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Kleiner Kummer Großer Kummer

Kleiner Kummer Großer Kummer

Titel: Kleiner Kummer Großer Kummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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jetzt nicht irgend etwas mit ihr los war, aber die Symptome, die ihr Mann beschrieben hatte, ließen sich zu keiner Diagnose zusammenfügen.
    »Mr. Meadows«, sagte ich, »erklären Sie Ihrer Gattin, daß es nicht schlimm ist. Sie stirbt nicht, und das Herzklopfen und das Zittern wird bald vorüber sein. Geben Sie ihr warme Milch zu trinken und eine von ihren rosa Schlaftabletten. Wenn es am Morgen noch nicht wieder in Ordnung ist, rufen Sie mich wieder an.«
    Als ich mich wieder unter meiner Decke ausstreckte, fragte Sylvia: »Woher weißt du, daß ihr nichts Schlimmes fehlt?«
    »Es hörte sich nicht danach an.«
    »Du meinst, du möchtest nicht gern aus dem Bett steigen.«
    »Sei nicht albern.«
    »Ich hatte angenommen, daß Ärzte selbstlos sind.«
    »Schlaf weiter«, sagte ich, »und laß mich für meine Patienten sorgen.«
    Einige Augenblicke war es still. Normalerweise wäre ich schon wieder fest eingeschlafen, aber ich war hellwach und sah Mrs. Meadows atemlos auf ihrem Bett liegen, als Sylvia sagte:
    »Angenommen, sie stirbt, und du bist nicht hingegangen.«
    Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Ich antwortete nicht und stellte mich schlafend.
    Zehn Minuten später griff ich nach meiner Hose.
    »Ich bin froh, daß du gehst«, erklärte Sylvia und kuschelte sich unter die Bettdecke.
    Als ich zurückkam, war es fast drei Uhr. Das Licht in der Küche brannte, und mein erster Gedanke war, daß ich Einbrecher überrascht hatte. Ich schloß leise die Haustür, nahm aus meiner Golftasche in der Diele das Eisen Nummer fünf heraus und schlich mich an die Eindringlinge heran. Ich riß die Küchentür auf und fand Bridget, voll angekleidet, mit Lockenwicklern im Haar, damit beschäftigt, Toast zu machen.
    »Himmelherrgottsakrament!« keuchte sie und bekreuzigte sich. »Was wollen Sie machen, Doktor?«
    Ihre Augen hingen voller Entsetzen an mir. Ich habe bestimmt sehr seltsam ausgesehen mit meinen Schlafanzugbeinen, die aus meiner Hose herausguckten, einen wilden Ausdruck auf dem Gesicht und einen Golfschläger in meiner Hand.
    »Gar nichts«, antwortete ich. »Aber warum machen Sie denn mitten in der Nacht Toast? Wissen Sie, wie spät es ist?«
    »Ich hörte Sie aufstehen«, sagte sie. Der Toast begann zu verbrennen. »Und da dachte ich, Sie wollten Ihr Frühstück haben.«
    Ich schaltete das Gas aus, schickte Bridget ins Bett zurück und schlich hinauf, den schrecklichen Geruch des verbrannten Toasts noch in der Nase.
    Ich zog mich aus und ging ins Bett, ohne das Licht einzuschalten. Ich machte weniger Lärm als eine Maus, da ich Sylvia nicht aufwecken wollte. Als ich mich in meinen Kissen richtig zurechtgelegt hatte, sagte sie: »Nun?«
    »Du hättest mir auch sagen können, daß du wach warst.«
    »Du hast mich nicht gefragt.«
    »Was meintest du mit >Nun    »Was ist mit Mrs. Meadows?«
    »Gar nichts ist mit ihr. Sie saßen beide in der Küche, tranken Tee und aßen Kuchen. Sie waren sehr überrascht, als sie mich sahen. Vielleicht erlaubst du mir in Zukunft, meine Patienten auf meine Weise zu behandeln.«
    Sylvia schlang ihre Arme um mich und wärmte meinen frierenden Körper.
    »Verzeih mir, Herzchen«, flüsterte sie.
    Ich grunzte undankbar, aber nach wenigen Augenblicken schlief ich wie ein Holzklotz, bis die unordentlich aussehende Bridget mir einen eiskalten, bierähnlichen Tee servierte und die Zeitungen auf mein Nachtschränkchen knallte.
    Bis ich verheiratet war, legten sich die Nachwirkungen eines Nachtbesuches unheilvoll auf meine ganze Umgebung. In der Vormittagssprechstunde war ich meinen Patienten gegenüber kurz angebunden, ich antwortete nicht, wenn ich ein Knurren für ausreichend hielt, benahm mich häßlich gegenüber meiner Haushälterin, die sich weder darüber ärgerte noch es überhaupt zu bemerken schien, und vergaß häufig, mich zu rasieren. Jetzt entwickelte sich aus dem Mangel an Schlaf der erste Streit mit meiner Frau, und ich entdeckte, daß ich, soweit es die Ehe anbetraf, noch eine Menge zu lernen hatte.
    Es begann schlimm, und es lag an meinen Socken. Es ging um die dunkelgrünen, die ich immer zu meinem Tweedanzug trug. Sie hatten ein Loch.
    »Mrs. Little pflegte meine Socken zu stopfen«, sagte ich, indem ich sie auf die Frisierkommode schleuderte, an der Sylvia sich kämmte.
    »Da sind doch noch mehr in der Schublade,« Sie puderte sich jetzt sorgfältig die Nase.
    »Keine grünen.«
    »Dann nimm doch graue. Kein Mensch sieht auf deine Socken.«
    »Darum geht es

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