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Kleiner Musicalratgeber für Anfänger und Fortge

Kleiner Musicalratgeber für Anfänger und Fortge

Titel: Kleiner Musicalratgeber für Anfänger und Fortge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Milpauer
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damit von Geburt an zum Außenseitertum gebrandmarkt. Dass ihr eigener Vater sie ignoriert so gut er kann und die eigene Schwester sie wie eine Dienstmagd behandelt, macht die Sache nicht unbedingt leichter. Trotz aller Steine, die man ihr in den Weg legt, geht Elphaba unbeirrt ihren Weg und steht selbst dann noch für ihre Überzeugungen ein, als sie vor aller Welt für »böse« erklärt wird.
    Diese Standhaftigkeit und moralische Integrität in einer Welt, die alles andere als moralisch und fair ist, machen sie zu etwas Besonderem. Das sieht schließlich auch Fiyero, ursprünglich eigentlich der Freund der »guten Hexe« Glinda, und erkennt, dass man oft hinter die Fassade schauen muss, um wahre Schönheit zu erkennen. Und als die beiden Liebenden schließlich doch noch ihr Happy End bekommen, fühlt man sich als Zuschauer zutiefst befriedigt darüber, dass zum Schluss das vermeintlich »Böse« gewonnen hat. Und die Moral von der Geschicht’?! ›Gut‹ und ›Böse‹ gibt es nicht!
Graf von Krolock: Nur sein Gift macht dich gesund
    Er betritt den Raum und dieser ist sofort von seiner dunklen, mächtigen Aura erfüllt. Zwar trägt er einen Umhang und seine messerscharfen Fingernägel gleichen Raubtierkrallen, doch er käme zweifelsohne auch ohne solches Brimborium aus. Er ist ein Charakter, mit dem man von Anfang an Mitleid hat, ganz egal wie bedrohlich und bitterböse er auch wirken mag. Doch die Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit seiner untoten Existenz lassen eben nicht kalt, weshalb in uns Frauen etwas erwacht, was man wohl als »Helfersyndrom« bezeichnen mag: Insgeheim stellt sich wohl jedes weibliche Wesen im Zuschauerraum (und wahrscheinlich auch der ein oder andere Mann!) vor, wie er von Krolock aus dessen Melancholie erlösen könnte. Und dabei denken wohl alle weniger an die »Pflock durchs Herz«-Methode, die Professor Abronsius seinem Assistenten Alfred anpreist wie Sauerbier.
    Dass von Krolock neben Macht, Dunkelheit und Geheimnis auch noch eine gewaltige Prise düstere Erotik ausstrahlt, wird nirgendwo so deutlich wie bei der »Einladung zum Ball« oder auch bei der Biss-Szene im Tanzsaal, wenn mehr als nur ein paar Zuschauer verstohlen an ihrem eigenen Krägen nesteln und unbewusst den Hals freilegen: »Beiß mich«, würden sie wohl rufen, wenn sie könnten. So aber seufzen alle nur verlangend auf, wenn sich der Vampirgraf schließlich an Sarahs Hals gütlich tut. Wohl bekomm’s. Und immer dran denken: Die Ewigkeit beginnt heut’ Nacht.
Kaiserin Elisabeth: Abhängigkeit vs. Selbstbestimmung
    Das Dilemma, in starren Konventionen gefangen zu sein, zugleich aber eine starke, unabhängige und nach Freiheit verlangende Persönlichkeit sein Eigen zu nennen, kennt wohl jeder von uns bis zu einem gewissen Grad. Elisabeth aber war Expertin, was dieses Dilemma anging. Der vermeintliche Traum jedes Mädchens, Prinzessin zu sein, in einem Schloss zu leben, schöne Kleider zu tragen und einen netten Mann an ihrer Seite zu haben – sie lebt ihn, und es ist ihr zutiefst zuwider. Der Traum der Mehrheit wird zu ihrem persönlichen Albtraum, aus dem sie auf unkonventionelle Weise flüchten will. Die Flucht aus dem Alltag ist das in »Elisabeth« vorherrschende Grundthema, welches sie und ihre Lieben letztendlich ins Verderben führt.
    An Elisabeth fasziniert uns diese Mischung aus Stärke und Schwäche, ihr Mut, auszubrechen und in einer selbstbestimmten Welt leben zu wollen. Im gewissen Sinne war sie eine Revolutionärin ihrer Zeit und das Musical sorgt dafür, dass mehr von ihr bleibt als »Kitsch«.
Das Phantom: Kaltblütiger Killer oder mitleidswerte Kreatur?
    Er ermordet ohne mit der Wimper zu zucken diejenigen, die ihn verspotten oder seinen Wünschen zuwider handeln. Und doch zeugen seine Musik und seine Stimme von einer seelischen Schönheit, die die Maske in seinem Gesicht Lügen straft. Genau diesen Widerspruch empfinden neben Christine auch die Zuschauer sehr deutlich. Man leidet mit jenem Mann, der in Gaston Leroux’ Roman und später auch in Susan Kays »Phantom« den Namen Erik trägt, weil man schon ahnt, dass der »Operngeist« nicht aus Spaß an der Freude handelt wie er handelt.
    Wenn das Phantom nach der erneuten Entführung in »Das unterirdische Labyrinth« singt: »Verflucht, versteckt, der eignen Mutter Klage. Schon sie gab mir die Maske, die ich trage«, dann wird erstmals ganz transparent gemacht, was vorherige Szenen (wie etwa Raouls Frage nach Mme Girys Wissen bezüglich des

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