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Kleiner Musicalratgeber für Anfänger und Fortge

Kleiner Musicalratgeber für Anfänger und Fortge

Titel: Kleiner Musicalratgeber für Anfänger und Fortge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Milpauer
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einen großen Teil zum Kultstatus des Musicals beitragen.
    »Tanz der Vampire« ist aber auch Kult, weil kein anderes Musical eine solch große Schar wirklich treuer Anhänger für sich beanspruchen kann. Wer hierfür Beweise braucht, möge sich doch einfach mal die schwindelerregende Höhe der »Gefällt mir«-Klicks bei facebook anschauen. Die Fans würden fast alles für ihr Musical tun, so auch lange, stressige Anreisen sowie Schlafentzug in Kauf nehmen und ein Vermögen für Karten hinblättern. Denn auch das ist eine Sache, die die »Tanz der Vampire«-Fans besonders macht: Sie schauen sich das Stück immer und immer wieder an, um gleich danach noch mal in die Show zu gehen. Showbesuche im hohen zweistelligenund auch im dreistelligen Bereich sind bei TdV, so die Abkürzung, absolut keine Ausnahme, sondern eher die Regel. Verrückt, aber wahr!
    Die tanzenden Vampire scheinen besonders viel Identifikationspotential zu bieten und Fantasien zu wecken. Keine Fanschar ist zudem so divers, nicht nur von der Altersstruktur her betrachtet: Klar ist, dass ein düsteres Grundthema auch seltsame Typen anlockt sowie Sehnsüchte heraufbeschwört: So las man vor ein paar Jahren von einer Frau mittleren Alters, die nicht nur ihr komplettes Wohnzimmer im Vampir-Design verschönerte, sondern auch ihr Schlafzimmer in eine Gruft verwandeln ließ – inklusive Sarg, versteht sich. Gemäß dem Motto: »Betten werden stark überbewertet.« Aber auch Mystiker haben ihren Spaß bei »Tanz der Vampire«; die melancholisch veranlagten Fans haben mehr als einmal die Gelegenheit, tief aufzuseufzen und die hoffnungslosen Romantiker unter den Fans kommen natürlich auch voll und ganz auf ihre Kosten. Ganz wie bei der »Rocky Horror Show« sieht man bei so gut wie jeder Show Fans, die sich als ihr Lieblingscharakter verkleidet haben – teilweise sehr aufwändig (sowohl zeitlich als auch finanziell) und mit viel Liebe zum Detail. Und wenn schon keine Kostümierung erfolgt, so hat doch ein erstaunlicher hoher Anteil der Besucher den ungeschriebenen Dresscode rot/schwarz beherzigt.
Die Grafendiskussion: Mein Graf ist besser als wie deiner
    Alle Fans eint die für Außenstehende schwer nachvollziehbare, totale Faszination für »Tanz der Vampire«. Aber es gibt ein Thema, das spaltet die wenigstens in dieser Hinsicht homogene Fangruppe in unerbittliche, heterogene Lager. Gemeint ist die Grafendiskussion. Ja, das Wort gibt es tatsächlich und es ist fest im Wortschatz eines TdV-Hardcorefans verankert. Die Grafendiskussion gibt es schon fast so lange, wie es das Musical gibt. Ich sage fast, weil es sie anfänglich noch nicht gegeben hat, jedenfalls nicht in der heutigen Form. Es waren sich nämlich alle einig: Steve Barton, die Urbesetzung des Grafen – also derjenige, der die Rolle des von Krolock maßgeblich prägte – das ist der einzig Wahre! Nur er kann die Tiefe dieses Charakters verstehen, ihn glaubhaft mit Leben füllen. Steve rules! Sein tragischer, früher Tod 2001 stellte die ihm folgenden Grafen vor das Problem, dass sie alle an ihm gemessen und mit ihm verglichen wurden.
    Der deutsche Urgraf Kevin Tarte (Premierenbesetzung Stuttgart 2000) hatte wohl wie kein Anderer damit zu kämpfen, und doch schaffte er es, aus dem Schatten seines berühmten Vorgängers hervorzutreten und seine eigene, schlüssige Interpretation des komplexen Charakters zu schaffen. Roman Polanski bezeichnete ihn sogar als seinen »idealen Graf von Krolock« – ein größeres Kompliment kann es in diesem Zusammenhang gar nicht geben. Nach Barton und Tarte gab es eine ganze Reihe hochkarätiger und talentierter Darsteller, die alle auf ihre Weise den Krolock spielten undsangen. Jeder von ihnen hatte dabei eine Fanschar, die diesen Darsteller als den »einzig Wahren« oder »den Besten« feierte, dabei aber gleichzeitig dazu neigte, andere Grafendarsteller abzuqualifizieren.
    Nun kann man argumentieren, dass es für einen Darsteller immer schwierig ist, in die Fußstapfen desjenigen zu treten, der eine Rolle kreiert hat und dass ein Musicalfan immer eigene Vorstellungen davon haben wird, wie eine Rolle idealerweise zu spielen sei. Betrachtet man sich die immer wieder auftauchenden Cast-Diskussionen zum Thema »Elisabeth«, so ist auch hier festzustellen, dass Uwe Kröger, der die Urbesetzung des »Tod« in der Wiener Weltpremiere war, auch heute noch, zwanzig Jahre später, von vielen als Idealbesetzung für die Rolle gesehen wird und alle anderen Darsteller an ihm

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