Kleiner Musicalratgeber für Anfänger und Fortge
Mienen aller Umstehenden führte. »Das war ein Scherz, oder?«, fragte Jemand ungläubig. »Wer käme denn bitte auf die Idee, Unterwäsche auf die Bühne zu werfen?« Den leidenden Blick der Theatermitarbeiterin richtig interpretierend, hatte es da in der Vergangenheit wohl doch ein paar fehlgeleitete Individuen gegeben. »Wenn Sie wüssten, was hier so alles in den letzten Tagen abgegangen ist – es war unglaublich anstrengend«, führte die nette Dame noch weiter aus und seufzte tief. »Tanz der Vampire eben. Da gibt es nichts, was es nicht gibt!« Und damit hat sie wohl eindeutig recht!
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Berühmte Musicalcharaktere & ihre Faszination
Die magische Anziehungskraft bestimmter Figuren
E S gibt verschiedene Musicals, die haben definitiv einen höheren Suchtfaktor als andere, lösen viel stärker den Drang in uns aus, sofort zum Wiederholungstäter zu werden. Auf der Suche nach einer Erklärung machte ich schließlich die folgende Entdeckung: Neben mitreißender Musik mit Ohrwurm-Faktor brauche ich definitiv einen Charakter, mit dem ich mich sehr gut identifizieren kann oder eben einen Charakter, den ich auf die ein- oder andere Art zutiefst anziehend finde. Anziehend steht hier eher im Sinne von »faszinierend«. Doch wann ist ein Charakter anziehend?
Anziehend – das sind vor allem Charaktere mit Ecken und Kanten. Spontan denke ich an das Biest, das Phantom, Graf von Krolock, Jean Valjean und den Tod. Weibliche Charaktere zu finden, die diese Kriterien erfüllen, das fällt mir schon schwieriger. Dafür mache ich im Wesentlichen zwei Faktoren aus: Erstens bin ich als heterosexuelle Frau eher darauf konditioniert, auf die Männer der Schöpfung zu achten. Zweitens fallen mit gar nicht so viele Musicals ein, in denen eine Frau im Mittelpunkt der Handlung steht und nicht nur schmückendes Beiwerk ist. Elisabeth vielleicht und Elphaba aus »Wicked«. Vielleicht auch noch Mrs. Danvers aus »Rebecca«? Wobei, von »anziehend« kann man da schon nicht mehr sprechen, unsympathisch wie sie rüberkommt. Womit wir dann bei einem weiteren wesentlichen Faktor wären, der mit dafür verantwortlich ist, ob uns ein Charakter anzieht oder nicht: Die Sympathie spielt eine ganz entscheidende Rolle. Ein Charakter, der uns zutiefst gegen den Strich geht und den wir als abstoßend empfinden, wird niemals das Potential haben, uns zu fesseln, ebenso wie wir einen glattgebügelten, perfekten Charakter nicht faszinierend, sondern langweilig fänden.
Lasst uns also doch einmal einen genaueren Blick auf jene Charaktere werfen, die eine besondere Anziehungskraft auf uns ausüben. Und wie es der Zufall so will, so sind es allesamt Charaktere, die in eine mehr oder minder tragische Liebesgeschichte involviert sind. Obwohl: »Schöne und das Biest« hat ja ein Happy End (ist aber auch Disney!), und »Wicked« in einem gewissen Sinne auch...
Das Biest: Hochmut kommt vor dem Fall
Die »geküsster Frosch wird zu Prinz«-Geschichte mal anders herum. Hochmut und Eitelkeit führen dazu, dass der verwöhnte Prinz aus Disney’s »Die Schöne und das Biest« von einer Zauberin verflucht wird und fortan in der Gestalt eines Biests weiterleben muss – eines ziemlich behaarten Biests mit Pranken und Tatzen. Nichts erinnert in dieser Gestalt mehr an den vormalig attraktiven Edelmann, vielmehr ähnelt die Erscheinung des Prinzen Bildern, die man allgemein von Werwölfen im Kopf hat.
Das Biest ist grantig und miesepetrig, hat keine Manieren und ist nun wahrlich kein Galan gegenüber der Frauenwelt. So überrascht es nicht, dass Belle zu Beginn so gar nicht von ihm angetan ist. Aber da ist eben noch etwas Anderes, nämlich diese Melancholie und die Aura der Verletzlichkeit, die das Biest umgibt und die letzten Endes dafür sorgt, dass Belle genauer hinschaut. Das tut auch der Zuschauer und erkennt wie Belle: Im Grunde seines Herzens ist das Biest liebenswert, und seine Lektion gelernt hat es auch. Da ist die gemeinsame Freude über das Happy End und den zurückverwandelten Prinzen doch gleich umso schöner. And they lived happily ever after...
Die grüne Hexe Elphaba: Mehr als nur Schein
Spätestens ab der Frage »Ist man von Natur aus Böse oder bekommt man die Bösigkeit eingeflößt?« weiß man, dass es in »Wicked« tiefgründig zugehen wird und nichts so ist, wie es oberflächlich zunächst scheint. Elphabas Geschichte ist zutiefst tragisch, denn sie unterscheidet sich in einem wesentlichen Merkmal von den anderen Hexen: Sie ist grün und
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