letzte Nacht vor
meinen Augen verschwunden. Hier beginnt unsere Wanderung. Habt nur Mut.«
    Damit schlüpfte er in das Erdloch, und
die beiden Geschwister folgten mühelos nach.
     
     
     
    5. Kapitel

Die
Schattenquelle
     
    Nach wenigen Schritten umgab sie tiefe
Finsternis. Im Garten war es noch dämmrig gewesen; in den schmalen Erdgang
drang jedoch kein Lichtschimmer.
    »Halt!« rief Max Kalle nach, »warte
einen Augenblick, ich kann nichts sehen.«
    »Ich auch nicht«, sagte Jenny und
tastete nach ihrem Bruder.
    »Wieso könnt ihr nichts sehen?«
    »Weil hier kein Licht ist.«
    »Kein Licht? Hier ist Licht genug«,
behauptete Kalle Wirsch.
    »Kein Fünkchen Licht ist hier«,
widersprach Max. »Alles ist schwarz.«
    »Pechrabenschwarz«, bestätigte Jenny.
    Langsam begann Kalle zu begreifen.
»Eure Augen! Das muß an euren Menschenaugen liegen.«
    »Hast du denn andere Augen?«
    »Menschenaugen habe ich jedenfalls
nicht.« Kalles Stimme klang schon wieder ziemlich ungeduldig. »Mit Menschenzeug
hat man immer Ärger«, murrte er. »Mit Menschengedanken hat man Ärger, mit
Menschenaugen hat man Ärger...«
    »Wir haben halt Tagesaugen, dazu
können wir nichts«, verteidigte sich Max.
    »Tagesaugen, Tagesaugen!« schimpfte
Kalle. »Halbtagsaugen sind das! — Wie soll ich jetzt mit euch weiterkommen?
Ohhhh, es ist vergebens, alles vergebens. Dieser Zoppo Trump wird mich
absetzen. Nur weil ich nicht vorankomme mit euch, wird Zoppo Trump König werden.«
    Er versank in tiefes Nachdenken. Nach
einiger Zeit aber schrie er vergnügt auf: »Die Schattenquelle! Klar, natürlich,
ganz selbstverständlich, die Schattenquelle! Seht ihr, man muß nur nachdenken,
das hilft immer.«
    »Was ist mit der Schattenquelle?«
fragte Jenny.
    »Wenn ihr eure Augen darin badet,
bekommt ihr einen Blick wie die Unterirdischen. — Schnell, kommt, ich führe
euch dorthin.«
    »Ich kann aber keinen Schritt gehen in
dieser Finsternis«, sagte Jenny, »keinen Schritt.«
    »Meine Taschenlampe!« rief Max. Ihm
war plötzlich eingefallen, daß er sie bei sich hatte, und er kramte sie gleich
hervor.
    »Nicht unpraktisch«, lobte Kalle,
»durchaus nicht unpraktisch.«
    »Die Batterie ist leider schon ein
bißchen schwach«, sagte Max. »Sehr weit kommen wir nicht damit.«
    »Da haben wir’s. Kaum ist mal etwas
praktisch bei euch, dann ist es auch gleich schwach.«
    Max überhörte Kalles Vorwurf. »Wie
lange dauert es denn bis zur Schattenquelle?«
    »Wie lange?«
    »Ja, wie lange? Fünf Minuten, zehn
Minuten, eine

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